Periphere arterielle Verschlusskrankheit – Medikamentenbeschichtete Ballons als neue Waffe gegen die Restenose

Seit bald 40 Jahren kommt die perkutane  transluminale Angioplastie (PTA) zur Sanierung  von arteriellen Engstellen auch im  Bereich der unteren Extremitäten zum Einsatz.  Die PTA der oberflächlichen Femoralarterie  führt bei über 90 % der Patienten zur einer  initial zufrieden stellenden Perfusion, bei  fokalen iliakalen Läsionen liegt die Erfolgsrate  bei fast 100 %.1 Nach 6–12 Monaten treten  allerdings bei einem großen Teil der Patienten  Restenosen auf.
Mit den unterschiedlichsten therapeutischen  Ansätzen wurde und wird versucht, die Restenosierung  zu verhindern. Im Bereich der  Koronarien ging man mit gutem Erfolg den  Weg der Bare-Metal-Stents (BMS), gefolgt  von den Drug-eluting-Stents (DES). Etwas  weniger erfolgreich waren Stents bisher bei  arteriellen Eingriffen im Bereich der unteren  Extremitäten. Mit selbstexpandierbaren Nitinol-Stents konnte die Restenoserate zwar  deutlich gesenkt werden, bleibt aber mit  durchschnittlich knapp 40 % nach einem Jahr  immer noch hoch.2 Das Problem liegt in den  hohen Anforderungen an die Flexibilität des  Stents in dieser Region. Mittlerweile gibt es  erste positive Ergebnisse mit DES bei kürzeren  Läsionen (YUKON BTK, DESTINY).

Proliferationshemmung durch medikamentenbeschichtete Ballons: Seit einigen Jahren  bieten sich medikamentenbeschichtete Angioplastieballons  als therapeutische Alternative.  Mit ihnen können antiproliferativ wirksame  Substanzen kurzfristig auf die Arterienwand  aufgebracht werden, ohne die Nachteile der  Stents in Kauf nehmen zu müssen. Wie tierexperimentell  gezeigt, hemmt bereits die Applikation  von Paclitaxel für Sekunden bis zu  wenigen Minuten die Proliferation der glatten  Gefäßmuskelzelle. Mehrere randomisierten  Studien zum Effekt von Paclitaxel-freisetzenden  Ballons auf die Restenoserate bei peripherarterieller  PTA im Bereich der Beine (THUNDER,  FEMPAC, LEVANT 1) erbrachten einen signifikanten  Vorteil gegenüber der Angioplastie mit unbeschichteten Ballons und zumindest  vergleichbar gute Ergebnisse wie mit den  meisten Nitinol-Stents.3 So war beispielsweise  in der THUNDER-Studie bei Verwendung des  Paclitaxel-beschichteten Ballons nach 6 Monaten  nur bei 4 % der Patienten eine Reintervention  in der Femoropoplitealregion nötig, bei Verwendung  unbeschichteter Ballons immerhin  bei 37 %. Der Vorteil war auch nach 24 Monaten  deutlich (Reinterventionsrate 15 % vs.  52 %).4 Die FEMPAC-Studie bestätigte diese  guten Ergebnisse5, weitere Studien laufen.

1 Dormandy J.A. et al., J Vasc Surg 2000; 31:S1-S296
2 Schillinger M. et al., N Engl J Med 2006 May 4;  354 (18):1879-88
3 Zeller T. et al., J Cardiovasc Surg (Torino) 2011;  52 (2):235-43
4 Tepe G. et al., N Engl J Med 2008; 358 (7):689-99
5 Werk M. et al., Circulation 2008; 118 (13):1358-65

 

Interview

UNIVERSUM INNERE MEDIZIN: Welchen Stellenwert haben medikamentenbeschichtete Ballons für peripher-arterielle Eingriffe im Bereich der Beine derzeit?
Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Mlekusch:
Medikamentenbeschichtete Ballonkatheter sind schon seit einiger Zeit in der Routinebehandlung verfügbar. Davor hatte man bereits mit anderen Devices versucht, die überschießende Endothelreaktion auf einen Dehnungsreiz zu hemmen und so das Rezidiv zu verhindern. Brachy- und Teletherapie waren initial vielversprechend, verloren letztlich langfristig an Bedeutung, da die Stentmaterialien besser wurden. Auch die Studiendaten zu den ersten beschichteten Stents waren nicht so wie erhofft.
Nach meiner Einschätzung werden sich beschichtete Ballonkatheter und auch DES langfristig durchsetzen. Ballonkatheter alleine haben ein verglichen mit Stents etwas eingeschränktes Einsatzgebiet, da die primäre Ballonangioplastie mitunter auch zu flusslimitierenden Dissektionen führen kann, die in weiterer Folge ein so genanntes Bail-out- Stenting notwendig machen. Trotzdem wird ihr Stellenwert alleine auch zunehmen.

Wo sehen Sie die Indikation? Wie kosteneffektiv sind medikamentenbeschichtete Ballons?
Der medikamentenbeschichtete Ballonkatheter ist in der Primärbehandlung von De-novo-Läsionen nicht unbedingt erste Wahl. Eine sehr elegante Indikation ist die Behandlung einer In-Stent-Rezidivstenose. Meine Erfahrung zeigt, dass dem Patienten dadurch auch längerfristig geholfen werden kann.
Speziell bei längerstreckigen De-novo-Verschlüssen ist dies sicher kein First-Choice- Approach, da diese meist nur subintimal rekanalisiert werden können. Hier reicht der Ballon schlichtweg nicht aus, um ein ansprechendes angiographisches Ergebnis zu erzielen und eine Stentimplantation zu verhindern. In der richtigen Indikation sind diese Devices sehr kosteneffektiv. Beispielsweise können dadurch bei In-Stent-Rezidivstenosen häufig aufwändige Re-Prozeduren verhindert werden. Eine spannende Frage ist, ob DES einen Vorteil gegenüber der Hybrid-Prozedur mit Nitinol-Stent und medikamentenbeschichteten Ballons bringen, der den (noch) höheren Preis der DES rechtfertigt.
Die Bedeutung medikamentenbeschichteten Ballons wird zunehmen. Speziell dann, wenn die schon laufende Miniaturisierung voranschreitet.