Ich freue mich dieses Jahr ganz besonders über die Beiträge im Focus Hämatologie. Sie stehen nämlich in der überwiegenden Zahl im Zeichen der Perspektive „Heilung“. Es wird im Focus eine Reihe von Erkrankungen angeführt, bei denen wir vor 10 bis 20 Jahren niemals Heilung erhoffen konnten. Dies trifft für die neuen Therapien bei CLL, weiters des multiplen Myeloms und der Hämophilie zu.
Schon lange kennen wir die Knochenmarktransplantation, um Patienten langfristig der Heilung zuzuführen. Frau Professor Greinix gibt uns einen Überblick, die Zahlen nahmen in den letzten Jahren eher zu, auch das Alter der Patienten nahm zu. Besonders deutlich war der Anstieg der allogenen Stammzelltransplantation bei Patienten mit akuten Leukämien, während durch die effektive Therapie die Zahl von Patienten mit chronisch myeloischer Leukämie abnahm. Wir haben durch diese Zahlen auch einen guten Gradmesser, bei welchen hämatologischen Erkrankungen wir die Stammzelltransplantation noch brauchen und bei welchen sie ihre Bedeutung verliert, weil wir – so wie bei der chronisch myeloischen Leukämie – andere effektive Therapien haben.
Für jede exakte Therapie ist eine exakte Diagnose notwendig – dies wird durch die atemberaubenden Fortschritte in der molekularen Diagnostik ermöglicht.
Immer noch kämpfen wir mit Thrombosen und Lungenembolien bei Tumorpatienten, und wir würden diese Patienten gerne schützen, doch die Voraussage für das zukünftige Auftreten ist nicht optimal. Der Vienna CATS Score bietet hier eine exaktere Voraussage. Wir müssen aber noch besser lernen, die neuen Antikoagulanzien gezielt einzusetzen.
Last, but not least: Seit 40 Jahren sagen wir: „In 20 Jahren werden wir die Hämophilie mit Gentherapie heilen können.“ Dieser Zeitraum hat sich in das „Jetzt“ verlagert. In Studien wurde gezeigt, dass Gentherapie Hämophilie komplett heilen kann – aber vielleicht ist das bei vielen Patienten gar nicht mehr nötig, weil wir eine bessere und einfacher anzuwendende Blutungsprophylaxe haben werden.
Ich bin gespannt, wie die Hämatologie in den nächsten 20 Jahren aussehen wird, die Aussichten sind jedenfalls vielversprechend.
Univ.-Prof. Dr. Ingrid Pabinger