In der klinischen Praxis ist die Bildgebung neben dem Labor ein wesentliches Werkzeug des Rheumatologen sowohl zur primären Abklärung als auch zur Verlaufsbeurteilung.1 Die Vorteile des Ultraschall (US) sind seine gute Sensitivität mit ausgezeichneter Auflösung vor allem der neuen US-Geräte, die Sicherheit und Nichtinvasivität der Methode, fehlende Kontraindikationen und die relativ niederen Kosten und schnelle Verfügbarkeit im Vergleich zu anderen funktionellen Bildgebungsmethoden wie der Magnetresonanzuntersuchung (MR).
Neben der klassischen Projektionsradiografie geben die vorliegenden Studien heute je nach Indikation auch gute Werte für Sensitivität und Spezifität des US an.2
Der US wird zunehmend in der Rheumatologie eingesetzt – je nach Indikation sowohl für die diagnostische Abklärung als auch zur Verlaufsbeurteilung von Rheumapatienten. Die meisten Studien ergeben in Abhängigkeit von der untersuchten Region eine gute Inter- und Intraobserver-Vergleichbarkeit unter erfahrenen Sonografeuren, insbesondere für den Nachweis eines Gelenksergusses, von (Teno-)Synovitis, kortikalen Veränderungen, Bursitiden und PDUS-Signalen (Power-Doppler-Ultraschall) bei rheumatoider Arthritis (RA) und Psoriasis- Arthritis.
Je nach Sensitivität und Spezifität des US wird dieser bei definierten Indikationen eingesetzt. Eine Liste der wichtigsten Indikationen ist in der Tab. zusammengefasst. Typischerweise kann der US sowohl strukturelle Veränderungen als auch entzündungsbedingte Hyperämie nachweisen, bei ausgewählten Indikationen ergibt der US auch Befunde, die hochspezifisch für eine rheumatologische Erkrankung sind (wie z.B. bei der Gicht).
Tab.: Ausgewählte Indikationen für den rheumatologischen Ultraschall | |
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Muskuloskelettale Indikationen:
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Andere Indikationen:
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Rheumatoide Arthritis: Auch wenn Klassifikationskriterien nicht unmittelbar zur Diagnose von Patienten einzusetzen sind, so fällt auf, dass bereits die Autoren der ACR/EULAR-Klassifikationskriterien der RA aus dem Jahre 2010 auf den möglichen Einsatz des US zur Verbesserung der Diagnostik der RA hingewiesen haben.3 Eine rezente Studie zeigte für die Frühphase der Arthritis, dass mit Hilfe des US bei mehr Patienten eine Oligo- oder Polyarthritis statt einer Monarthritis nachweisbar waren und die Verwendung des US im Rahmen der ACR/EULAR-Kriterien 2010 18 Monate später die Zahl der RA-Patienten nach den ACR-Kriterien (1987) tatsächlich zunehmen ließ.4
Polymyalgia rheumatica: Bei den 2012 erschienenen provisorischen EULAR/ACR-Klassifikationskriterien für die Polymyalgia rheumatica (PMR) wurde der US bereits als zusätzliche Option auch prospektiv untersucht.5 In dieser Studie zeigte sich nur eine geringe Verbesserung der Spezifität der Kriterien von 78% auf 81%. Das hing vor allem damit zusammen, dass der US nicht zur eindeutigen Unterscheidung der PMR von der RA beitrug, auf jeden Fall konnte der US die PMR von anderen (Nicht-RA-)Erkrankungen und den gesunden Kontrollen unterscheiden.
Weitere Indikationen: Zu den Einsatzmöglichkeiten zur US-Untersuchung peripherer Gelenke zählen die Gicht und andere Kristallarthropathien. Die Anwendung des US in der Rheumatologie beschränkt sich jedoch nicht nur auf die Gelenke: Bei anderen rheumatologischen Krankheitsmanifestationen wie den Enthesitiden bei Spondyloarthritis (SpA), der Arteritis temporalis (Riesenzellarteritis), dem Sjögren-Syndrom oder der Poly-/Dermatomyositis gibt es ebenfalls typische US-Befunde, die zur Diagnose beitragen können.
Der US wird auch wegen seiner guten Sensitivität bezüglich Veränderungen des Entzündungsausmaßes im Verlauf rheumatischer Erkrankungen eingesetzt. Dies wurde vor allem für RA-Patienten unter Kortikosteroiden und unter TNF-α-Blockern gezeigt, wobei das komplette Verschwinden von entzündlichen US-Zeichen selten ist. Bei Psoriasis-Arthritis gilt dies auch für die kleinen Gelenke unter biologischer und nicht-biologischer Therapie, aber nicht unbedingt für Enthesitiden der unteren Extremitäten.
Insgesamt ist die Definition der Remission mittels US deshalb umstritten und wird krankheitsspezifisch in Langzeitstudien zu evaluieren sein. Auf jeden Fall ist zum Beispiel bekannt, dass RA-Patienten mit anhaltender klinischer Remission, aber zumindest einem Power-Doppler-Signal im 44-Gelenke-Status ein 12-fach erhöhtes Risiko für einen kurzfristigen Relaps haben.6 Hervorzuheben ist noch, dass eine schwere Entzündung in der US-Ausgangsuntersuchung tatsächlich mit dem Auftreten von Erosionen korreliert, die später im Röntgen, MR oder Computertomogramm (CT) nachgewiesen wurden.
Eine asymptomatische Sehnenbeteiligung bei SpA-Patienten korreliert nicht mit der SpA-Krankheitsaktivität, und somit bleibt die Relevanz dieser Befunde für die Verlaufsbeurteilung offen. Wichtig ist der US auch zum Nachweis von strukturellen Veränderungen (z.B. Erosionen bei der RA, Nachweis von Tophi bei Arthritis urica).
Einige Studien zeigen, dass der Einsatz des US bei Gewebepunktionen (Gelenk bzw. Muskeln) von Vorteil ist. US-gezielte Gelenkinjektionen ergeben eine verbesserte Präzision und eine bessere Erfolgsrate bei Aspiration von Gelenkflüssigkeit.2
Die technische Entwicklung führt zu ständigen Verbesserungen der Sensitivität des US. Insgesamt ist eine gute (meist teure) Ausrüstung mit einem linearen Hochfrequenzschallkopf (7,5-20 MHz) und sensitivem Power-Doppler zu empfehlen. Zuletzt verfügbare 18-MHz-Geräte bringen bei kleinen Gelenken eine beinahe 10-fach bessere Auflösung als das MR, und moderne PDUS- und CDUS-Techniken (Farb-Doppler-Ultraschall) können bereits kleine Blutvolumina bei langsamem Fluss in der Synovia nachweisen.
Dreidimensionale (3-D) US-Techniken, Bildfusion mit anderen Bildgebungstechniken (CT-, MR-Bilder) und die Real-Time-Sonoelastografie sind äußerst vielversprechend, wie zum Beispiel letztere zur Beurteilung der Speicheldrüsen beim Sjögren-Syndrom oder der Entzündung einer Achillessehne.
Die vorliegenden Studien zum rheumatologischen Ultraschall sprechen heute für breite klinische Einsatzmöglichkeiten dieser relativ kostengünstigen Methode ohne wesentliche Kontraindikationen. US-Befunde sind meist sehr sensitiv, zum Teil hoch spezifisch. Der US korreliert mit den klinischen Befunden zumindest bei der rheumatoiden Arthritis und kann dort auch zum Monitoring struktureller Schäden eingesetzt werden. Darüber hinaus bietet der US Zusatzinformationen bei extraartikulären rheumatologischen Manifestationen, auch wenn dafür deutlich weniger Daten vorliegen.
1 Dejaco C. et al., Radiologe 2012; 52:110-115
2 Schirmer M. et al., Nat Rev Rheumatol 2011; 7:479-488
3 Aletaha D. et al., Arthritis Rheum 2010; 62:2569-2581
4 Filer A. et al., Ann Rheum Dis 2011; 70:500-507
5 Dasgupta B. et al., Ann Rheum Dis 2012; 71:484-492
6 Scirè C. A. et al., Rheumatology (Oxford) 2009;48:1092-1097