Die Lebertransplantation (LT) stellt das ideale Therapiekonzept sowohl für das HCC als auch für die Leberzirrhose dar. Die ersten Ergebnisse waren jedoch auf Grund hoher Rezidivraten nach LT ernüchternd. Retrospektive Subgruppenanalysen ergaben, dass bei Patienten mit frühem Tumorstadium ein ausgezeichneter Langzeitverlauf erzielt werden kann. Das Patientenüberleben unterschied sich nicht von Patienten mit benignen Indikationen. Eine 1996 von Mazzaferro und Mitarbeiter publizierte Studie konnte erstmals prospektiv klar belegen, dass Patienten mit einem Herd von < 5 cm und 3 Herden < 3 cm mit einer nahezu 80%igen Wahrscheinlichkeit von ihrer malignen Erkrankung geheilt werden können. Zahlreiche Transplantationszentren bestätigten die ausgezeichneten Langzeitergebnisse für Patienten innerhalb der so genannten „Mailand- Kriterien“, sodass diese als Goldstandard für die LT bei maligner Transformation akzeptiert sind.
Mailand-, San-Francisco- und „Up to seven“- Kriterien: In den letzten Jahren mehrte sich die Kritik, dass die Mailand-Kriterien zu strikt sind. Studien belegten, dass bei etwa 20 % der Patienten außerhalb der Mailand-Kriterien idente Langzeitergebnisse erzielt werden können. Diesen Patienten würde bei strikter Einhaltung der Selektionskriterien die Chance auf die heilende LT verwehrt bleiben. Eine Erweiterung der Kriterien auf der Basis verbesserter Bildgebungen stellen die San-Francisco- Kriterien dar. Die 5-Jahres-Überlebensrate lag bei Patienten mit einem Herd < 6,5 cm oder 3 Herden mit maximalem Durchmesser von < 8 cm bei über 75 %. Zahlreiche Publikationen mit erweiterten Kriterien wurden in den letzten Jahren von Zentren aus Europa, den USA sowie aus dem asiatischen Raum veröffentlicht. neben den morphologischen Kriterien, wie Größe, Anzahl der HCC-Herde und gesamtes Tumorvolumen, wurden auch histologische Parameter, wie der Differenzierungsgrad des HCC, sowie die Höhe der Tumormarker Alpha- Fetoprotein und PIVKA-II als prädiktive Faktoren diskutiert. Die Aussagekraft dieser Studien ist jedoch durch geringe Fallzahlen, durch ein retrospektives Studiendesign sowie das Fehlen einer Validierungskohorte limitiert. Anhand einer multizentrischen retrospektiven Explorationsanalyse, die über 1.500 Patienten inkludierte, wurden vor 3 Jahren die „Up to seven“-Kriterien vorgestellt. Patienten, die diese Kriterien, definiert als Summe der Anzahl der HC-Herde mit dem Durchmesser der größten Läsion in Zentimetern von ≤ 7, erfüllten, hatten ein ausgezeichnetes postoperatives Überleben. Diese Daten konnten von einer unabhängigen Kontrollgruppe aus Asien/Ozeanien bestätigt werden.
Die Mailand-, San-Francisco- und „Up to seven“-Kriterien sind jedoch nur indirekte Ersatzkriterien für ein günstiges biologisches Verhalten der Malignome. Kleine Tumoren mit ungünstiger Tumorbiologie können frühzeitig nach LT rezidivieren, während fortgeschrittene Karzinome ein günstiges biologisches Verhalten zeigen. Leider stehen uns prädiktive Biomarker oder Surrogatparameter hinsichtlich Tumorbiologie derzeit in der klinischen Praxis (noch) nicht zur Verfügung.
Überbrückende Therapiemaßnahmen: Der aktuelle Mangel an Organen führt zu einer Verlängerung der Wartezeit mit dem Risiko der Tumorprogression. Vor allem bei Wartezeiten von über 6 Monaten und einem hinsichtlich Transplantation grenzwertigen Tumorstadium zum Zeitpunkt der Listung wird der Einsatz von neoadjuvanten Therapien empfohlen. Lokoablative Therapieverfahren, wie die transarterielle Chemoembolisation (TACE) und Radiofrequenzablation (RFA) werden dabei als überbrückende Therapiemaßnahmen herangezogen. In unserer prospektiven Studie konnten wir erstmals 2003 zeigen, dass es unter TACE bei keinem Patienten zu einer Tumorprogression gekommen ist und folglich bei über 90 % der Patienten eine Heilung erzielt werden konnte. Weitere Arbeitsgruppen bestätigen unsere Ergebnisse.
Kontroversiell wird der Einsatz der lokoablativen Therapien zur Reduktion der Tumorlast („Downsizing“) und folglich Verbesserung des Tumorstadiums von einem Stadium außerhalb in ein Stadium innerhalb der LT-Kriterien („Downstaging“) diskutiert. Kleine Fallzahlen, heterogene Definitionen hinsichtlich Einschlusskriterien und Therapieerfolg erschweren den Vergleich und die Interpretationen der Studien.
Der Immunosuppression kommt im Posttransplantationsverlauf gerade bei HCCPatienten eine wichtige Rolle zu. Die Senkung der Immunität führt einerseits zu einer Verhinderung einer Abstoßung der neuen Leber, andererseits zu einer Erhöhung des Rezidivrisikos. Bedingt durch ihre zusätzliche antitumorale Eigenschaft gelten die mTOR-Inhibitoren (Sirolimus, Everolimus) als ideale Substanzen bei Patienten mit maligner Grunderkrankung. Retrospektive Studien zeigten ein reduziertes HCCRezidivrisiko, allerdings kann eine generelle Empfehlung für mTOR-Inhibitoren erst nach Vorliegen der Endergebnisse der multizentrischen, prospektiven SiLVER-Studie abgegeben werden.
Alternativ zur Lebertransplantation können die ebenfalls potenziell kurativen Therapieverfahren Leberteilresektion und RFA Patienten im frühen Tumorstadium angeboten werden. Beide Therapien werden in separaten Artikeln diskutiert. Ich möchte daher im Folgenden nur auf den Vergleich dieser Therapieoptionen mit der Lebertransplantation eingehen. Ergebnisse liegen diesbezüglich nur zwischen Resektion und LT vor. Die 5-Jahres-Überlebensraten nach Resektion sind mit etwa 70 % denen der LT ident, jedoch wird für diesen Zeitraum ein Rezidivrisiko von > 70 % (im Vergleich zu < 15 % nach LT) und folglich ein signifikant schlechteres tumorfreies Überleben in der Literatur angegeben. Einige Studien haben die Möglichkeit der Resektion als Bridging-Therapie oder als Ersttherapie mit der Möglichkeit der LT bei Auftreten eines Rezidivs (Salvage-Therapie) beleuchtet. Die Resultate diesbezüglich sind widersprüchlich, sodass dieses Therapievorgehen derzeit nicht empfohlen werden kann.
Überwachung: Viele der HCC-Patienten präsentieren sich bereits im fortgeschrittenen Tumorstadium, so dass sie sich nicht für eine potenziell kurative Therapieoption qualifizieren. Es ist daher von größter Bedeutung, dass Patienten mit Leberzirrhose regelmäßig in 6-monatigen Abständen mittels Ultraschall kombiniert mit Computertomografie oder Magnetresonanztomografie überwacht werden, um die schicksalhafte maligne Transformation in einem frühen Tumorstadium mit folglich kurativen Therapiemöglichkeiten zu entdecken.
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