Das eine oder andere mag hart klingen, teilweise übertrieben, aber vieles wird auch oft der Wahrheit entsprechen. Unsere AssistentInnen und MitarbeiterInnen sind unser Aushängeschild – der erste wichtige Kontakt mit unseren Ordinationen oder Abteilungen. Wenn ich heute in ein bekanntes Haubenlokal zum Essen gehe, erwarte ich mir, neben der Qualität des Essens, vom ersten Moment an eine kompetente und liebenswürdige Betreuung. Denn ich bin dort Gast. Stimmt die Qualität der Betreuung nicht, werde ich deswegen nicht schlecht essen, aber es wird ein Gefühl der Enttäuschung und Unzufriedenheit zurückbleiben und ich werde es mir wahrscheinlich zweimal überlegen, dieses Lokal noch einmal zu besuchen.
Auch unsere Patienten sind Kunden bzw. Gäste, die es verdienen, höflich und kompetent betreut zu werden – sei es der Erstkontakt am Telefon oder der Besuch in der Ordination. Die Erwartungshaltung der Patienten setzt einen freundlichen und menschlichen Umgang voraus. Die Patienten wollen sich mit ihren Ängsten und Sorgen „aufgehoben“ fühlen und in ihrem Behandlungsverlauf begleitet werden. Die fachliche Kompetenz und Qualität der Leistung können sie nur bedingt beurteilen, dabei setzen sie Fachlichkeit und Professionalität jedoch grundsätzlich voraus.
Bei einer Studie des Europäischen Praxisassessments in Deutschland, in der 47.168 Patienten, 3.011 OrdinationsassistentInnen, 676 ÄrztInnen und 305 LehrpraktikantInnen nach ihrer Zufriedenheit im Beruf gefragt wurden, zeigte sich eindeutig, dass die Patientenzufriedenheit im Wesentlichen von der Mitarbeiterzufriedenheit abhängt, erst in weiterer Folge vom Arzt.
Mitarbeitermotivation ist ein ausschlaggebender Faktor für den Ordinationserfolg. Wie aus betriebswirtschaftlichen Arbeitsanalysen bekannt ist, besteht ein linearer Zusammenhang zwischen Zufriedenheit des Personals und der Arbeitseffizienz. Liegt der Zufriedenheitswert, gemessen auf der Basis einer Schulnotenskalierung, bei der Note 3, so ist die Arbeitsproduktivität bereits um 30 % niedriger als bei einem optimierten Zufriedenheitszustand.
Die Folge: Die Ordination arbeitet deutlich unter ihrem Leistungsoptimum. Ändert sich die Zufriedenheit des Personals auf Dauer nicht, wirkt sie sich auch negativ auf die Patientenzufriedenheit und damit auf den Ordinationserfolg aus. Im Rahmen einer weiteren Studie wurden OrdinationsassistentInnen verschiedener Fachgruppen befragt, wie sie die Merkmale Arbeitsgestaltung, Zusammenarbeit, Motivation und Praxismanagement in den Ordinationen bewerten.
Relativ hohe Unzufriedenheit zeigte sich bei der mangelnden Arbeitsselbständigkeit, definiert durch geringe Ausprägung eines Innovationsklimas bei vor allem mangelnder Bereitschaft des Arztes, Neues auszuprobieren.
Bei der Zusammenarbeit wird die Kommunikation mit den Mitarbeitern positiv bewertet, die Kommunikation mit dem Arzt tendenziell jedoch negativ. Grund ist die hohe Arbeitsbelastung, in der keine Zeiträume für Gespräche und intensive Abstimmungen eingeplant werden. Motivation für die AssistentInnen ist ihre Arbeitsaufgabe selbst und der direkte Patientenkontakt. Das Gehalt spielt für die Motivation eine eher untergeordnete Rolle. Mitarbeiterschulungen, externe Seminare sowie regelmäßige praxisinterne Schulungen führen zu einem Anstieg der Mitarbeitermotivation.
Erschwerend ist jedoch oft das schlechte Praxismanagement in den Ordinationen. Niedergelassene ÄrztInnen unterschätzen teilweise den Spagat zwischen den Aufgaben als Arzt und denen als Unternehmer. Besonders Zeit ist in den meisten Ordinationen eine äußerst knappe Ressource.
Um den Ordinationsablauf und die Ordinationsorganisation zu verbessern, empfiehlt es sich Qualitäts- und Praxismanagement-Schulungen zu besuchen wie z. B. „Patientengerechte Kommunikation in schwierigen Situationen“, „Das Telefon – Visitenkarte der Praxis“ oder etwa „Rezeption – professionell und freundlich“ (viele solcher Kurse finden sich im Internet).
Was sind nun die Möglichkeiten zur Förderung der Motivation unserer MitarbeiterInnen und dadurch auch der Zufriedenheit unserer Patienten? Autonomie und die Möglichkeit zur Schaffung persönlicher Freiräume nehmen einen hohen Stellenwert ein. Das bedeutet für den Ordinationsinhaber, ein Umfeld zu schaffen, in dem MitarbeiterInnen eigenständig und eigenverantwortlich arbeiten können. MitarbeiterInnen wünschen sich Mitsprache, vor allem bei Veränderungsprozessen. Dadurch können sie auch eigene Ideen einbringen und einen wesentlichen Teil zur Umsetzung beitragen. Regelmäßige Teambesprechungen sind eine gut geeignete Form, um das Team in den Entscheidungsablauf der Ordination einzubinden, die soziale Situation miteinander zu gestalten und den Assistentinnen ein Feedback zu geben. Ebenfalls ein Instrument zur Motivationssteigerung ist eine angemessene und leistungsadäquate Entlohnung (der derzeitige Kollektivvertrag entspricht diesen Anforderungen sicher nicht).
Ein wesentlicher Aspekt der Mitarbeitermotivation ist das Vertrauen des Arztes bzw. der Ärztin in seine MitarbeiterInnen. Oft ist die wertschätzende Führung durch den Vorgesetzten und der Rückhalt im Team entscheidend für die Wahl des Arbeitsplatzes.
Zusammenfassend dürfen wir, trotz unserer Hauptaufgabe, Patienten zu betreuen, nicht vergessen, dass wir nicht nur Ärzte, sondern auch Unternehmer sind: Ein guter Unternehmer schafft es, dass sich jeder Mitarbeiter so eingebunden fühlt wie die Musiker eines Orchesters.