Das kolorektale Karzinom zählt zu den häufigsten Krebstodesursachen der westlichen Welt. Die Chirurgie spielt als einzige kurative Behandlungsmodalität die Hauptrolle in der Behandlung der Erkrankung. Entscheidend ist jedoch, dass eine in kurativer Absicht erfolgende Tumorresektion nach klar definierten chirurgisch-onkologischen Prinzipien erfolgt. Zu diesen zählen die proximale Ligatur des tumorversorgenden arteriellen Gefäßstamms, das Einhalten eines ausreichenden proximalen, distalen und zirkumferenziellen Sicherheitsabstands sowie die Durchführung einer adäquaten Lymphadenektomie mit Entfernung von mindestens 12 drainierenden Lymphknoten.
Offene versus laparoskopische Kolonchirurgie: Der bisherige Goldstandard in der Behandlung, die offene Kolon- bzw. Rektumresektion, ist mit signifikanter Morbidität und Spitalsaufenthaltsdauer assoziiert. Seit den frühen 1980er-Jahren steht als Alternative zur offenen Operation der laparoskopische Zugang zur Verfügung, 1991 erfolgte die erste Kolonresektion in laparoskopischer Technik.1 Vorteile des minimal invasiven Zugangs sind: niedrigerer postoperativer Schmerzmittelbe – darf, rascherer Wiedereintritt der Darmfunktion, niedrigere Wundinfektionsraten sowie eine signifikant kürzere Spitalsaufenthaltsdauer. Allerdings wurde die onkologische Sicherheit der laparoskopischen Kolonchirurgie nach ersten Berichten über eine erhöhte Rate an Port-Site-Metastasen bei Patienten mit Kolonkarzinom in Frage gestellt und schließlich vorübergehend ein Moratorium verhängt.2, 3
Prospektiv-randomisierte Studien zur Sicherheit der laparoskopischen Kolonchirurgie: In weiterer Folge wurden insgesamt 4 große prospektiv- randomisierte Studien durchgeführt (Barcelona, COST, COLOR und MRC CLASICC) und die onkologische Sicherheit der laparoskopischen Kolonchirurgie direkt mit der offenen Kolonchirurgie verglichen.4-7 Die Studien waren allesamt als non-inferiority trials ausgelegt, um ein allenfalls schlechteres onkologisches Outcome in der laparoskopischen Behandlungsgruppe sicher ausschließen zu können. Alle Studien zeigten eindrucksvoll die Gleichwertigkeit von laparoskopischer und offener Operationstechnik: So bestand kein signifikanter Unterschied hinsichtlich der Zahl entnommener Lymphknoten, des Tumor-Sicherheitsabstands sowie onkologischer Parameter wie Lokalrezidiv, Fernmetastasierung, krankheitsfreies Überleben und Gesamtüberleben. Auch eine Metaanalyse der 3-Jahres-Überlebensdaten aus den genannten Studien zeigte keinen signifikanten Unterschied im krankheitsfreien Überleben (laparoskopisch 75,8%, offen: 75,3%, p = 0,83) oder Gesamtüberleben (82,2% vs. 83,5%, p = 0,56).8
Stellenwert der laparoskopischen Chirurgie beim Rektumkarzinom: Im Gegensatz zum Kolonkarzinom steht der sichere Beweis der Äquivalenz von laparoskopischer und offener Chirurgie beim Rektumkarzinom noch aus: Lediglich eine der angeführten Studien inkludierte auch Patienten mit Rektumkarzinom (MRC CLASICC), wobei im laparoskopischen Behandlungsarm eine signifikant höhere Rate an positiven zirkumferenziellen Resektionsrändern (12,4% vs. 6,3%) beobachtet wurde.7 Wenngleich die 5-Jahres-Daten von MRC CLASICC ein äquivalentes onkologisches Outcome in der laparoskopischen Behandlungsgruppe zeigen, sollte die laparoskopische Rektumresektion daher vorerst weiterhin randomisierten Studien vorbehalten bleiben.9
Technische Anforderungen: Laparoskopische Kolonresektionen sind technisch aufwändige Eingriffe, die das Operieren in mehreren Quadranten des Abdomens, das intrakorporale Durchtrennen großer abdomineller Gefäße sowie das Anlegen einer sicheren Anastomose erfordern. Gleichzeitig sind die bereits erwähnten onkologischen Prinzipien in derselben Weise wie bei der offenen Operation strikt einzuhalten, was hohe technische Ansprüche an das Operationsteam stellt. Laparoskopische Kolonchirurgie sollte daher nur in Zentren mit ausreichender Erfahrung und entsprechenden Operationszahlen angeboten werden.
Aktuelle Anwendungszahlen und Schlussfolgerung: Laut einer rezenten Analyse werden derzeit lediglich 6,7% aller Kolonkarzinome in laparoskopischer Technik operiert.10 Basierend auf der onkologischen Äquivalenz bei gleichzeitig verbessertem Kurzzeit-Outcome der laparoskopischen Kolonchirurgie wäre jedoch ein deutlich höherer Anteil an laparoskopischen Resektionen wünschenswert. Ziel sollte es daher sein, mittels strukturierter Trainingsprogramme die Zahl in laparoskopischer Kolonchirurgie ausgebildeter Chirurgen mittel- bis langfristig zu erhöhen, um die exzellenten Ergebnisse der laparoskopischen Kolonchirurgie in Zukunft einer größeren Patientenzahl anbieten zu können.
Trotz initialer Skepsis gegenüber der laparoskopischen Kolonchirurgie beweisen rezente prospektiv-randomisierte Studien eindrucksvoll die Äquivalenz von laparoskopischer und offener Kolonchirurgie in der Behandlung des Kolonkarzinoms. Dennoch werden aktuell weniger als 7% aller Kolonkarzinome in laparoskopischer Technik operiert. Im Gegensatz zum Kolonkarzinom ist die onkologische Sicherheit der laparoskopischen Chirurgie beim Rektumkarzinom noch nicht hinreichend gesichert.
1) Jacobs M. et al., Surg Laparosc Endosc 1991; 1:144-50
2) Berends F.J. et al., Lancet 1994; 344:58
3) Nduka C.C. et al.,. Br J Surg 1997; 84:583
4) Lacy A.M. et al., Lancet 2002; 359:2224-9
5) The Clinical Outcomes of Surgical Therapy Study Group, N Engl J Med 2004; 350:2050-9
6) Veldkamp R. et al., Lancet Oncol 2005; 6:477-84
7) Guillou P.J. et al, Lancet 2005; 365:1718-26
8) Bonjer H.J. et al., Arch Surg 2007; 142:298-303
9) Jayne D.G. et al., Br J Surg; 97:1638-45
10) Robinson C.N. et al., Surg Oncol; 18:1412-8