… sind uns allen aus der klinischen Praxis bekannt. Liegt der INR-Wert unter dem therapeutischen Bereich, ist das Risiko für eine Thromboembolie erhöht. Liegt der INR-Wert erheblich über dem therapeutischen Bereich, dann führt das zu einem erhöhten Blutungsrisiko. Neuerdings wird empfohlen, Patienten mit schwankenden INR-Werten von den bisher verwendeten Vitamin-K-Antagonisten (VKA) auf die neuen oralen Antikoagulantien (NOAK) wie Dabigatran, Rivaroxaban oder Apixaban umzustellen. Bevor diese Empfehlung in die Praxis umgesetzt werden kann, sollten in jedem Einzelfall folgende Fragen beantwortet werden:
Ursachen schwankender INR-Werte: Änderungen des Gesundheitszustandes, der Ernährungsgewohnheiten und der Komedikation sind die häufigsten Ursachen für schwankende INR-Werte. Eine Verschlechterung der kognitiven Fähigkeiten oder der sozialen Versorgung kann zu einer Verschlechterung der Adhärenz bei der Medikamenteneinnahme und damit zu schwankenden INR-Werten führen. Eine Instabilität der INR-Werte ist demnach zumeist Indikator eines medizinischen oder sozialen Problems und sollte Anlass sein, die medizinische und psychosoziale Situation eines Patienten zu überprüfen, um festzustellen, ob und welcher Handlungsbedarf besteht. Eine Umstellung auf NOAK in einer solchen Situation würde das zugrunde liegende Problem nicht lösen.
Risken der Behandlung mit NOAK:
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass noch eine Reihe klinisch relevanter Fragen geklärt werden sollten, bevor NOAK zur Schlaganfallprophylaxe bei Patienten mit Vorhofflimmern eingesetzt werden. Darüber hinaus ist das Preis-Leistungs-Verhältnis der NOAK problematisch, denn die NOAK sind etwa 60-mal teurer als die VKA.
Gibt es Alternativen?: Es ist bekannt, dass es nationale Unterschiede in der Qualität der Behandlung mit VKA gibt.1 Vermutlich spielen nationale Unterschiede in der Organisierung des Gesundheitswesens dabei eine Rolle. Auch in den erwähnten NOAK-Studien waren die mit VKA behandelten Patienten nur 55–64 % der Zeit im therapeutischen Bereich. Es sind viele Maßnahmen bekannt, die zur Verbesserung der Qualität der INR-Einstellung betragen können: Aufklärung der Patienten und Intensivierung des Arzt-Patienten-Verhältnisses sind die wesentlichsten Faktoren. In einer Studie an der eigenen Abteilung haben wir folgende Faktoren als entscheidend für die Sicherheit in der Therapie mit VKA identifiziert: Aufmerksamkeit hinsichtlich potenzieller Blutungsquellen, Schmerztherapie unter Vermeidung nichtsteroidaler Antirheumatika und Beachtung potenziell interagierender Medikamente.2
Einen wichtigen Beitrag in dieser Hinsicht leisten die Schulungen im Zusammenhang mit der INR-Selbstkontrolle. Es wurde gezeigt, dass sowohl die Qualität der INR-Einstellung als auch die Lebensqualität älterer Menschen durch diese Maßnahmen verbessert werden können.3, 4 Bei Patienten, die selbst nicht mehr in der Lage sind, die INR-Selbstkontrolle vorzunehmen, konnte gezeigt werden, dass betreuende Angehörige oder Pflegepersonen, wenn sie entsprechend geschult werden, diese Aufgabe zufrieden stellend übernehmen können.
Die bisherigen Erfahrungen lassen erwarten, dass der finanzielle Aufwand für Teststreifen und Apparatur zur INR-Selbstkontrolle vermutlich geringer sein wird als die Therapie mit NOAK samt den vielen oben angeführten Unabwägbarkeiten.