Die Basis der Therapie des persistierenden Asthma bronchiale besteht aus inhalativen Glukokortikoiden und Beta-2-Mimetika. Eine Kombinationstherapie führt bei einem Großteil der Patienten zu einer guten oder zumindest ausreichenden Kontrolle der Erkrankung. Dennoch gibt es wachsende Bestrebungen, neue Therapeutika und Therapiemethoden zu entwickeln. Einerseits, weil gerade Patienten mit höheren Schweregraden eine zusätzliche Therapie benötigen, da hier die aktuell zur Verfügung stehenden Optionen scheinbar nur begrenzt wirksam sind. Andererseits fürchten viele Patienten, insbesondere die Eltern von Kindern, die an Asthma bronchiale erkrankt sind, potenzielle Nebenwirkungen einer Langzeittherapie mit inhalativen Glukokortikoiden. Eine Befürchtung, die nicht selten die Compliance negativ beeinflusst.
Neue Therapiestrategien sollten zudem helfen, die Langzeitmorbidität des Asthma bronchiale zu senken. Nach heutiger Auffassung kann eine Zunahme der inflammatorischen Aktivität für die Asthmasymptome verantwortlich gemacht werden. Exazerbationen der Erkrankung können durch verschiedenartige Trigger (Allergene, Infektionen, Anstrengung) hervorgerufen werden und sind verbunden mit einer rascheren Verschlechterung der Lungenfunktionsleistung.
Die asthmatypische Entzündungsreaktion inkludiert aktivierte T-Zellen, Mastzellen und eosinophile Granulozyten, daher haben neue pharmakologische Strategien diese Zellen und vor allem deren Mediatoren im Focus. Die erweiterten Kenntnisse über die chronisch- inflammatorischen Veränderungen der Atemwege haben schon seit längerem zu einer Konzentration der pharmakologischen Bemühungen auf nicht erkrankungsspezifische antiinflammatorische Therapiestrategien geführt. Vereinfacht können die aus den oben genannten Bestrebungen resultierenden Maßnahmen zwei Kategorien zugeordnet werden:
1. direkte Antagonisierung der beteiligten Zellen oder deren Stoffwechselwege und Mediatoren
2. Interventionen, die gegen ubiquitäre inflammatorische Reaktionswege, unabhängig der zellulären Zugehörigkeit gerichtet sind
Die Reduktion von zirkulierendem IgE und damit konsekutiv der Mastzelldegranulation steht schon seit vielen Jahren im Zentrum pharmakologischer Forschung. Um einen solchen Effekt zu erzielen, sind mehrere Ansätze gewählt worden: Blockade der B-Zell-Differenzierung, Inhibition der Proliferation und/oder Aktivierung (Il-4/Il-13) sowie direkte Intervention in der Signaltransduktion. Omalizumab, ein rekombinanter IgE-Antikörper, konnte bei Patienten mit schwerem therapierefraktären Asthma bronchiale erfolgreich eingesetzt werden und ist ein etab – liertes Behandlungskonzept, das in den Leitlinien aufgenommen wurde. Eine rezente Studie konnte zusätzlich aufzeigen, dass mit der regelmäßigen Anwendung von Omalizumab bei jugendlichen Patienten die saisonbedingte Verschlechterung ihres Asthmas verhindert werden konnte, einhergehend mit einer deutlichen Reduktion der Asthmamedikation.
Inhibition der eosinophilen Entzündung: Von weiterem Interesse sind Neuentwicklungen, die eine Unterdrückung der eosinophilen Entzündung bewirken, wobei das Grundprinzip die Inhibition des Recruitments der eosinophilen Zellen in den Atemwege ist, um möglichst frühzeitig in die Pathogenese des Asthma einzugreifen. Dazu gehört die Therapie mit dem IL-5-Antikörper Mepolizumab, einem selektiven Inhibitor der eosinophilen Entzündungsreaktion. Zwei Untersuchungen konnten eindrucksvoll demonstrieren, dass es unter der Behandlung von Mepolizumab zu einer signifikanten Abnahme von schweren Exazerbationen und der Blut- und Sputumeosinophilen kommt und die bis vor dem Studienbeginn erforderliche systemische Kortisondosis deutlich reduziert werden konnte. Ebenso berichteten die Patienten über wesentliche Verbesserung der Lebensqualität (Haldar P., NEJM 2009; Nair P., NEJM 2009). Diese Therapie ist vorerst nur für Patienten im Rahmen eines „Compassionate- Use-Programms“ vorgesehen, die einen „Asthma-Phänotyp“ vorweisen, der durch häufige Exazerbationen und einer prädominanten eosinophilen Entzündungsreaktion charakterisiert und zumindest auf drei immunsuppressive Therapiemaßnahmen keine ausreichende Kontrolle des Asthma bronchiale nachweisbar ist .
Eine weitere Möglichkeit, den TH2-Phänotyp zu unterdrücken, besteht in der direkten Intervention gegen ein anderes spezifisches Zytokin, wie Interleukin 13 (Corren J., NEJM 2011). Die Behandlung mit Lebrikizumab (Anti-IL-13) führte bei Patienten, die mit hochdosiertem inhalativen Glukokortikoid inadäquat kontrolliert waren, zu einer signifikanten Verbesserung der Lungenfunktion, Exazerbationsrate, Notfallmedikation und der Lebensqualität. Bemerkenswert in dieser Studie war, dass Patienten mit erhöhten Konzentrationen von spezifischen Biomarkern, wie Periostin und FeNO, von diesem neuen Therapieansatz besonders profitieren.
Asthma ist eine heterogene Erkrankung, wo unterschiedliche immunologische Phänomene eine gewichtige Rolle spielen, und diese Pathways stellen somit ein weiteres pharmakologisches Target dar. Spezifische Biomarker sind deshalb erforderlich, um eine klare Differenzierung zwischen den einzelnen Phänotypen zu ermöglichen.
Jedoch konnten rezente Studien belegen, dass der optimierte Einsatz von bereits etablierten Medikamenten den Therapieerfolg noch wesentlich verbessern kann. Das betrifft einerseits Leukotrienantagonisten, die, wenn sie als Add-on-Therapie zusätzlich zu einem niedrig dosierten inhalativen Glukokortikoid verabreicht werden, eine wirksame Behandlung (ebenbürtig einem lang wirksamen Beta-2-Mimetikum) darstellen. Das war vor allem bei Patienten mit einer zusätzlich bestehenden allergischen Rhinitis nachweisbar und führte generell zu einer zufriedenstellenden Asthmakontrolle (Pohl W., CMRO 2011; Price D., NEJM 2011). Tiotropium kam bisher nur bei der Behandlung der COPD zum Einsatz. Eine rezente Untersuchung konnte jedoch darstellen, dass bei Patienten mit unkontrolliertem Asthma eine zusätzliche Verabreichung von Tiotropium zu einem inhalativen Glukokortikoid einer Verdoppelung der Kortisondosis in Bezug auf die Asthmakontrolle überlegen war und zumindest gleichzusetzen einer dualen Therapie mit einem lang wirksamen Beta-2-Mimetikum plus inhalativen Glukokortikoid (Peters P., NEJM 2011).
RESÜMEE: Verschiedene pathogenetische Mechanismen, die den allergischen und nicht-allergischen Signalweg inkludieren, bestimmen den klinischen Verlauf beim Asthma bronchiale. Diese komplexen Abläufe können unabhängig voneinander ent- und bestehen, jedoch können sie auch koexistieren und sich gegenseitig beeinflussen.
Es ist evident, dass eine Erweiterung des traditionellen TH2-Paradigmas des Asthma bronchiale auf jeden Fall erfolgen muss, sodass auch „nicht-traditionelle“ pathophysiologische Mechanismen berücksichtigt werden. Der derzeitige Wissensstand weist darauf, dass eine Vielfalt (mehr als bisher angenommen) an zellulären Bestandteile bzw. an Mediatoren in der Inflammationskaskade beim Asthma bronchiale eine gewichtige Rolle spielen und somit Targets für neue Therapieansätze sein könnten.