Lösungsansätze für die (Schmerz-)Therapie in der Intensivmedizin

Zu den störenden Faktoren, mit denen Intensivpatienten konfrontiert sind, zählen tracheales Absaugen, Respiratortherapie, Setzen von intravenösem Katheter und andere invasive Interventionen. Als störend empfinden die Patienten die Bewegungsunfähigkeit, Atemnot und Schlafstörungen. Oft ist der Tag-Nacht-Rhythmus nicht mehr gegeben. Dazu kommen der Verlust des Zeitgefühls, die Unfähigkeit, mit der Umgebung zu kommunizieren, und das grelle Licht in den Intensivzimmern. Diese Faktoren können schwerwiegende Folgen nach einem Intensivaufenthalt nach sich ziehen. Bei 30 bis 35 % kommt es nach 2 Monaten zu einer Depression, in 14 % tritt eine posttraumatische Belastungsstörung auf. Ebenso sind chronische Schmerzen, eine Schwerkrankenpolyneuropathie, Halluzinationen und Albträume mögliche Folgeerscheinungen.

Sedoanalgesie

Die Ziele der Analgosedierung oder Sedoanalgesie sind die optimale Analgesie, die optimale Anxiolyse, weitgehende Amnesie, weitgehende Erhaltung der Kooperativität und Ansprechbarkeit, kooperative Beatmung, antitussiver Effekt, Einhaltung des Tagschlafrhythmus, d. h. ausreichender Schlaf, rasche Erholung und jederzeit mögliche Beurteilung des Neurostatus. Die drei Regeln der Analgesie auf der Intensivstation sind die drei C: Calm, Comfort, Cooperation. Eine Sedoanalgesie kann Hypnose- oder Analgesie- basiert durchgeführt werden. Eine Hypnose- basierte Sedoanalgesie ist verbunden mit der Gefahr der Überdosierung, erschwertem Weaning, einer schwierigen neurologischen Beurteilbarkeit, einer beeinträchtigten Schmerzbeurteilung wie einer verminderten Patientenkooperation und Orientierung. Anders die Analgesie-basierte Sedoanalgesie: Diese bietet den Vorteil eines Vorteil raschen Weanings, einer guten neurologischen Beurteilbarkeit, eines individuellen Schmerzmanagements sowie einer verbesserten Patientenkooperation und Orientierung. Für die Sedoanalgesie steht eine Reihe von Medikamenten zur Verfügung (> Tab. 1)

Risikofaktor Delirium

Martin J. et al. verglichen die Sedoanalgesie- Entwicklung von 2002 bis 2006.1 Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass heutzutage vermehrte Scoringsysteme für Schmerz und Sedierungstiefe verwendet werden und dass es einen Trend zur Verwendung von kurz wirksamen Analgetika und Sedativa gibt. Aus der Studie geht auch hervor, dass die Mehrheit der Intensivstationen heute ein standardisiertes Sedoanalgesieprotokoll und Guidelines benutzt. Neben der Analgosedierung sollte heute auch das Delirium beachtet werden. Delirium ist ein unabhängiger Prädiktor für eine höhere 6-Monats-Mortalität und längeren Krankenhausaufenthalt. Die Ergebnisse aus der Studie von Ely E.W. et al.2 sind in > Tab. 2 dargelegt.

PC-gestützte Kommunikationssysteme

Für die Beurteilung problematisch ist die oft erschwerte Kommunikation auf der Intensivstation. Es stehen zwar geeignete Scores zur Verfügung, die aber zu wenig angewendet werden, sowohl was die Schmerzmessung, Sedierungstiefe und Beurteilung des Deliriums betrifft. Hinsichtlich Patientenkommunikation bei intubierten und tracheotomierten Patienten haben wir eine Umfrage beim Pflegepersonal durchgeführt. Dem Pflegepersonal ist es sehr wichtig, neue Wege der Kommunikation zu finden, und computerunterstützte Systeme gelten als Hauptwunsch. Weiters würden sie sich ein simples Buch mit laminierten Karten wünschen, wo die Symbole der wichtigsten Kommunikationsinhalte vorhanden sind. Wir haben ein eigenes computerunterstütztes Patientenkommunikationssystem entwickelt, welches vermehrt eingesetzt wird (> Abb.). Da Intensivpatienten kommunizieren wollen, sollten in Zukunft Systeme entwickelt werden, mit denen es den Patienten leichter fällt, ihre Wünsche und Bedürfnisse mitzuteilen.

Besuchszeit von 0 bis 24 Uhr

Als weiteren Lösungsansatz bieten wir eine Besuchszeit von 0 bis 24 Uhr auf allen Intensivstationen an. Die persönliche ärztliche Auskunftszeit ist eingeschränkt und beträgt 11.00–14.00 h und 18.00–21.00 h. Eine telefonische Auskunft ist grundsätzlich rund um die Uhr möglich. Die Dauer des Besuchs ist natürlich mit dem Behandlungsteam (Arzt, Pflege) abzusprechen. Die Angehörigen und die Patienten empfinden die Möglichkeit des Rund-um-die-Uhr-Besuchs als sehr positiv. Weiters besteht kein Alterslimit für Kinder, über deren Besuch wird zwischen Arzt, Pflege und Angehörigen gemeinsam abgestimmt.

Intensivambulanz für Beratung

Aufgrund der erwähnten Möglichkeit einer Depression, einer posttraumatischen Belastungsstörung und daraus resultierenden Konsequenzen zur Bewältigung ist es unser Ziel, die Patienten durch entsprechende Beratung zu entlasten. Dafür haben wir eine eigene Intensivambulanz eingerichtet, in der sich Patienten nach dem Intensivaufenthalt anmelden können und in der sie von einem speziell geschulten Team (Arzt, Pflege, Psychologe) betreut werden.

1 Jörg Martin et al.; Critical Care 2007; 11:R124

2 Ely E.W., JAMA 2004; 291 (14):1753-62