RANKL-Blockade bei Brustkrebs

Brustkrebs ist auf Grund der hohen Inzidenz von Knochenmetastasen und über Therapie- induzierten Knochenverlust (CTIBL – Cancer Treatment-induced Bone Loss) eng mit dem Knochenstoffwechsel verbunden.1, 2 Der Knochenabbau wird über Osteoklasten vermittelt. Dabei handelt es sich um Zellen mononukleären Ursprungs, die auf die Resorption von Knochen spezialisiert sind. Differenzierung und Aktivierung von Osteoklasten wird durch Bindung des RANK-(Receptor Activator of Nuclear factor KappaB)-Liganden an RANK an der Oberfläche von Osteoklastenvorläufern indu – ziert und durch Osteoprotegerin (OPG) gehemmt.3, 4 Dadurch wird unter physiologischen Umständen ein Ausgleich zwischen Knochenab- und -aufbau sichergestellt. Darüber hinaus könnte der RANK-Signalübertragungsweg auch eine direkte Rolle bei der Entstehung von Brustkrebs selbst spielen.5, 6

Knochenmetastasen und CTIBL bei Brustkrebs: Knochenmetastasen treten bei rund 60 % aller Frauen mit fortgeschrittenem Brustkrebs auf.1 Daraus können gefürchtete Komplikationen wie Hyperkalziämie, Frakturen und eine Kompression des Myelons mit Querschnittsymptomatik resultieren.
Behandlungsstrategien für Knochenmetastasen umfassen lokale Interventionen (Operation, Strahlentherapie), die systemische Antitumortherapie sowie eine knochenspezifische Behandlung mit Bisphosphonaten oder Denosumab.
Knochenabbau resultiert jedoch nicht nur aus Knochenmetastasen. Unter physiologischen Bedingungen verliert eine postmenopausale Frau 1 % ihrer Gesamtknochenmasse pro Jahr.7 Durch Reduktion des Östrogenspiegels – beispielsweise durch die Therapie mit einem Aromatasehemmer – wird der jährliche Knochenverlust auf 2,6 % gesteigert, was letztlich zu einer höheren Frakturrate führt.8–10 Es konnte wiederholt gezeigt werden, dass das Ausmaß dieses Knochenverlustes durch Verabreichung von Bisphosphonaten reduziert werden kann.11

Rolle von RANK und RANK-Ligand bei Knochenmetastasen: Ein Zusammenspiel von Tumorzellen, Knochenmatrix und den Knochenzellen führt zu einem Teufelskreis des Knochenabbaus.12 Bei Brustkrebs induzieren Zytokine, die vom Tumor freigesetzt werden, die Sekretion des RANK-Liganden von Stromazellen und Osteoblasten.13–15 Dies führt zur Reifung von Osteoklasten, die durch den konsekutiven Knochenabbau ihrerseits Wachstumsfaktoren aus der Knochenmatrix freisetzen, was zur Proliferation von Tumorzellen beiträgt.16–18 Osteoprotegerin oder andere Inhibitoren des RANK-Liganden können diesen Teufelskreis unterbrechen, weshalb der humane monoklonale Antikörper Denosumab im klinischen Setting entwickelt wurde.19

Klinische Entwicklung von Denosumab: Nach erfolgversprechenden frühen Arbeiten wurde eine randomisierte Phase-II-Studie begonnen, bei der unterschiedliche Dosierungen von Denosumab gegen das Bisphosphonat Zoledronat getestet wurden. Dabei zeigte Denosumab 120 mg alle 4 Wochen s. c. den größten Effekt in Hinblick auf eine Reduktion der Knochenabbaumarker. 20 Diese Dosierung wurde daher in den folgenden Phase-III-Protokollen verwendet. 2.046 Bisphosphonat-naive Patientinnen mit Brustkrebs und Knochenmetastasen wurden zu Denosumab 120 mg s. c. oder Zoledronat 4 mg i. v. in 4-wöchentlichen Abständen randomisiert. Als primärer Studienendpunkt wurde die Nicht-Unterlegenheit von Denosumab in Hinblick auf den Zeitraum bis zum Auftreten des ersten Knochenereignisses (SRE – Skeletal- related Event; Hyperkalziämie, pathologische Fraktur, Indikation zu Operation oder Strahlentherapie) definiert. Test auf Überlegenheit von Denosumab war ein sekundärer Studienendpunkt. In der Denosumab-Gruppe zeigte sich eine signifikante Verlängerung des Zeitraums bis zum Auftreten eines Knochenereignisses (Hazard Ratio [HR] 0,82; 95%- KI 0,71–0,95; p < 0,001 Nicht-Unterlegenheit; p = 0,01 Überlegenheit).21
Schwere Nebenwirkungen (definiert als CTCAEGrad ≥ 3) waren zwischen den beiden Behandlungsgruppen vergleichbar und wurden meist durch die begleitende antitumorale Therapie ausgelöst. Wie erwartet wurden mehr Fälle von Fieber, Knochenschmerzen und Nierenschädigung in der Zoledronatgruppe beobachtet, dagegen zeigte sich in der Denosumabgruppe häufiger eine Hypokalziämie. Von besonderer Bedeutung ist, dass Osteonekrosen des Kiefers (ONJ – Osteonecrosis of the Jaw; definiert als offene Knochennekrosen, die für mindestens 8 Wochen bestehen22) in beiden Gruppen mit vergleichbarer Inzidenz auftraten. ONJ stellt eine relativ seltene, jedoch gefürchtete Nebenwirkung einer Bisphosphonattherapie dar. Initial bestand die Hoffnung, dass die Inzidenz unter Denosumab geringer sein könnte, was sich jedoch nicht bewahrheitete. Bekannte Risikofaktoren wie vorangegangene Zahnextraktionen oder schlechte Zahnhygiene war bei der Mehrheit der betroffenen Patientinnen erhebbar.
Aktuell werden Studien durchgeführt, die die Rolle von Denosumab zur Prävention des behandlungsinduziertem Knochenverlusts untersuchen, so auch die österreichische Studie ABCSG-18.

ZUSAMMENFASSUNG: Über viele Jahre stellten Bisphosphonate den Standard in der Therapie von Knochenmetastasen bei Patientinnen mit fortgeschrittenem Brustkrebs dar. Mit Denosumab steht nunmehr ein neues Medikament zur Verfügung, das auf Grund guter Wirksamkeit und Verträglichkeit eine viel versprechende Alternative darstellt.

 

1 Amir E. et al., Nat Rev Clin Oncol 2010; 7:187-188

2 Beleut M. et al., Proc Natl Acad Sci 2010; 107:2989-2994

3 Cartsos V.M. et al., J Am Dent Assoc 2008; 139:23-30

4 Chikatsu N. et al., Biochem Biophys Res Comm 2000; 267:632-637

5 Coleman R.E., Cancer Treat Rev 2001; 27:165-176

6 Eastell R. et al., J Bone Miner Res 2002; 21:1215-1223

7 Geusens P., Clin Interv Aging 2009; 4:241-250

8 Giuliano N. et al., Acta Biomed 2004; 75:143-152

9 Gnant M. et al., Lancet Oncol 2008; 9:840-849

10 Hauschka P.V. et al., J Biol Chem 1986; 261:12665-12674

11 Howell A. et al., Lancet 2005; 365:60-62

12 Kanis J.A. et al., Osteopros Int 1997;7 :390-406

13 Kitazawa S. and Kitazawa R., J Pathol 2002; 198:228-236

14 Lipton A. et al., J Clin Oncol 2007; 25:4431-4437

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16 Roodman G.D., N Engl J Med 2004; 350:1655-1664

17 Schramek D. et al., Nature 2010; 468:98-102

18 Steger G.G. and Bartsch R., Ther Adv Med Oncol 2011; 3:233-243

19 Stopeck A.T. et al., J Clin Oncol 2010; 28:5132-5139

20 Thomas R.J. et al., Endocrinology 1999; 140:4451-4458

21 Vega D. et al., J Clin Endocrinol Metab 2007; 92:4514-4521

22 Yin J.J. et al., Cell Res 2005; 15:57-62