KOMMENTAR zu Katheterunterstützte Herzklappenintervention vs. chirurgischer Klappenersatz

Verfügbare Aortenklappen-Systeme: Außerhalb von Studien stehen derzeit Klappen von Medtronic und Edwards zur Verfügung. Das Medtronic CoreValve®-System besteht aus einem selbstexpandierenden Nitinolstent in Kombination mit einer Schweineperikardklappe, welches transfemoral oder transaxillar zur Verfügung steht. Das Edwards SAPIEN-XT®-System wird transfemoral als auch transapikal eingesetzt und besitzt einen ballonexpandierenden Cobalt-Chrom Stent in Kombination mit einer Rinderperikardklappe. Der eigentlichen Klappenimplantation vorausgehend wird eine Ballonvalvuloplastie durchgeführt. Um eine stabile Ballonplatzierung zu erzielen, wird das Schlagvolumen durch schnelles Pacing mit einer Frequenz von 180–220 Schlägen pro Minute stark herabgesetzt. Auch während der Implantation einer ballonexpandierbaren Klappe ist schnelles Pacing notwendig. Bei der Implantation eines selbst expandierenden Systems ist dies nicht nötig. 



Transapikaler und transfemoraler Zugang: Primär wird in Studien (z. B.: PARTNER-Studie) wie auch in der klinischen Routine der transfemoraler Zugang angestrebt. Ist der Zugang über das Becken nicht möglich werden alternative Zugangswege wie der transapikale, der transaortale oder der transaxilläre Zugang gewählt. Während die transfemorale Klappenimplantation entweder in Sedoanalgesie am spontan atmenden Patienten oder in Narkose mit kontrollierter Beatmung durchgeführt wird, erfolgt der transapikale Eingriff stets in Intubationsnarkose mit kontrollierter Beatmung. Der Zugang erfolgt hierbei über eine Minithorakotomie von 6–8 cm genau über der Herzspitze.

TAVI-Patienten in GARY: Transvaskuläre und transapikale Verfahren zusammengefasst ergeben, dass in diesen Zentren mittlerweile bereits knapp ein Drittel der Patienten, die einem Klappenersatz zugeführt werden, mit einer TAVI behandelt wird.An den Basischarakteristika zeigt sich das, was anzunehmen ist: TAVI-Patienten waren älter und kränker – eine höhergradig reduzierte linksventrikuläre Auswurffraktion und eine pulmonale Hypertonie fand sich besonders häufig bei den Patienten, die eine transvaskuläre TAVI erhielten. Interessant ist auch, dass bei den transvaskulären Eingriffen die Medtronic-Klappe mit etwa 60 % überwiegt, knapp 40 % entfallen auf die Edwards-Klappe. Der doch hohe Anteil an CoreValve-praktizierenden Zentren ist nicht zuletzt historisch gewachsen, weil der 18-French-Implantationskatheter früher zur Verfügung stand und CoreValve auch in Zentren implantiert werden kann, an denen keine Herzchirurgie verfügbar ist.

Spitalsmortalität: In GARY zeigt sich eine weitgehend ähnliche Mortalitätsrate wie beispielsweise im SOURCE-XT-Register, in dem ausschließlich die neue 18-French-Edwards-Klappe in Verwendung war. Der Vergleich ist aber insofern schwierig, als in GARY nur die Spitalsmortalität angegeben wurde und in SOURCE-XT die 30-Tage-Mortalität.

Risikoadjustierte Spitalsmortalität, ältere und jüngere Patienten: Man kann vorausschicken, dass bei über 75-jährigen Patienten ein Konsens besteht, dass TAVI insbesondere bei hohem Operationsrisiko ein Thema ist. Mit der PARTNER-Studie (Kohorte A) ist randomisiert belegt, dass bei älteren Patienten mit entsprechenden hohen Risikofaktoren das interventionelle Ergebnis mit dem chirurgischen vergleichbar ist. Interessant in GARY ist, dass die risikoadjustierte Spitalsmortalität bei < 75-jährigen Patienten mit der transfemoralen Methode ebenfalls mit dem chirurgischen Verfahren vergleichbar ist – und nicht z. B. höher liegt. Das sind neue Ergebnisse, weil Daten bei jüngeren Kollektiven bislang nicht publiziert sind. Es handelt sich also um erste Hinweise, dass die interventionelle Technik auch bei jüngeren Patienten – deren Risikofaktoren mit chirurgischen Patienten vergleichbar sind – so sicher sein kann wie eine Operation und in weiterer Folge ein Thema sein wird. In dieser Untersuchung sind sicher vorwiegend Patienten mit operativen Kontraindikationen, z. B. aufgrund einer Porzellanaorta. Es wird aber im nächsten Schritt, etwa in der laufenden PARTNER-2-Studie interessant sein herauszufinden, ob Patienten mit mittlerem Operationsrisiko von einer TAVI gleichermaßen profitieren wie von einem chirurgischen Eingriff.


Verbleibende Aorteninsuffizienz: Eine Aorteninsuffizienz ≥ Grad 2 ist nur bei wenigen Patienten verblieben. An sich ein gutes Signal, es wird allerdings derzeit darüber diskutiert, wie weit nicht eine Aorteninsuffizienz Grad 1 auch noch ein prognostischer Parameter ist, den es zu verhindern gilt. Auch diese Daten lassen sich nur schwer mit dem SOURCE-XT-Register vergleichen, weil dort eine andere Klassifizierung verwendet wurde, die Grad 1 noch einmal gliedert: unterhalb von Grad 1 wird die „Spur“ einer Aorteninsuffizienz genannt.

Zerebrovaskuläre Ereignisse: Gegenüber SOURCE-XT zeigt sich eine etwas höhere Ereignisrate mit 3,7 % und 3,5 % für die transfemorale und transapikale Methode. Möglicherweise aufgrund einer Vermengung der unterschiedlichen Systeme oder aufgrund des Patientenkollektivs an sich, was aber spekulativ ist.


Vaskuläre Komplikationen fanden sich im GARY-­Register mit 11,9 % häufiger als beispielsweise mit 7,3 % im Source XT-Register, allerdings wurde im Source XT-Register nur ein Klappenmodell (Edwards Sapien XT) verwendet und es wurden auch nur schwere vaskuläre Komplikationen angeführt. Für einen fairen Vergleich wären System- und Komplikationsdifferenzierende Daten aus dem GARY-Register erforderlich.


Implantation von Schrittmachern: Man muss festhalten, dass eine Rate von 23,7 % neu implantierter Schrittmacher nach transfemoralem Klappenersatz sehr hoch ist. Verglichen insbesondere aus Sicht von Zentren, die Edwards-Klappen verwenden, die kleiner sind und nicht auf das Septum drücken und dadurch in der Regel keine Überleitungsstörung hervorrufen. Mit diesen Klappen waren etwa im SOURCE-XT-Register nur 8 % Schrittmacherimplantationen erforderlich, was doch ein deutlicher Unterschied ist. Allerdings ist der Aspekt als Nachteil von CoreValve-Klappen bekannt, wobei sich die mit 60 % hohe Anwendungsrate hier niederschlägt.

Euroscore: Das Mortalitätsrisiko ist bei Hochrisikopatienten mit TAVI zwar höher als ein chirurgischer Klappenersatz für Patientengut mit geringerem Risiko, aber noch lange nicht so hoch wie ein Euroscore das vermuten lassen würde. Der Euroscore überschätzt insbesondere bei den transvaskulären TAVI das Mortalitätsrisiko dramatisch – nicht zuletzt weil er primär für Bypassoperationen und/oder Klappenoperationen entwickelt wurde –, sodass ein neuer Score entwickelt wurde, der das Outcome besser widerspiegelt. Mit der Etablierung von Heart-Teams, in denen Chirurgen und Kardiologen gemeinsam individuell darüber entscheiden, ob ein Patient für eine TAVI geeignet ist, sind diese Scores zuletzt etwas in den Hintergrund getreten.

ZUSAMMENFASSEND vermittelt das Register, dass insbesondere in Deutschland die katheterunterstützte Klappenimplantation (TAVI) bei fast einem Drittel der Patienten, die einem Klappenersatz zugeführt werden, zur Anwendung kommt, womit Deutschland sicher eine Vorreiter­rolle hat. Offensichtlich erhalten auch nicht wenige Patienten im Alter < 75 Jahren eine TAVI. Es wurden damit erste Hinweise generiert, dass ein interventionelles Verfahren bei jüngeren Patienten mit der Operation mithalten kann – zur besseren Einschätzung müssen erst noch Daten der PARTNER-II-Studie abgewartet werden. Für eine Reihe von sekundären Endpunkten wie zerebrovaskuläre Ereignisse, Aorteninsuffizienz oder Schrittmacherimplantation sollten klappenspezifische Auswertungen vorgenommen werden, da in diesem Register doch zwei völlig unterschiedliche Systeme zusammengefasst sind. Blutungsdaten fehlen völlig. Die Absolutzahlen zu vaskulären Komplikationen sind höher als etwa im SOURCE-XT-Register, in dem ein einheitlicher
Klappentyp mit 18-French-Schleusen verwendet wird. Mittlerweile gibt es auch 16-French-Schleusen, die sich ausweiten, wenn die Klappe durchgleitet, und sich dann wieder zusammenziehen. Damit können z. B. Gefäßokklusionen noch besser vermieden werden. Für die Zukunft der TAVI bedeutet das, dass die Methode auch bei Patienten mit kleineren Beckengefäßen angewandt werden kann und dass vaskuläre Komplikationen weiter in den Hintergrund treten werden.