Österreichische Gesellschaft für Geriatrie und Gerontologie

Auch wenn es in Österreich im Vergleich zur internationalen Entwicklung lange gedauert hat, konnte in der Ärzteausbildungsnovelle 2011 das Additivfach Geriatrie etabliert werden. Die Zugangsfächer sind Innere Medizin, Allgemeinmedizin, Neurologie, Physikalische Medizin und allgemeine Rehabilitation sowie Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin.
Bis Ende 2012 konnten 1.300 KollegInnen in die Ärzteliste eingetragen werden. Etwa ein Drittel kommt aus dem Fachbereich Innere Medizin.

„Geriatrisierung“

Die Geriatrie ist das zahlenmäßig stärkste Additivfach in Österreich. Es wurden bereits erste Ausbildungsstellen durch die Ärztekammer anerkannt. Die klinische Geriatrie findet vorrangig an Abteilungen für Akutgeriatrie und Remobilisation, in Sonderkrankenanstalten für Langzeitmedizin, aber auch im niedergelassenen Bereich und in Pflegeheimen statt. Gleichzeitig kommt es auch zu einer „Geriatriesierung“ der meisten klinischen Fächer. Die universitäre Verankerung ist mit Professuren in Lehre und Forschung erfolgt.
Die demografische Entwicklung hat zu einer deutlichen Zunahme älterer PatientInnen vor allem auch im internistischen Bereich geführt. Insbesondere kardiovaskuläre Erkrankungen, Typ-2-Diabetes, COPD, Osteoporose und Tumorerkrankungen zeigen eine deutliche Zunahme der Prävalenz im höheren Lebensalter. Der inhaltliche Schwerpunkt des Additivfachs Geriatrie umfasst entsprechend der Definition der ÖGGG die präventive, kurative, rehabilitative und palliative Betreuung älterer PatientInnen unter besonderer Berücksichtigung der somatischen, psychischen und sozialen Aspekte.
Um den komplexen Aufgaben gerecht zu werden, setzt die Geriatrie – neben den modernen Standards entsprechenden diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen – das multidimensionale geriatrische Assessment ein. Die standardisierten Testverfahren ermöglichen eine Evaluierung der funktionellen und kognitiven Fähigkeiten sowie des Ernährungszustandes. Die Ergebnisse stellen wichtige Voraussetzungen für die an die individuellen Bedürfnisse angepasste Planung der Diagnostik und Therapie dar.
Der geriatrische Patient/die geriatrische Patientin wird charakterisiert durch ein höheres biologisches Alter, Multimorbidität, eine unspezifische Symptomatologie, einen atypischen und protrahierten Krankheitsverlauf, veränderte Organfunktionen sowie eine veränderte Pharmakokinetik und Pharmakodynamik und dem damit assoziierten erhöhten Risiko von Arzneimittelnebenwirkungen und -interaktionen. Das Risiko für Autonomie- und Selbstständigkeitsverluste mit konsekutiver Pflegeabhängigkeit ist erhöht.

Lebensqualität

Für die Prognose ist das Vorliegen geriatrischer Syndrome wie Gebrechlichkeit (Frailty), Mangelernährung, Sarkopenie, Gangunsicherheit und Stürze, Immobilität, Inkontinenz und kognitive Defizite entscheidend. Chronische Schmerzen und soziale Isolation sind häufig.
Der demografische Wandel beeinflusst nicht nur die medizinische und pflegerische Versorgung, sondern führt auch zur Belastung der betreuenden Angehörigen. Immer weniger Menschen sind für immer mehr ältere und hochbetagte Personen verantwortlich. Die Anforderungen einerseits, die Unterstützung andererseits durch die ältere Bevölkerungsgruppe sind vielfältig und beeinflussen die Gesundheit, das Arbeitsleben und die Lebensqualität.
Vor diesem Hintergrund gewinnt auch die Prävention und Gesundheitsförderung für alte und hochbetagte Menschen an Bedeutung. Hierzu zählen neben ausgewogener Ernährung, Bewegung, kognitivem Training, Beratung zur Wohnraumgestaltung und Ambiant Assisted Living vor allem Impfungen.

Resümee: Die Einführung des Additivfacharztes für Geriatrie bietet eine wesentliche Basis zur Verbesserung der Betreuung älterer, multimorbider und vulnerabler PatientInnen. Das gemeinsame Ziel gilt dem Erreichen einer größtmöglichen individuellen Lebensqualität. Da Geriatrie aber definitionsgemäß im multiprofessionellen Team stattfindet, ist es der ÖGGG ein besonderes Anliegen, Vertreter aller beteiligten Berufsgruppen aufzunehmen. Im interdisziplinären Dialog können nicht nur Standards für die klinische Praxis, sondern auch Forschungsfragen formuliert werden.

 

Fact-Box

  • Prim. Dr. Katharina Pils, Präsidentin
  • Prof. OA Dr. Thomas Frühwald, Vize­präsident
  • Prim. Dr. Hannes Plank, Vizepräsident
  • Univ.-Prof. Dr. Christoph Gisinger, Kassier
  • Prim. Dr. Peter Dovjak, Schriftführer
  • Gründung durch Univ.-Prof. Dr. Walter Doberauer 1955
  • 435 Mitglieder

Homepage:
www.geriatrie-online.at

Jahreskongress:
21. 3. bis 23. 3. 2013 Wien:
Alter(n) – Chance und Herausforderung