Unter den Tachyarrhythmien liegen Vorhofflimmern (VHF; zunehmende Prävalenz mit dem Alter: 1 % in der Gesamtpopulation, 0,1 % bis 55 Jahre, 9 % über 80 Jahre)1 bzw. Vorhofflattern (VHFL) zahlenmäßig an erster Stelle, andere supraventrikuläre Tachykardien
(SVTs) wie AV-nodale Reentry-Tachykardien (AVNRTs) und Arrhythmien durch akzessorische Bahnen (z. B. WPW-Syndrom) werden im folgenden Artikel aufgrund ihrer Seltenheit beim alten Patienten nicht näher erläutert. Die bradykarden Rhythmusstörungen
werden vom Sick-Sinus-Syndrom (SSS), von bradykard übergeleitetem VHF und von AVBlockierungen jedweder Art dominiert, Mischformen (z. B. VHF vom Brady-Tachy-Typ) sind häufig zu finden und stellen teils komplexere Problemstellungen dar.
Im Unterschied zu jungen präsentiert sich bei älteren Patienten oftmals eine bunte Diagnosenvielfalt, zusammengesetzt aus teils wiederum für die Arrhythmien ursächlichen
kardiovaskulären Begleiterkrankungen wie arterieller Hypertonie, Diabetes mellitus, koronarer Herzerkrankung (KHK), Klappenvitien und begleitender Herzinsuffizienz, sowie eine daraus entstandene Polypharmazie, deren problematische Mischung oftmals durch direkte additive Wirkung oder begleitende Nebenwirkungen wie z. B. Elektrolytentgleisungen proarrhythmogen wirken kann.
Bei anamnestischem Verdacht auf eine Herzrhythmusstörung gilt es vor Planung des weiteren Prozedere eine eindeutige Diagnose zu stellen. Bei lang anhaltenden Arrhythmien gelingt meist die für den Rhythmologen sehr hilfreiche Aufzeichnung auf ein 12-Ableitungs-EKG, womit häufig nicht nur die Art, sondern auch die Lokalisation und Ausbreitungsrichtung der Arrhythmie bestimmt werden können. Bei seltenerem Auftreten muss eine Wahl zwischen kurzen Monitoringperioden (24–72-Stunden-Langzeit-EKG, LZ-EKG), längeren Holter-Methoden über 7–30 Tage (kaum verfügbar), transtelefonischem Monitoring, Eventrekordern, implantierbaren Looprekordern (Reveal XT®, Fa. Medtronik; Confirm®, St. Jude Medical) oder der Abfrage bereits implantierter Devices (Schrittmacher, ICD) getroffen werden. Im Falle belastungsinduzierter
Arrhythmien oder dem Verdacht auf eine chronotrope Inkompetenz (z. B. Herzschrittmacher mit unzureichender Aktivierung des Bewegungssensors) stellt die Fahrradergometrie die hilfreichste diagnostische Option dar. Richtungweisend sind zudem Familienanamnese, Begleiterkrankungen, Echokardiogramm und, insbesondere bei alten Patienten, die koronare Vorgeschichte (Mikrokalk-CT, Myokardszintigrafie, Koronarangiografie). Das Herz-MRT (Fragestellung nach arrhythmogener rechtsventrikulärer Dysplasie, Narben, Entzündungshinweisen oder Systemerkrankungen
unter Mitbeteiligung des Herzens, z. B. Amyloidose) kann wichtige Zusatzinformationen
liefern, die elektrophysiologische Untersuchung als rein diagnostisches Tool sowie genetische Testungen werden nur der Vollständigkeit halber erwähnt und haben im geriatrischen Setting nur wenig praktische Bedeutung.
In der Therapieplanung spielt die Symptomatik des Patienten eine entscheidende Rolle. So konnte bezüglich des VHF in großen Studien (AFFIRM2: 4.060 Patienten > 65 Jahre mit arterieller Hypertonie, KHK oder Herzinsuffizienz, AF-CHF3: 1.376 Patienten > 18 Jahre,
NYHA II–IV, LVEF < 35 %) gezeigt werden, dass – auf den harten Endpunkt Mortalität reduziert – kein Vorteil einer Rhythmuskontrolle (mit spezifischer antiarrhythmischer Medikation) gegenüber der reinen Frequenzkontrolle des Vorhofflimmerns (mit Betablockern) bestand. Dies hatte zur Folge, dass bei asymptomatischen bzw. oligosymptomatischen Patienten, insbesondere in der Altersgruppe > 65 Jahre, die Richtlinien zugunsten der Frequenzregularisierung abgeändert wurden. Auch die Empfehlungen zur Devicetherapie bei bradykarden Rhythmusstörungen beinhalten zumeist den Terminus „symptomatisch“. So stellt z. B. das asymptomatische Sick-Sinus-Syndrom (SSS) eine Klasse- III-C-Indikation (nicht empfohlen) und das SSS mit symptomatischen Bradykardien eine Klasse-I-C-Indikation (Empfehlung) zur Schrittmacherimplantation dar. Ein weiteres Augenmerk sollte auf die Begleiterkrankungen
des Patienten gelegt werden,da Faktoren wie eine strukturelle Herzerkrankung,
KHK und Herzinsuffizienz sowie die „Biovitalität“ des Patienten sowohl die Entscheidung
über die zukünftige Medikation als auch die Indikation zur Durchführung einer Ablationsbehandlung beeinflussen.
Bei VHF und VHFL muss zudem die Notwendigkeit einer oralen Antikoagulation (OAK) überprüft werden.
Die Therapie von VHF gestaltet sich entsprechend den Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie. Eine Entscheidung über die Notwendigkeit einer OAK incl. der
Abschätzung von Blutungsrisiken6 lässt sich mit Hilfe des CHA2DS2VAS-Scores (> Tab. 1) und HASBLED-Scores erleichtern, wobei bei „alten“ Patienten über 65 Jahre eine strenge Therapie nach diesen Leitlinien, beim multimorbiden und sehr betagten Patienten mit zurückliegenden Blutungen und hoher Sturzneigung eine individuelle Indikationsstellung erfolgen sollte. Die oben genannten Richtlinien beinhalten auch das Prozedere bei Patienten mit Notwendigkeit für eine Dual- oder Tripletherapie (OAK, ASS, Clopidogrel).
Frequenzkontrolle: Bei reiner Frequenzkontrolle des VHF6 kommen lang wirksame Betablocker und Kalziumantagonisten (Verapamil, Diltiazem) zum Einsatz. Bei Herzinsuffizienz sollte in erster Linie auf Betablocker, beim Vorliegen einer COPD vorrangig auf Ca-Antagonisten bzw. auf 1-selektive Betablocker zurückgegriffen werden.
Rhythmuskontrolle: Im Falle einer Rhythmuskontrolle des VHF6 steht beim gesunden
Herzen eine Vielzahl an Antiarrhythmika (Dronedaron, Propafenon, Flecainid, Sotalol), bei
isolierter Linksventrikelhypertrophie Dronedaron, beim Vorliegen einer KHK Dronedaron oder Sotalol sowie jeweils als Letztlinientherapie bei Therapieversagen und beim Vorliegen einer Herzinsuffizienz (in der Vergangenheit bzw. im Stadium NYHA III und IV) Amiodaron
zu Verfügung. Beim alten Patienten, insbesondere bei älteren Damen, sollte hierbei auf etwaige Verlängerungen der QTc-Zeit im EKG geachtet werden, routinemäßig empfiehlt sich zudem die Therapieüberwachung mittels LZEKG, um Therapieerfolg, durchschnittliche Herzfrequenzen sowie intrakardiale Leitungsverzögerungen (AV-Blockierungen, Pausen) überwachen zu können. Zusätzlich sollte eine so genannte präventive Upstream-Therapie4 zur Reduktion von neu auftretendem VHF
durchgeführt werden (ACE-Hemmer bzw. ATII-Rezeptorblocker bei Herzinsuffizienz oder
Hypertonus, Statin nach aortokoronarer Bypassoperation, die Rolle von Omega-3-Fett säuren5 ist diesbezüglich unklar). Digoxin6 hat laut europäischer Expertenübereinkunft keine Wirkung auf die Konversion von VHF, ebenso konnte kein Effekt auf die Herzfrequenz bei Patienten unter Anstrengung gezeigt werden. So sollte es aufgrund seiner proarrhythmogenen und potenziell toxischen Eigenschaften nur noch als Reservemedikament (z. B. für bettlägerige Patienten zur Frequenzregularisierung) eingesetzt werden.
Elektrische Kardioversion: Die elektrische Kardioversion steht als sicheres und nebenwirkungsarmes Tool zur Terminierung persistierender VHF- und VHFL-Episoden zur Verfügung, Ablationsbehandlungen beim VHF werden je nach Allgemeinzustand, Begleiterkrankungen und Leidensdruck bis etwa zum 75. Lebensjahr durchgeführt, beim typischen Vorhofflattern ist sie Therapie der ersten Wahl. Als Ultima Ratio bei therapierefraktärem VHF sollte zudem an die Option einer Behandlung nach dem „Pace & ablate“-Konzept mit Herzschrittmacherimplantation (häufig CRT-System) und
AV-Knoten-Totalablation gedacht werden. Im Falle gehäufter VES, die ab etwa einem
Anteil von 20 % an den gesamten QRS-Komplexen (LZ-EKG) die Entwicklung einer Herzinsuffizienz begünstigen können, werden medikamentös Betablocker und Kalziumantagonisten verwendet. Bei monotopem Ursprung der VES und auch bei ventrikulären Tachykardien steht wiederum die Möglichkeit einer Ablationsbehandlung zur Verfügung, die ebenso wie die spezifische medikamentöse Therapie an erfahrenen Zentren erfolgen sollte.
Bradykarde Rhythmusstörungen
Bei bradykarden Rhythmusstörungen steht zum Einen die Vermeidung bradykardisierender Substanzen, zum Anderen die Deviceimplantation7 im Vordergrund, wobei je nach zugrunde liegender Befundkonstellation vom erfahrenen Kardiologen die Indikation für ein Ein-, Zweikammer- oder biventrikuläres CRT-System
mit oder ohne Defibrillatorfunktion gestellt werden sollte. Insbesondere bei sehr alten
Patienten sollte hierbei gut zwischen dem möglichen Gewinn an Lebensqualität und der
potenziell erreichbaren Lebensverlängerung abgewogen werden. Hinsichtlich terminal kranker Patienten muss auch noch die „End of Life“-Therapie angesprochen werden, bei der vom betreuenden Arzt gemeinsam mit dem Patienten und dessen Angehörigen die Möglichkeit einer Device-Deaktivierung diskutiert werden sollte. Eine generelle Empfehlung zur Abschaltung eines Defibrillators bei solchen Patienten existiert nicht. Allerdings gilt zu
bedenken, dass Menschen, die am Ende ihres Lebens stehen, häufig an Erkrankungen
leiden (z. B. Sepsis, Hypoxie, Elektrolytentgleisungen, Herzinsuffizienz), die inadä –
quate Schockabgaben mit unnötigen Belastungen für den Erkrankten mit sich bringen
können.
1 Lin Y. Chen: Epidemiology of atrial fibrillation. Heart Rhythm 2007 March; 4 (3), Supplement
2 Wyse D.G. et al., N Engl J Med 2002; 347:1825-1833
3 Roy D. et al., N Engl J Med 2008; 358:2667-2677
4 Savelieva I. et al., Europace 2011; 13:610-25
5 Kowey P.R. et al., JAMA 2010; 304:2363-72
6 Task Force for the Management of Atrial Fibrillation,
European Heart Journal 2010; 31:2369-2429
7 Task Force for Cardiac Pacing and Cardiac Resynchronization, European Heart Journal 2007; 28:2256-2295