Die Ergotherapie – abgeleitet vom Griechischen “ergein” (handeln, tätig sein) – geht davon aus, dass “tätig sein” ein menschliches Grundbedürfnis ist und dass gezielt eingesetzte Tätigkeit gesundheitsfördernde und therapeutische Wirkung hat. Deshalb unterstützt und begleitet Ergotherapie Menschen jeden Alters, die in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt oder von Einschränkung bedroht sind und/oder ihre Handlungsfähigkeit erweitern möchten (DACHS-Definition der Ergotherapie; http:// www.dachs.it/de/kap1.php). Ziel der Ergotherapie ist es, Menschen bei der Durchführung von für sie bedeutungsvollen Tätigkeiten in allen Lebensbereichen, wie z.B. Selbstversorgung, Produktivität, Freizeit und Erholung zu stärken. Durch Ergotherapie sollen Menschen ihre Teilhabe (Partizipation) an der Gesellschaft aufrechterhalten oder erweitern und ihre Lebensqualität verbessern können.
Auch die Forschung beschäftigt sich in diesem Bereich derzeit mit der Wechselwirkung zwischen Tätigkeit und Gesundheit und untersucht dabei, welchen Einfluss Tätigkeit auf Gesundheit hat. Dies kann mittels interessanter Konzepte erklärt werden, wie z.B. “Occupational Balance” – ein Konzept, das ausdrücken soll, dass ein ausgewogenes Verhältnis von verschiedenen Tätigkeiten und umweltbezogenen Anforderungen wichtig für die Gesundheit ist.1 Eine Person, die mit zu vielen Anforderungen der Umwelt konfrontiert ist, kann das als Überforderung und Stress erleben. Menschen mit chronischen Erkrankungen, z.B. rheumatologischen Erkrankungen, sind oft mit Funktionsverlusten bei alltäglichen Tätigkeiten (z.B. durch Schmerz, Steifigkeit, Müdigkeit, geringe Muskelkraft, verminderte Koordination) konfrontiert. Dadurch kann es zu Überforderung und Stress hinsichtlich Tätigkeiten und Alltagsfunktionen kommen. Daher werden in der Ergotherapie, deren zentrale Aufgabe die “Klientenversorgung” ist, Funktionsverluste und Umweltanforderungen gemeinsam mit der Patientin/dem Patienten erhoben und ein Therapieziel definiert. Dies ist zumeist eine Tätigkeit, die als Problem erlebt wird, aber als bedeutungsvoll erlebt wird.
Die Leistungen der Ergotherapie umfassen dann die ergotherapeutische Diagnostik und Intervention (Therapie, Beratung, weitere Maßnahmen), welche in der Rheumatologie meist im Rahmen von Akutbehandlung und Rehabilitation erbracht werden (DACHS-Definition). Erlebt eine Patientin mit rheumatischer Erkrankung Funktionsverluste im Alltag, so sollte sie zur Ergotherapie zugewiesen werden. Nach der ergotherapeutischen Befundung legt die Ergotherapeutin gemeinsam mit der Patientin ein Therapieziel fest, z.B. eine Aktivität, die die Patientin gerne machen möchte, bei der sie aufgrund von Gelenkschmerzen, Instabilität und Müdigkeit aber eingeschränkt ist. Dies könnte z.B. der Besuch im Fitnesscenter oder die Tätigkeit am Arbeitsplatz sein. Die Ergotherapeutin wird dann evidenzbasiert die Patientin hinsichtlich Strategien zum Umgang mit der krankheitsbezogenen Müdigkeit bei alltäglichen Tätigkeiten beraten. Sie wird außerdem die Patientin instruieren, wie sie gelenkschonend an den Übungsgeräten im Fitnesscenter trainieren kann und welche Prinzipien bei rheumatischen Erkrankungen beachtet werden sollten (z.B. die achsengerade Belastung der Gelenke).
Die Ergotherapeutin wird möglicherweise eine Schiene oder eine andere Stabilisierungsmaßnahme für die Handgelenke vorschlagen oder empfehlen und dann mit der Patientin gelenkschonende Tätigkeiten üben und entsprechende Hilfsgeräte/-mittel oder ergonomische Produkte vorschlagen.
Schienen oder andere Stabilisierungsmaßnahmen können bei Gelenkinstabilitäten und Deformitäten verwendet werden (Abb. 1 und 2). Außerdem wird die Ergotherapeutin diese Prinzipien auch auf den Arbeitsplatz beziehen. Eine ergonomische Gestaltung des Arbeitsplatzes sowie der Aktivitäten zur Selbstversorgung ist bei rheumatischen Erkrankungen essenziell.2 Die Ergotherapeutin wird mit der Patientin Strategien erarbeiten, wie der Arbeitslatz ergonomisch gestaltet werden kann und wie die erforderlichen Tätigkeiten gelenkschonend bewältigt werden können. Angepasste Funktionsübungen z.B. für die Hand können Funktionsverlusten vorbeugen (Abb. 3).
1 Stamm T.A. et al., OTJR: Occupation, participation and health 2008; 29:32-39
2 Steultjens E.M. et al., Arthritis Rheum 2002; 47:672-685