Die periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK) ist eine objektiv zunehmende und auch subjektiv deutlicher wahrgenommene Erkrankung. Epidemiologische Daten zeigen, dass Menschen ab dem 65sten Lebensjahr zu mehr als 30 % daran erkranken, und mit zunehmendem Alter steigt die Prävalenz. Immer mehr PatientInnen zeigen auch typische Symptome, vor allem die Inzidenz der kritischen Extremitätenischämie nimmt enorm zu. Da die PatientInnen mit PAVK immer älter werden, wenn sie sich mit typischen Symptomen präsentieren, und immer mehr Komorbiditäten aufweisen, fand in den letzten Jahren eine deutliche Trendwende in der Therapie der peripheren Arterien statt. Ein Umkehrschwung von der offenen Chirurgie, in der Regel Bypasschirurgie, hin zur minimal invasiven endovaskulären Therapie. Hier fanden enorme Entwicklungsschritte statt, vor allem seit ca. 2009 mit dem Einzug medikamentenbeschichteter Therapieoptionen, wie sie in der koronaren Therapie schon längst Standard sind. Was muss jedoch beachtet werden? Es gibt keine „One size fits all“-Lösung. Die Therapieform richtet sich nach der Extremitätenregion.
Hier ist seit Jahren die primäre Stentimplantation mit ballonexpandierbaren Stents eine etablierte Therapie mit ausgezeichneten Langzeitergebnissen. Die Langzeitoffenheitsrate ist > 80 % und somit vergleichbar einer chirurgischen Sanierung, jedoch mit dem Vorteil einer geringeren Invasivität, geringeren Komplikationsrate und geringeren Mortalität.1
Im Bereich des femoropoplitealen Gefäßsegmentes gestaltet sich die Therapie schwieriger. Dies ist vor allem auf die spezifische Anatomie dieses Gefäßabschnittes zurückzuführen: extrem hohe Krafteinwirkung von außen durch Torquierungen, Kontraktionen und Bewegungseinflüsse. Aus diesem Grund möchte man hier so wenig „starres Metall“ (also Stents) wie möglich zurücklassen. Die reine Ballondilatation mit unbeschichteten Ballonkathetern, POBA („plain old balloon angioplasty”) genannt, ergibt wirklich schlechte Ergebnisse. Die 12-Monats-Offenheitsrate beträgt z. B. nur knapp > 50 %. Mit der additiven Implantation von unbeschichteten Stents (BMS, „bare metal stents“) kann diese auf ca. 70 % erhöht werden, es ergibt sich dadurch aber das Problem der schwer behandelbaren Instentrestenose, die in bis zu 40 % auftreten kann.
Trendwende durch Einsatz von DCB: Die ab 2009 gut überprüfte Therapieform der medikamentenbeschichteten Ballone (DCB, „drug-coated balloons“) genannt, brachte eine Trendwende. Und dies nicht nur in Form besserer Therapieergebnisse: Erstmals wurden auf dem Gebiet der peripheren Gefäßintervention die gleich gut aufgesetzten, randomisiert-kontrollierten Studien wie im koronaren Bereich durchgeführt. Die Ergebnisse waren überwältigend, mit 12-Monats-Offenheitsraten um die 90 % – und dies mit möglichst wenig Metall als additive Therapie.2 Die These von „leave nothing behind“ oder „as less metal as possible behind“ als Therapieform war richtungsweisend. Die Ballonkatheter in der Peripherie sind im Unterschied zum koronaren Einsatz mit Paclitaxel beschichtet. Die präklinischen Studien wiesen auch eine adäquate Sicherheit dieser Devices nach. Dies und die hohe Effizienz veränderten die Therapie im femoropoplitealen Gefäßsegment: adäquate Gefäßpräparation („vessel preparation“) mit guter, langer, langsamer Vordilatation mit einem unbeschichteten Ballonkatheter, Dilatation mit einem DCB und – falls nötig (bei Vorhandensein von flusslimitierenden Dissektionen und hochgradigen Reststenosen – Implantation eines unbeschichteten Stents in der kürzesten Ausführung („as short as possible“). Die femoropopliteale Bypassoperation sollte nur noch dann zur Anwendung kommen, wenn perkutane Verfahren scheitern bzw. eine autologe Bypassvene vorhanden ist.
Unbegründeter Verdacht auf höhere Mortalitätswahrscheinlichkeit: Eine publikumswirksame Metaanalyse, die von der Methodik her schlecht ist,3 brachte im Dezember 2018 für diese Therapieform einen enormen Rückschritt, vor allem, da der Autor eine erhöhte Mortalität nach einem längeren Beobachtungszeitraum > 2 Jahren in der Gruppe der PatientInnen sah, die mit paclitaxelbeschichteten Devices behandelt worden waren. Die FDA reagierte darauf und entschied schließlich in einem Panel im August 2019, dass Studien weitergeführt werden können und Vorsicht geboten ist, aber PatientInnen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer Reobstruktion von dieser Therapieform profitieren. Immer mehr Daten aus großen PatientInnendatensätzen, zuletzt eine Analyse aus der VOYAGER-Studie, ergaben keinen Hinweis auf einen Zusammenhang zwischen Mortalität und paclitaxelbeschichteten Devices – im Gegenteil, sie zeigten einen Vorteil nicht nur hinsichtlich Offenheit, sondern auch Mortalität. Die Meinung aller auf diesem Gebiet erfahrenen ExpertInnen richtet sich nach wie vor nach den durch die Studien erbrachten Erkenntnissen und folgt dem initial eingeschlagenen Weg.
Hier gibt es derzeit keine bessere Therapieform als Ballondilatation mit unbeschichteten Devices und, wenn nötig, Implantation eines unbeschichteten Stents so kurz wie möglich. Hier werden derzeit sehr viele innovative Therapieformen erprobt. Eine endgültige Empfehlung in die eine oder andere Richtung kann nicht getroffen werden. Allerdings steht fest, dass diese PatientInnen sicherlich die schlechtesten KandidatInnen für eine offene chirurgische Behandlung sind. PatientInnen mit Unterschenkelarterienobstruktionen weisen in der Regel (> 80 %) eine kritische Extremitätenischämie auf und sind daher vom Operationsrisiko aufgrund ihrer Komorbiditäten und der schlechten anatomischen Voraussetzungen am Unterschenkel/Fuß hierfür nur selten geeignet.
Zusammenfassend darf gesagt werden, dass die endovaskuläre Therapie der PAVK der unteren Extremitätenarterien heute der State of the Art ist, die offene Bypasschirurgie einen großen Stellenwert in speziellen Situationen hat und dies ein extrem innovatives Forschungsgebiet darstellt.