Die Synkope ist ein häufiges Symptom, in Europa machen Synkopen im Schnitt 1–6 % aller Aufnahmen an Notfallabteilungen aus, aber nur wenige Patienten werden diesbezüglich ausreichend und vor allem richtig abgeklärt. Man schätzt, dass in Europa rund 98.000 Patienten (= 27 %) mit einer Synkope ohne Diagnose bleiben. Synkopen sind problematisch, weil die Prognose bei kardial bedingten Synkopen besonders schlecht ist, es bei 30 % der Betroffenen zu leichten und bei 6 % zu schweren Verletzungen kommt, 60 % nicht mehr oder eingeschränkt ein KFZ lenken können und 70 % an Angstzuständen oder Depressionen leiden.1
Einerseits werden Synkopen oft nicht als solche erkannt bzw. von anderen Formen des plötzlichen Bewusstseinsverlustes abgegrenzt, andererseits schätzt man, dass nur rund 50 % der Patienten nach dem erstmaligen Auftreten überhaupt bei einem Arzt vorstellig werden. Nach einer erst vor kurzem publizierten, multizentrischen Studie mit 570 Patienten (an der auch acht österreichische Zentren beteiligt waren) mit rezidivierenden, unerklärten Synkopen hatten die Patienten im Schnitt 3 verschiedene Ärzte aufgesucht, darunter Kardiologen, Notfallmediziner, Internisten, Neurologen, Allgemeinmediziner (Abb. 1) und 13 diagnostische Tests ohne Ergebnis2 hinter sich. 70 % dieser Patienten wurden mindestens einmal aufgrund einer Synkope ins Krankenhaus eingewiesen, ein Drittel davon mit signifikantem Trauma. Ein anschließendes Langzeit-Rhythmusmonitoring mit einem implantierbaren Loop-Rekorder brachte jedoch bereits im ersten Jahr eine Diagnose bei 78 % der Patienten mit einem Rezidiv!
Es zeigte sich, dass die meisten dieser Tests nicht den aktuellen Guidelines entsprechen und dass ein kontinuierliches Rhythmusmonitoring mit einem ILR (gemäß Guidelines) im Laufe des diagnostischen Pfades erst viel zu spät zum Einsatz kommt.
Das Wissen – von der Definition bis zur Therapie der Synkope – sollte nicht nur Experten auf dem Gebiet der Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorbehalten sein, sondern auch von Allgemeinmedizinern, Internisten, Geriatern und Notfallmedizinern beherrscht werden.
Die Europäische Kardiologische Gesellschaft (ESC) hat erst im Jahr 2009 neue Richtlinien zur Diagnose und Therapie der Synkope publiziert.1 Im Unterschied zu den vorangehenden werden diese von den führenden europäischen und amerikanischen Gesellschaften unterschiedlichster Disziplinen (Kardiologie, Neurologie, Geriatrie) mitgetragen und unterstreichen somit die Tatsache, dass es sich bei diesen Richtlinien um einen weltweit akzeptierten interdisziplinären Standard handelt. Was aber sind die wichtigen Punkte, die jeder Arzt im Kopf haben sollte?
Die neuen Guidelines stützen sich im wesentlich auf drei Säulen:
Unter den kurzzeitigen Bewusstseinsverlusten sind Synkopen sicherlich die häufigste Ursache. Im klinischen Alltag kann es jedoch oft Schwierigkeiten bereiten, eine Synkope von einer anderen Bewusstseinsstörung abzugrenzen. Ein zentraler Punkt in den neuen Guidelines stellt die Definition der Synkope dar. Die Synkope ist ein
Damit ist die Synkope klar abgrenzbar von anderen Formen des nicht-traumatischen T-LOC ohne globale zerebrale Hypoperfusion (Epilepsie, psychogene Pseudosynkopen, Kataplexie, „Drop Attacks“, TIA) sowie von anderen Formen des LOC (Koma, überlebter plötzlicher Herztod, Apoplex) oder Zuständen ohne LOC (simple/komplexe Stürze, veränderte Bewusstseinslage). Somit erhält die Synkope einen klaren Platz im Kontext des T-LOC (Abb. 2).
Die Basisdiagnostik sollte 3 grundlegende Fragen beantworten:
Ein Muss ist dabei immer
Handelt es sich tatsächlich um eine Synkope, ist die zentrale Frage eine rasche Diagnose. Sehr hilfreich für das Vorgehen ist auch die Einteilung der Synkopen in nunmehr drei Gruppen: in kardiale Synkopen (inadäquate Pumpleistung), orthostatische Synkopen (inadäquate Blutdruckregulation oder Hypovolämie) und Reflexsynkopen. Besonders die sorgfältige Anamnese führt meist zur Diagnosestellung einer Synkope und kann in 50 % der Fälle bereits zur richtigen Unterklassifizierung führen.
Bleibt die Synkopenursache nach Basisdiagnostik unklar, sollte eine Risikostratifizierung durchgeführt werden, nach der die Dringlichkeit und das Ausmaß der weiterführenden Untersuchung festgelegt werden. Die Lebenserwartung nach Synkope hängt unmittelbar vom Vorhandensein oder Fehlen einer strukturellen Herzerkrankung ab. Bei Patienten mit einer schweren kardialen Grunderkrankung ist nach einer Synkope stets mit einer erhöhten Mortalität zu rechnen. Dabei kann die Synkope im Rahmen einer malignen Arrhythmie der Vorbote eines plötzlichen Herztodes sein. Patienten mit einem hohen Risiko (Tab.) erfordern daher eine sofortige stationäre Aufnahme und intensive Abklärung.
Bleibt die Ursache der Synkope weiter unklar, geht es im weiteren Verlauf darum, ein zugrunde liegendes kardiales Ereignis nachzuweisen oder auszuschließen. In den aktuellen ESC-Guidelines hat das kontinuierliche Monitoring mit dem implantierbaren Loop-Rekorder (ILR) (Abb. 4) eine deutliche Aufwertung erfahren. Bei wiederkehrenden Synkopen unklarer Ursache ist die Implantation eines ILR der Goldstandard und auch eindeutig die ökonomischste Form der Abklärung. Der Stellenwert des ILR im Rahmen des diagnostischen Abklärungsschemas ist aus Abb. 3 ersichtlich. Er ist bereits bei Niedrigrisikopatienten mit wiederkehrenden Synkopen frühzeitig indiziert (Klasse-I-Indikation) sowie bei Hochrisikopatienten, bei denen die Ursache nach ausführlicher Abklärung weiter unklar bleibt. Auch bei nicht-synkopalen T-LOC gewinnt der ILR immer mehr an Bedeutung; etwa kann es auch bei epileptischen Anfällen zu signifikanten Bradykardien und Asystolien kommen.
Implantiert wird das Gerät subkutan im Brustbereich und zeichnet dort automatisch jegliche Art von Arrhythmien auf. Bei einer aufgetretenen Synkope ist dann die Symptom-Rhythmus-Korrelation (EKG zum Zeitpunkt der Synkope) entscheidend.
Leider werden die Empfehlungen der ESC bezüglich des frühzeitigen Einsatzes des ILR immer noch viel zu wenig umgesetzt; in Österreich bei weniger als 50 % der Patienten mit einer eindeutigen Indikation. Damit liegt Österreich im EU-Vergleich deutlich hinter vielen anderen Ländern wie Deutschland, Holland oder Großbritannien.
Synkopen sind ein häufiges Symptom und in der klinischen Routine allgegenwärtig. Sie können die Lebensqualität verschlechtern, Verletzungen herbeiführen oder sogar Vorboten des plötzlichen Herztodes sein. Die Hälfte aller Patienten mit einer Synkope stellen sich aufgrund ihrer Beschwerden sowohl in hausärztlichen, internistischen, kardiologischen, neurologischen Praxen als auch in Krankenhausnotfallaufnahmen vor und werden oft nicht richtig abgeklärt. Das Wissen um die Basisdiagnostik ist entscheidend für die richtige Abklärung und sollte von jedem Arzt beherrscht werden. Insbesondere kann die sorgfältig durchgeführte Anamnese zusammen mit der klinischen Untersuchung und dem EKG zu einer schnellen und effektiven Abklärung der Ursache führen. Zusätzlich ist der Nachweis oder Ausschluss einer strukturellen Grunderkrankung von vitaler Bedeutung. Der implantierbare Loop-Rekorder ist der Goldstandard, um ein EKG zum Zeitpunkt eines Ereignisses aufzuzeichnen und sollte frühzeitig eingesetzt werden.
Hilfe für Patienten und Ärzte:
www.bewusstlosigkeit.de
www.escardio.org