Die Patientin erlitt bei einem Unfall eine Prellung der linken Hand. Die im Krankenhaus in der Dauer von einer Woche durchgeführten Behandlungen erfolgten lege artis. Es wurden alle notwendigen diagnostischen Maßnahmen ergriffen. Da bei der Nachuntersuchung die Symptome weitgehend abgeklungen und weitere Maßnahmen nicht geboten waren, wurde die Behandlung beendet und die Patien-tin aus der stationären Behandlung entlassen. Ihr wurde von der behandelnden Ärztin mitgeteilt, dass bei Bedarf jederzeit eine Kon-trolle möglich sei und die Schmerzen wegen der erlittenen Prellung noch anhalten würden. Zwischen den Behandlungsmaßnahmen und der bei der Patientin etwa neun Monate später aufgetretenen Nervenstörung der linken Hand sowie der dadurch notwendigen Ope-ration besteht kein kausaler Zusammenhang. Das Auftreten eines Nervenkompressionsschadens war für die behandelnden Ärzte nicht vorhersehbar oder erkennbar.
Der OGH hat ausgeführt, dass ein Arzt im Rahmen des ärztlichen Behandlungsvertrages die Diagnostik, Aufklärung und Beratung nach den Regeln der ärztlichen Kunst schuldet, wofür der aktuell anerkannte Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft maßgeblich ist. Ein Arzt handelt fehlerhaft, wenn er das in Kreisen gewissenhafter und aufmerksamer Ärzte oder Fachärzte vorausge-setzte Verhalten unterlässt.
Nach den für den OGH vom Erstgericht getroffenen bindenden Feststellungen hinsichtlich des Sachverhaltes erfolgte die gesamte Behandlung der Klägerin im Krankenhaus der Beklagten lege artis. Am Tag der Entlassung aus der stationären Behandlung waren keine weiteren Behandlungsmaßnahmen mehr erforderlich. Es stellt daher, anders als dies aus Sicht der Patientin der Fall war, keinen Kunstfehler dar, wenn das Abklingen sämtlicher Beschwerden und die Schmerzfreiheit der Patientin nicht abgewartet wurden. Die behandelnde Ärztin teilte der Patientin auch mit, dass sie jederzeit – insbesondere bei Auftreten von Schmerzen – zu einer Kontrolle in das Krankenhaus kommen könne. Der von der Patientin behauptete pflichtwidrige vorzeitige Behandlungsabbruch lag daher gegenständlich nicht vor.
Der OGH erkennt in dieser Entscheidung – unter Berufung auf die eingeholten Sachverständigengutachten an, dass eine vollkommene Genesung und Schmerzfreiheit nach einer Operation zum Entlassungszeitpunkt noch nicht gegeben sein muss. Wenn die vorliegenden Symptome i.S. einer Lege-artis-Behandlung einer Entlassung aus stationärer Behandlung nicht entgegenstehen, dann liegt kein contra legem artis erfolgter Behandlungsabbruch durch die behandelnden Ärzte vor.
Auch aus dieser Entscheidung ergibt sich jedoch die Wichtigkeit, Patienten – nachweislich, z. B. im Entlassungsbrief und/oder durch Dokumentation in der Krankengeschichte – darauf hinzuweisen, dass diese jedenfalls zu einer Kontrolle bzw. weiterführenden Behand-lung ins Krankenhaus kommen sollen, sollten sich Beschwerden verschlimmern oder keine Besserung des Gesundheitszustandes ein-treten.
Dasselbe ist auch für den niedergelassenen Bereich anzunehmen – auch hier ist ein Verweis auf eine Wieder-vorstellung bzw. das Aufsuchen einer Krankenanstalt bei anhaltenden Beschwerden erforderlich, letztendlich jedoch auch ausreichend. Um in einem etwaigen Gerichtsverfahren den Beweis antreten zu können, dass der Patient diese Information auch erhalten hat, muss diese – im besten Fall – im Arztbrief und/oder der Kran-kengeschichte dokumentiert sein.