Die Diagnose eines neuroendokrinen Tumors (NET) des Magens erfolgt meist als Zufallsbefund im Rahmen einer Gastroskopie. NET sind in der Mehrheit asymptomatisch, selten bestehen dyspeptische Beschwerden. Endoskopisch finden sich breitbasige Polypen. Es werden drei verschiedene Typen von NET im Magen unterschieden. Die korrekte Diagnosestellung ist wichtig, da das biologische Verhalten, die Prognose und die Art der Behandlung deutlich differieren.
Der NET Typ 1 (ca. 70 % der Fälle) entsteht auf Basis einer Autoimmungastritis oder auch einer chronisch Helicobacter-pylori-assoziierten, atrophen Gastritis. Folge der chronischen Gastritis ist die Entwicklung einer Hypergastrinämie und eine Hyperplasie der ECL-(Enterochromaffine-like-)Zellen. Die oft multiplen polypösen Läsionen liegen bevorzugt im proximalen Corpus und Fundus ventriculi, sind im Schnitt 4 mm groß, können aber selten auch bis zu 20 mm groß sein. Das Risiko einer Metastasierung beträgt 5 % (Lymphknoten, Leber), die Differenzierung ist typischerweise G1. Die häufigsten Komorbiditäten sind eine Thyreoiditis Hashimoto und eine Anämie auf Basis eines Vitamin-B12-Mangels.
Der NET Typ 2 ist der seltenste (5–6 %) gastrale neuroendokrine Tumor. Die Ursache der auch hier erhöhten Gastrinspiegel liegt aber in der erhöhten Gastrinproduktion durch einen gastrinproduzierenden Tumor. Das endoskopische Bild des NET Typ 2 ist vom NET Typ 1 nicht zu unterscheiden. Die Differenzierung zum NET Typ 1 erfolgt über eine Bestimmung des Magen-pH während der Gastroskopie. Beim NET Typ 1 besteht als Folge der chronischen Gastritis ein anazider/hoher pH. Beim NET Typ 2 ist der pH deutlich niedriger (pH 1–2). Das Metastasierungsrisiko ist mit 10–30 % deutlich höher als beim Typ 1.
Als NET Typ 3 werden circa 14–25 % der neuroendokrinen Tumoren des Magens klassifiziert. Üblicherweise ist es ein solitärer, größerer Tumor, der im gesamten Magen lokalisiert sein kann. Es besteht keine Assoziation mit einer anderen Erkrankung, dieser Tumor tritt sporadisch auf. Der Differenzierungsgrad ist niedriger (meist G3), das Metastasierungsrisiko liegt bei 50–100 %.
Die Abklärung erfolgt mittels Ösophago-Gastro-Duodenoskopie (ÖGD) und Biopsie. Bei polypösen Läsionen < 1 cm Durchmesser ist keine weitere bildgebende Methode zur Diagnosesicherung notwendig. Da der häufigste NET des Magens, der NET Typ 1, auf Basis einer chronischen Gastritis auftritt, ist es in allen Fällen notwendig, auch Routinebiopsien zur Diagnostik einer HP-assoziierten oder autoimmunen Gastritis durchzuführen. Zudem sollte eine Messung des Magen-pH-Wertes zur Unterscheidung der Typen 1 (Magen-pH > 4) und 2 (Magen-pH 1–2) durchgeführt werden. Bei NET mit einer geschätzten Größe von ≥ 10 mm ist es notwendig, einen endoskopischen Ultraschall (EUS) zum exakten T-Staging mit Bestimmung der Invasionstiefe durchzuführen. In der medizinischen Literatur wird von manchen Autoren wegen des aggressiveren Verhaltens ein EUS auch bei NET Typ 2 empfohlen. Das Ziel ist die Abklärung einer eventuellen Infiltration in die Muscularis propria und der Nachweis von Lymphknotenmetastasen.
Die Erhebung folgender Laborbefunde ist empfohlen: Zur ätiologischen Zuordnung der zugrunde liegenden Gastritis ist die Bestimmung von Vitamin B12, des Gastrinspiegels, der Parietalzellantikörper sowie die Bestimmung von HP-Antikörpern im Serum empfohlen. Auf Grund der häufigen Assoziation der Autoimmungastritis mit der Thyreoiditis Hashimoto ist weiters die Bestimmung von TSH und der Thyreoperoxidase-Antikörper sinnvoll. Zu beachten ist in der Interpretation erhöhter CgA-Werte, dass die Einnahme von Protonenpumpeninhibitoren (PPI) zu einer Chromogranin-A-Erhöhung auf das 2–3-Fache des oberen Normwertes führen kann. Die Bestimmung des Magen-pH im Rahmen der Gastroskopie kann nur bei Patienten unter PPI-Karenz aussagekräftig sein! Bei Typ-1-NET ist typischerweise der pH > 4, bei Typ-2-NET ist er typischerweise niedrig (pH 1–2), beim Typ-3-NET sind Gastrinspiegel und Magen-pH im Normbereich.
Eine weiterführende radiologische Bildgebung ist beim Magen-NET Typ 1 nicht notwendig. Beim Typ 2 sind CT, MRT oder Szintigrafien in Hinblick auf die Abklärung des MEN-1-Syndroms indiziert. Das Vorliegen eines Typ-2-NET des Magens erfordert in jedem Fall die Suche nach dem die Hypergastrinämie auslösenden Tumor. Hohe Detektionsraten sind nur für die Somatostatinrezeptor-Szintigrafie (OctreoScan®) belegt. Es kann jedoch analog zur Detektion von NET in allen anderen Lokalisationen davon ausgegangen werden, dass die [68Ga]-DOTA-Peptid-PET/CT dem OctreoScan® überlegen ist. Bei Typ-3-NET des Magens ist in Analogie zu Magenkarzinomen ein entsprechendes Staging mittels Schnittbildgebung in Kombination mit funktioneller Bildgebung wie PET oder Szintigrafie sinnvoll. Bei G3-Tumoren ist [18F]-FDG (unspezifische NET- bzw. NEC-Darstellung aufgrund des hohen Glukosemetabolismus) als PET-Tracer anzuwenden.
Endoskopische Therapie: Die Therapie des Typ-1-NET erfolgt endoskopisch. Es ist unklar, ob ein aggressives endoskopisches Vorgehen bei Tumoren < 1 cm Durchmesser überhaupt notwendig ist. Rezente, jedoch retrospektive Daten zeigen die Gleichwertigkeit von Observanz, endoskopischer Resektion und Therapie mit Somatostatinanaloga hinsichtlich des Überlebens. Tumoren < 5 mm können mit der Zange entfernt werden. Tumoren > 5 mm sind mit endoskopischer Mukosaresektion (EMR) oder auch endoskopischer Submukosadissektion (ESD) abzutragen. Die ESD erzielt höhere R0-Resektionsergebnisse, wobei hier in der Literatur keine großen Fallzahlen vorliegen. Die endoskopische Vollwandresektion wurde in einer Fallserie bei submukosaler Ausdehnung auch bei NET als technisch machbar beschrieben. Wegen der unzureichenden Datenlage, insbesondere über die onkologischen Aspekte dieses Vorgehens, kann diese Therapie derzeit nur im Rahmen von Studien empfohlen werden. Auch Typ-2-NET können mittels EMR oder ESD entfernt werden, wobei eine vollständige Resektion aufgrund der häufig tiefgehenden Infiltration nicht immer möglich ist. Aus diesem Grund besteht Unklarheit, ob die Therapie prinzipiell chirurgisch oder in ausgewählten Fällen endoskopisch erfolgen soll. Eine endoskopische Therapie spielt beim Magen-NET Typ 3 üblicherweise keine Rolle. Der Stellenwert von Somatostatin-Analoga in der Behandlung von Patienten mit Typ-1-NET ist unklar. Es existieren dazu lediglich Fallserien. Eine onkologische Therapie sollte bei hochdifferenzierten Neoplasien nur im Metastasenstadium erfolgen und orientiert sich an den Richtlinien für NET des Dünndarms. Bei undifferenzierten neuroendokrinen Karzinomen sollte in jedem Stadium eine platinbasierte Chemotherapie erfolgen.
Chirurgische Therapie: Indikationen zum chirurgischen Vorgehen sind bei Typ-1- und -2-NET des Magens eine über die Submukosa hinausgehende Tumorinfiltration oder ein positiver Resektionsrand nach EMR oder ESD. Für Typ-3-NET wird primär die chirurgische Resektion in Analogie zum Magenkarzinom empfohlen.
Follow-up: Die optimalen Abstände für Follow-up-Untersuchungen wurden bisher in keiner Studie untersucht. Ein endoskopisches Follow-up nach endoskopischer oder chirurgischer Exzision für Typ-1- und Typ-2-Magen-NET wird in jährlichen Abständen empfohlen. Patienten mit chronisch atropher Gastritis müssen bei jeder Nachsorgegastroskopie auch bezüglich einer intestinalen Metaplasie und Dysplasie untersucht werden, um das Risiko für Adenokarzinome des Magens aufgrund der Atrophie besser einschätzen zu können. Das Follow-up von Patienten nach der Therapie von Magen-NET Typ 3 ist wegen des aggressiveren Verhaltens in Analogie zur onkologischen Nachsorge nach einem Magenkarzinom durchzuführen. Hier ist eine engmaschige Verlaufskontrolle mittels CT oder PET-CT indiziert.
Die NET des Magens verlaufen in der Mehrzahl der Fälle (Typ 1) günstig und können weitgehend endoskopisch therapiert und überwacht werden. Die Magen-NET vom Typ 2 und 3 sind seltener, müssen aber identifiziert werden, da sie prognostisch ungünstiger sind und einer anderen Behandlung bedürfen. Ein interdisziplinäres Vorgehen ist Voraussetzung für das Management.