Stellungnahme von Herrn Doz. Weiss

Der Aufforderung von Herrn o. Univ.-Prof. Dr. Günter Krejs folgend nehme ich zu einem Artikel von Herrn Dr. Lothar Fiedler in UNIVERSUM INNERE MEDIZIN 10/12 Stellung, in welchem – nicht zum ersten Mal – das Qualitätszertifikat für Vorsorgekoloskopie der ÖGGH kritisch beleuchtet und besonders die fehlende Kommunikation mit der Ärztekammer (ÄK) bemängelt wird.

Zu letzterem Vorwurf sei eine kurze Chronik der Ereignisse gestattet:
2005 wurde die Vorsorgekoloskopie in Österreich beschlossen. Hauptverband (HV), ÄK und ÖGGH haben in der Folge in mehreren Sitzungen gemeinsam Qualitätskriterien für österreichweite Durchführungsbestimmungen erarbeitet. Die entscheidende Schlussverhandlung fand ohne ÖGGH statt. Die unterschiedlichen Vorstellungen über eine adäquate Honorierung verhinderten die angestrebte österreichweite Lösung. In weiterer Folge wurden in jedem Bundesland eigene Verträge mit völlig unterschiedlichen Honoraren ausgehandelt; die ursprünglich gemeinsam erarbeiteten Qualitätsrichtlinien waren bis auf eine Ausnahme (Vorarlberg) kaum mehr ein Thema.
2007 trat der HV an die ÖGGH und die ÄK heran, um gemeinsam ein Qualitätszertifikat für die Vorsorgekoloskopie zu erarbeiten: An den ersten 7 Sitzungen hat also sehr wohl ein Funktionär der ÄK teilgenommen und mitgearbeitet und blieb erst ohne Begründung den abschließenden Besprechungen fern. Obwohl mir brieflich von den Doktoren Azem und Steinhart am 2. 2. 2007 mitgeteilt wurde, dass es gelungen sei, mit der Wiener Gebietskrankenkasse „ein Honorar zu vereinbaren, welches absolut die Anforderungen für einen kostendeckenden Tarif erfüllt“, wurde in weiterer Folge vonseiten der ÄK in zunehmendem Ausmaß gegen das Qualitätszertifikat (QZ) opponiert.
Einerseits wurde in der Österreichischen Ärztezeitung (ÖAZ) am 15. 7. 2007 die Meinung vertreten, dass die von der ÖGGH geforderte Qualität nur bei einem entsprechenden zusätzlichen Honorar geliefert werden könnte (G. Wawrowsky), andererseits wenig später im Kurier (7. 8. 2007) vom selben Autor festgestellt, dass in Österreich auch ohne QZ alle notwendigen Qualitätsvoraussetzungen erfüllt würden.
Schließlich wurden Fachgesellschaften (Chirurgie) und einzelne Bundesländer (z. B. Tirol) von der ÄK aufgefordert, am QZ nicht teilzunehmen.
Im Bestreben, diese missliche Situation zu bereinigen, habe ich am 22. 10. 2007 Herrn Dr. Wawrowsky und am 9. 7. 2008 Herrn Dr. Fiedler eingeladen, gemeinsam das Projekt einer qualitativ einwandfreien Vorsorgekoloskopie zu propagieren (Kopien beim Verfasser). Die Briefe blieben unbeantwortet, aber bei einem Treffen im September 2008 in Graz wurde ein „Stillhalteabkommen“ getroffen: Die ÄK beendet ihre Kampagne gegen das QZ und die ÖGGH kritisiert nicht länger das Vorgehen der ÄK.
Zu einem „Rückfall“ kam es in der ÖÄZ Nr. 7 vom 10. 4. 2011 in einem Interview mit den Doktoren Wawrowsky und Wechselberger: „HV und ÖGGH wollten ein QZ einführen, dieser Weg war nicht erfolgreich … die Koloskopie ist das letzte Gebiet, für das man eine Bundesqualitätsleitlinie benötigt … von einer Fachgesellschaft (ÖGGH) hätte man sich mehr Weitblick erwartet …“ Eine überaus maßvolle Entgegnung des damaligen Präsidenten der ÖGGH, Univ.-Prof. Dr. Peter Knoflach, wurde ignoriert und nicht veröffentlicht.

Lassen Sie mich abschließend und zusammenfassend den Standpunkt der ÖGGH präzisieren:

  1. Eine Zusammenarbeit mit der ÄK wurde – wie dargestellt – stets angestrebt, und das wird auch in Zukunft so sein.
  2. Adäquate Honorare wurden auch von der ÖGGH stets gefordert. Unsere Vorstellungen orientieren sich an Deutschland oder Vorarlberg.
  3. Das QZ ist eine – auch international – anerkannte Erfolgsgeschichte, die an anderer Stelle von M. Ferlitsch beleuchtet wird. Knapp 50 % aller endoskopierenden Ärzte (zumeist niedergelassene!) nehmen daran teil, sodass bislang 100.000 Untersuchungen ausgewertet werden konnten. Gemeinsam mit Deutschland und Polen konnten wir daher richtungsweisende Ergebnisse präsentieren.
  4. Niedergelassenen Ärzten galt und gilt unser besonderes Augenmerk. Sie sind prominent unter den Teilnehmern des QZ vertreten. Wir sollten allerdings gemeinsam daran arbeiten, dass Vorsorgekoloskopien in allen Bundesländern im nieder­gelassenen Bereich durchgeführt werden können (Oberösterreich)!
  5. Koloskopien sollten als Vorsorge oder konventionell bei Beschwerden hinsichtlich Honorierung und Qualitätskriterien gleichgestellt werden.
  6. Unser besonderer Dank gilt
    1. allen Teilnehmern am QZ
    2. dem HV, der die Kosten dafür übernimmt
    3. der Österreichischen Krebshilfe, die die dringend notwendige Propagierung in den Medien finanziell unglaublichgroßzügig und verdienstvoll trägt
    4. dem BM für Gesundheit, das unserem Projekt positiv gegenübersteht
    5. (und hoffentlich bald auch der ÄK, die als wichtiger Player nicht länger abseits stehen sollte!)