Veranstalter war diesmal die klinische Abteilung für Hämatologie der Medizinischen Universität Graz. Univ.-Prof. Dr. Werner Linkesch und sein Team konnten dabei ein interessantes und spannendes Programm zusammenstellen, das einen umfassenden Querschnitt von der Grundlagenforschung bis hin zu neuen klinischen Therapien in der Hämatologie und Onkologie bot. In insgesamt 18 wissenschaftlichen Symposien wurden dabei die wichtigsten Bereiche der Hämatologie und Onkologie abgedeckt, internationale Gastreferenten aus Deutschland, Italien und Großbritannien werteten das Programm weiter auf.
Leitlinien: Ein eigenes Symposium wurde heuer dem wichtigen Thema Leitlinien – Herausforderung und Chance gewidmet. Univ.-Prof. Dr. Bernhard Wörmann aus Berlin stellte dabei das ONKOPEDIA-Projekt vor, ein hämatoonkologisches Leitlinienportal. Diese Internetplattform enthält evidenzbasierte Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie und wird als Gemeinschaftsprojekt der ÖGHO, der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO), der Schweizerischen Gesellschaft für Medizinische Onkologie (SGMO) und der Schweizerischen Gesellschaft für Hämatologie (SGH + SSH) geführt. Evidenzbasierte Diagnose und Therapie in der Hämatologie war auch ein Thema in der Sitzung Akute myeloische Leukämie, in der Univ.-Prof. Dr. Heinz Sill eine gemeinsame Standard Operating Procedure (SOP) der steirischen hämatologischen Zentren vorstellte. In dieser Sitzung schafften es die Organisatoren, einen Bogen von der klinischen SOP bis hin zur Forschung an Mausmodellen der akuten Leukämie zu spannen. Für Letzteres konnte Univ.-Prof. Dr. Stefan Bohlander von der Philipps Universität Marburg gewonnen werden. In einem eindrucksvollen Referat gab er dem Publikum einen umfassenden Überblick über die verschiedensten Modellsysteme und zeigte deren Bedeutung von der Leukämieforschung bis hin zur Medikamentenentwicklung auf. Ebenfalls als Publikumsmagnet stellte sich die Sitzung Immunthrombopenie/ Hämostaseologie heraus, in der Univ.-Prof. Dr. Ingrid Pabinger den neuen ÖGHOKonsensusreport zur Therapie der Immunthrombopenie präsentierte. Darin wurde nicht nur auf Klinik und Diagnostik, sondern auch auf das Management dieser Erkrankung eingegangen, insbesondere unter Berücksichtigung neuer Therapiemöglichkeiten, wie z. B. Thrombopoetinrezeptor- Agonisten.
Translationelle Forschung: Ein besonderes Highlight war sicher das Translational Research Symposium, bei dem die Medizinischen Universitäten Wien, Salzburg, Innsbruck und Graz hämato-onkologische Forschungsprojekte aus dem Bereich der translationellen Forschung präsentierten. Dr. Martin Pichler berichtete dabei über die Anwendungsmöglichkeiten von MicroRNAs als Diagnostika und Therapeutika beim Kolorektalkarzinom. Als Beispiel wurde miRNA-200a hervorgehoben, welche eine exakte prognostische Aussage in diesem Patientengut ermöglichen könnte. Ein weiterer interessanter Beitrag wurde von Ass.-Prof. Dr. Peter Schellongowski beigesteuert, der über translationelle Forschungsansätze bei kritisch kranken Patienten berichtete. Er zeigte die enorme Bedeutung einer guten Kooperation zwischen Intensivmedizinern und Hämatologen bzw. Onkologen auf und präsentierte unterschiedlichste Forschungsansätze, die sich mit dem intensivmedizinisch betreuten hämato-onkologischen Patienten befassen.
Prämierte Arbeiten: Aufgrund der erfreulich hohen Zahl an eingereichten Beiträgen wurden im Rahmen der heurigen Frühjahrstagung insgesamt 85 Poster präsentiert, welche die Bereiche Hämatologie, Onkologie und klinische Studien umfassten. Posterpreise wurden dabei an Dr. Martin Pichler und Dr. Alexander Deutsch aus Graz, an Dr. Christoph Tinchon aus Leoben und an Dr. Emir Hadzijusufovic aus Wien vergeben. Als zentrales Symposium erwies sich auch heuer wieder das Young Investigator Meeting, bei dem die sieben am höchsten bewerteten Abstracts von Nachwuchswissenschaftlern präsentiert wurden. Siegerin wurde im heurigen Jahr Mag. Nicole Hofmann von der Medizinischen Universität Graz. Sie konnte zeigen, dass gefäßnahe mesenchymale Stamm- und Progenitorzellen die hypoxische Umgebung nach einer ischämischen Gewebsschädigung erkennen und konsekutiv die Bildung neuer Blut- gefäße (Neo-Vaskulogenese) initiieren. Damit präsentierte sie ein neues Modell, da diese Rolle bisher immer Endothelzellen zugeschrieben wurde. Der zweite Platz wurde in diesem Jahr geteilt. Mag. Eva Grössinger aus Salzburg entwickelte ein Modell, dass die In-vitro- Kultivierung von Zellen der chronisch-lymphatischen Leukämie (CLL) optimiert. Dies ist von Bedeutung, da CLL-Zellen im peripheren Blut normalerweise durch einen Zellzyklusarrest gekennzeichnet sind und bei In-vitro-Kultivierung frühzeitig durch Apoptose absterben. Dr. Mir Ali Reza Hoda aus Wien präsentierte Daten über die Rolle von Activin bei der Entstehung des malignen Pleuramesothelioms. Er konnte zeigen, dass eine deregulierte Activin-Expression ursächlich an der Pathogenese dieser Erkrankung beteiligt ist und damit ein potenzielles Target für eine gezielte antineoplastische Therapie darstellt.
Besonders erfreulich ist, dass die Tagung auch heuer wieder gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft hämatoonkologischer Pflegepersonen in Österreich (AHOP) stattgefunden hat. Die enge Kooperation zwischen den beiden Gesellschaften wurde insbesondere durch die Durchführung einer gemeinsamen Sitzung Krebs und Ernährung dokumentiert. Bereits Tradition hat die Verleihung des AHOP-Förderpreises im Rahmen der Frühjahrstagung. Mit dem ersten Preis wurde dabei das Projekt „Schmerzmanagement auf der onkologischen Bettenstation“, eingereicht von DGKP Josef Trattner und DGKS Kerstin Schnabl aus Graz, prämiert.
Patiententag: Schlussendlich fand am Samstag, dem 14. April, noch ein Patiententag im Grazer Casineum statt. Dieser Informationstag wurde in Kooperation mit mehreren Selbsthilfegruppen organisiert und beinhaltete Vorträge über die verschiedensten hämatoonkologischen Themen. Diese reichten von Vorstellungen der unterschiedlichsten Behandlungsstrategien in der Hämatologie und Onkologie, über eine Vorstellung des mobilen Palliativteams bis hin zu den Möglichkeiten der psychologischen Betreuung von Krebspatienten.
Die Darstellung von Chemotherapie und Stammzelltransplantation aus der Sicht eines Patienten, der vor Jahren an der klinischen Abteilung für Hämatologie, Graz, wegen akuter myeloischer Leukämie erfolgreich transplantiert wurde, beeindruckte dabei besonders. Der Patienteninformationstag erfreute sich besonders großen Zuspruchs und zeigt das Potenzial, sich als Fixbestandteil der ÖGHO-Frühjahrstagung zu entwickeln.