Die Jahrestagung der Österreichischen Kardiologischen Gesellschaft war von zwei großen Themen geprägt, Notfälle und Interdisziplinarität. Notfälle deswegen, weil die Kardiologie letztlich eine klassische Disziplin dafür ist und selbst ein kurzzeitiger Herzstillstand, wenn er nicht sofort adäquat angegangen wird, zunächst über eine irreversible Schädigung des Gehirns und dann der anderen Organe zum Tod führt. Im Jahr 2010 sind von der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie neue Reanimationsleitlinien publiziert worden, nicht nur mit Neuerungen, sondern auch mit wesentlichen Erleichterungen im Bereich der Laienreanimation, wo ein Weniger an rechtlichen Bedenken vielleicht ein Mehr an Hilfe erreichen kann. Mit dem Ziel, dass mehr Menschenleben durch rechtzeitig einsetzende Wiederbelebung gerettet werden können. Die Zahlen heute zeigen leider, dass selbst dann, wenn ein Notfall in unmittelbarer Umgebung beobachtet wird – also etwa ein plötzlicher Herzstillstand mit Aussetzung der Atmung –, in weniger als der Hälfte der Fälle zumindest mit Basismaßnahmen der Wiederbelebung begonnen wird, z. B. einer Herzdruckmassage. Menschen stehen oft hilflos daneben, im besten Fall wird die Rettung verständigt. Dabei würde man primär gar keine Mund-zu-Mund-Beatmung fordern, vor der manche vielleicht Bedenken haben. Entscheidend aber ist Herzdruckmassage bis zum Eintreffen der Rettung, allein um das Blut, das noch Restsauerstoff enthält, in Zirkulation zu halten. Dieses Thema passt auch sehr gut zum zweiten großen Bereich, der Interdisziplinarität, wo man einfach feststellen muss, dass solche Notfälle genauso wie viele andere Erkrankungen im Herz-Kreislauf-Bereich ein fächerübergreifendes Vorgehen erfordern. Beispiele dafür wären die Lungenembolie, ein Pneumothorax oder die Aortendissektion, wo Lungenfachärzte, Thorax-, Herzchirurgen oder Anästhesisten involviert sind und wo es erforderlich ist, dass die Rettungskette und der Austausch der Disziplinen gut funktioniert.
„Hot topics in European Cardiology“: In dieser Sitzung wurden die neuesten Leitlinien von den maßgeblich involvierten Autoren diskutiert, darunter vor allem die Herzinsuffizienz, aber auch Schwangerschafts-assoziierte Herz-Kreislauf-Erkrankungen, bei denen der Informationsstand relativ gering ist. Ein Hintergrund besteht darin, dass eine große Anzahl von Menschen mit angeborenen Herzfehlern, die im Kindes- oder Jugendalter operiert wurden, heute bis weit in das Erwachsenenalter hinein leben oder auch ganz alt werden. Darunter sind dann auch Frauen mit Kinderwunsch, bei denen zu überlegen ist, unter welchen Voraussetzungen von einer Schwangerschaft abzuraten wäre oder wann diese befürwortet werden soll, wann ein Kaiserschnitt empfehlenswert wäre oder von welchen Medikamenten abgeraten werden soll bzw. welche zu empfehlen sind. Als Kontraindikation für eine Schwangerschaft wurden zum Beispiel die pulmonal-arterielle Hypertension, eine schwere linksventrikuläre Dysfunktion, Mitralstenose oder eine schwere symptomatische Aortenstenose diskutiert. Während viele dieser Fragen nicht durch Studien untermauert sind, gibt es doch neue Leitlinien, die in Salzburg von der Erstautorin Dr. Regitz-Zagrosek aus Berlin vorgestellt wurden.
Prävention: Ein drittes wesentliches Thema war die Prävention. Wenn wir es nicht schaffen, die Risikofaktoren frühzeitig und besser in den Griff zu bekommen, dann werden Herz-Kreislauf-Erkrankungen weiter mit einer hohen Mortalitätsrate einhergehen. Auch hierzu gibt es neue Leitlinien, die von Ian Graham aus Irland präsentiert wurden. Prävention ist nicht zuletzt deswegen ein schwieriges Thema, weil der Aufwand, der mit einzelnen Maßnahmen heute verbunden ist, vielleicht erst in 20 Jahren wirksam zutage tritt. Wir treffen immer auf das Problem, ob Maßnahmen gegen etwas, das man nicht spürt und von dem man nicht weiß, ob es tatsächlich eintritt, dann auch wirklich konsequent durchgeführt werden. Umgekehrt wird man als Arzt aber immer dann hoch geschätzt, wenn man das Leiden von Patienten medikamentös erleichtert.