Echinokokkosen – Leber mit Parasiten

Alveoläre Echinokokkose – die Fuchsbandwurm-Krankheit

Die alveoläre Echinokokkose ist zwar eine seltene, aber gefährliche Wurm-Krankheit, die sich klinisch als chronische Lebererkrankung manifestiert und die differenzialdiagnostisch von der hypertrophen Leberzirrhose und anderen malignen Erkrankungen der Leber und
des Gallengangsystems (z. B. Cholangiokarzinom) unterschieden werden muss. Die Infektion wird durch orale Aufnahme von E. multilocularis-Eiern aus der Fuchslosung über kontaminierte Hände nach direktem oder indirektem Kontakt mit Fuchsfäzes (kontaminierter Erdboden) erworben. Im Dünndarm des Menschen schlüpft aus dem Ei eine Larve, die in die Mukosa eindringt und hämatogen in die Leber gelangt. Dort setzt sie
sich fest und bildet wurzelartige Fortsätze, die das Leberparenchym langsam durchwuchern. In seltenen Fällen werden auch benachbarte Organe (Diaphragma, Lunge) per continuitatem infiltriert. Die Inkubationszeit kann bis 15 oder sogar 20 Jahre betragen.
Die häufigsten Krankheitssymptome sind Schmerzen im Oberbauch, gelegentlich Ikterus,
Hepatomegalie.

 

Das diagnostische Procedere besteht aus der Krankheitsanamnese einerseits und der
Abklärung mittels bildgebender Verfahren (WHO-Stadieneinteilung) und vor allem parasitologisch-serologischer Untersuchungen andererseits; letztere weisen eine Sensitivität von fast 100 % auf.
Das therapeutische Vorgehen richtet sich nach genauer Lokalisation und Dimension der Leberläsionen. Grundsätzlich ist die radikale chirurgische Entfernung der parasiteninfiltrierten Leberteile unter Albendazol- Schutz anzustreben. In Fällen der Inoperabilität kann alternativ eine antihelminthische Behandlung mit Albendazol (10–15 mg/kg KG/die) über viele Monate, manchmal sogar Jahre durchgeführt werden, die in den
meisten Fällen zur (deutlichen) Besserung des klinischen Zustandes oder zumindest zu
einer Wachstumsinhibierung des Parasiten führt.

An prophylaktischen Möglichkeiten stehen zum einen eine sinnvolle Händehygiene nach Kontakten mit dem Erdboden oder Tragen von Handschuhen bei Arbeiten im Freien zur Verfügung, zum anderen haben sich prophylaktische parasitologisch-serologische Screening- Untersuchungen (Nachweis spezifischer Antikörper im Serum) von besonders exponierten Berufsgruppen (z. B. Landwirte, Waldarbeiter, Jäger) als sehr effizient erwiesen. Damit konnten (und können) die Fuchsbandwurm-Infektionen bereits in einem
sehr frühen Stadium diagnostiziert (und behandelt) werden, noch lange bevor die Krankheit ausbricht. Diese serologischen Screening- Untersuchungen sollten allerdings regelmäßig in z. B. 3-jährigen Intervallen durchgeführt werden.

Zystische Echinokokkose – die Hundebandwurm-Krankheit

Im Gegensatz zur alveolären Echinokokkose gilt die Hundebandwurm-Krankheit eher als benigne Erkrankung, weil die Hundebandwurm-Finne nicht infiltrativ-destruierend wie
die Fuchsbandwurm-Finne, sondern zystischraumfordernd wächst, die in der Regel chi- rurgisch radikal entfernt werden kann. Die Infektion erfolgt wie beim Fuchsbandwurm durch orale Aufnahme von Bandwurmeiern aus dem Hundekot über kontaminierte Hände
nach direktem oder indirektem Kontakt mit Hundefäzes. Das am meisten befallene Organ stellt auch beim Hundebandwurm die Leber dar (60 bis 70 %), aber auch in der Lunge (20 bis 30 %) und anderen inneren Organen können sich Hundebandwurm-Finnen lokalisieren; meist ist nur eine Finne in einem Organ vorhanden, es können aber auch mehrere Organe mehrere Zysten beherbergen.
Entsprechend der Lokalisation und Größe der Finnen kommt es bei einer Leberechinokokkose meist zu Schmerzen im Oberbauch, bei Lungenbefall zu Atemnot und allenfalls Hämoptysen. Die Inkubationszeit kann sehr unterschiedlich sein und
variiert zwischen einigen Monaten und einigen (wenigen) Jahren.

Das diagnostische Procedere
umfasst einerseits klinische Symptomatik, geografische
und Krankheitsanamnese und bildgebende und labordiagnostische Untersuchungen andererseits. Insbesondere bei Menschen aus der Mittelmeer-Region oder anderen bekannten Endemiegebieten ist bei Vorliegen zystischer Veränderungen in inneren
Organen (mittels bildgebender Verfahren) differenzialdiagnostisch an die zystische Echinokokkose zu denken. Heute stehen sensitive und spezifische parasitologischserologische Tests zur Verfügung, mit denen man die klinisch- radiologisch erhobene Verdachtsdiagnose bestätig oder verwerfen kann. Falsch-negative serologische Ergebnisse sind vor allem bei ausgebrannten Zysten oder Zysten, die von einer dicken Bindegewebsschicht umschlossen sind, mitunter möglich.

Das therapeutische Procedere zielt in aller erster Linie auf die komplette chirurgische
Entfernung des Parasiten ab, da damit auch eine Reconstitutio ad integrum möglich ist. Eine perioperative Therapie mit Albendazol ist in jedem Fall anzuraten. In jenen Fällen, in denen eine chirurgische Sanierung nicht möglich ist, stehen die PAIR-Technik und eine ausschließliche antihelminthische Behandlung mit Albendazol als Alternative zur Auswahl. Die PAIR-Technik, die nur unter ganz bestimmten Kautelen einsetzbar ist (siehe Richtlinien der WHO), umfasst die ultraschallgezielte Zystenpunktion (P), die Aspiration des Zysteninhalts (A), die Instillation der Zyste mit Alkohol oder hypertoner NaCl-Lösung (I) und die abschließende Reaspiration der instillierten Lösung (R). Wider Erwarten hat sich diese Methode als sehr effektiv und wenig rezidivanfällig erwiesen.

Prophylaxe: Als einzig wirklich sinnvolle prophylaktische Maßnahmen zur Verhinderung einer E. granulosus-Infektion hat sich eine umfassende Fingerhygiene nach Boden- oder Hundekontakt (v. a. in Endemiegebieten) herausgestellt); damit lässt sich das Infektionsrisiko deutlich minimieren.

Die alveoläre und die zystische Echinokokkose in Österreich: Beide Echinokokkose-Formen kommen in Österreich autochthon vor, darüber hinaus werden aber auch immer wieder Fälle alveolärer und auch zystischer Echinokokkose nach Österreich „importiert“. Während der letzten 30 Jahre wurden in Österreich durchschnittlich 2 bis 3 Krankheitsfälle alveolärer Echinokokkose pro Jahr registriert, im letzten Jahr 2011 waren es allerdings insgesamt 13 Fälle. Die durchschnittliche Inzidenz der zystischen Echinokokkose betrug während der letzten Jahrzehnte durchschnittlich zwischen 30 und 50 Fälle; es ist allerdings anzumerken, dass weder in der Vergangenheit noch in der Gegenwart alle in Österreich diagnostizierten und behandelten Echinokokkose-Fälle an unsere Abteilung gemeldet wurden. Die jährliche Inzidenz der zystischen Echinokokkose dürfte damit in Wirklichkeit deutlich höher sein und vermutlich 50 bis 100 Fälle pro Jahr umfassen.