Glomerulonephritiden (GN) sind seltene und sehr heterogene, immunologisch mediierte Erkrankungen des Glomerulums (IMGP). Sie können nur histologisch diagnostiziert werden und erfordern deshalb eine Nierenbiopsie.
Klinisch kennzeichnen sich diese IMGP durch ein nephrotisches oder nephritisches Syndrom, sie können aber auch „subklinisch“ verlaufen, gekennzeichnet „nur“ durch ein Proteinurie und/oder Mikrohämaturie. Aufgrund des seltenen Auftretens und der Heterogenität werden diese Erkrankungen fast ausschließlich von Nephrologen in den Krankenhäusern behandelt.
In der Folge wird die Therapie der häufigsten Formen der IMGP (IgA-Glomerulonephritis, membranöse Glomerulopathie, Minimal-Change-Nephropathie und primäre fokal segmentale Glomerulosklerose) erläutert. Auf die Therapie der Erkrankungen des vaskulitischen Formenkreises (wie z. B. SLE und M. Wegener) wird nicht eingegangen.
Die Therapieempfehlungen basieren auf den im Mai 2012 publizierten KDIGO-Guidelines (Kidney Disease: Improving Global Outcomes) bzw. den Therapiestandards an der Medizinischen Universität Graz.
Die Therapie setzt sich aus einer supportiven Therapie und evtl. einer zusätzlichen immunsuppressiven Therapie zusammen. Der Therapieerfolg bei nephrotisch verlaufenden Erkrankungen (z. B. membranöse Glomerulopathie oder Minimal-Change-Nephropathie) wird wie folgt definiert:
Die supportive Therapie der IMGP beruht auf mehreren Säulen:
Die supportive Therapie soll immer parallel zu einer immunsuppressiven Therapie fortgeführt werden.
Vor Einleitung einer immunsuppressiven Therapie müssen sekundäre Ursachen für eine immunologisch mediierte Glomerulopathie ausgeschlossen werden. Dies betrifft vor allem die membranöse Glomerulopathie und die membranoproliferativen Glomerulonephritiden, welche mit Malignomen und viralen Infektionen (Hepatitis B und C) assoziiert sind. Bei solchen Erkrankungen muss primär die Grunderkrankung behandelt werden. Auch muss man sich bewusst sein, dass vor Einleitung einer immunsuppressiven Therapie (vor allem wenn Cyclophosphamid verwendet wird) auf Anzeichen für Infektherde (z. B. im Zahnbereich), einer chronischen Hepatitis bzw. für Malignome geachtet werden muss. Die Art der Immunsuppression ist abhängig von der Art der IMGP.
IgA-Glomerulonephritis (IgA-GN): Die IgA-GN ist eine sehr heterogen verlaufende Erkrankung, welche nicht immer einer immunsuppressiven Therapie bedarf. Die Indikation für eine immunsuppressive Therapie besteht bei einem nephrotischen Syndrom, bei rapid progredienter Verlaufsform (rascher Anstieg des Serum-Kreatinins), fehlendem Erreichen einer Proteinurie 10 %/Jahr.
Bei chronischem Verlauf der Erkrankung ist bei einer eGFR < 40 ml/min eine immunsuppressive Therapie meist nicht mehr sinnvoll.
Die Basis der immunsuppressiven Therapie stellen Steroide dar, welche über 6 Monate hoch dosiert verabreicht werden müssen (Therapieschema nach Pozzi C. [Lancet 1999] oder Manno C. [Nephrol Dial Transplantation 2009]). Alternative Immunsuppressiva wie Mycophenolsäure, Azathioprin oder Calcineurininhibitoren haben sich als wenig wirksam erwiesen. In einigen Studien hat Fischöl den Verlauf der Erkrankung positiv beeinflusst und kann deshalb auch empfohlen werden.
Membranöse Glomerulopathie: Bei der membranösen Glomerulopathie besteht eine sehr hohe Spontanremissionsrate (bis zu 40 % in 2 Jahren nach Diagnose), aber auch schwere Komplikationen vor allem bei ausgeprägter Proteinurie (z. B. venöse Thrombosen) können auftreten. Bei einem S-Albumin < 2,0 g/dl sollte deshalb eine orale Antikoagulation erfolgen.
Eine Indikation für eine sofortige immunsuppressive Therapie besteht bei schweren und lebensgefährlichen Nebenwirkungen des nephrotischen Syndroms. In allen anderen Fällen sollte eine 6–12-monatige supportive Therapie erfolgen. Wenn die Proteinurie nach 6 Monaten nicht 50 % des Ausgangswerts) abfällt, besteht ebenso die Indikation zur immunsuppressiven Therapie wie bei einem Kreatininanstieg um > 30 % innerhalb von 6–12 Monaten. In allen Fällen muss vor Therapiebeginn ein Malignom ausgeschlossen werden und die eGFR sollte > 30 ml/min betragen.
Zur Therapie können Cyclosporin- oder Cyclophosphamid-basierte Schemata verwendet werden.
Das Cyclosporin-Schema nach Cattran (Kidney Int 2001) wird in Kombination mit niedrig dosierten Steroiden und über 12 Monate verabreicht. Leider sind unter dieser Therapie häufiger Rezidive zu sehen, welche durch eine längere Verabreichung von Cyclosporin reduziert werden können. Alternativ gibt es auch ein steroidfreies Schema mit Tacrolimus (Praga M., Kidney Int 2007). Wenn eine Cyclophosphamid-basierte Therapie angewendet werden muss, so sollte dies nach dem Schema von Ponticelli C. (J Am Soc Nephrol 1998) erfolgen.
Bei unzureichendem Ansprechen kann die Cyclosporin- durch eine Cyclophosphamidtherapie und umgekehrt ausgetauscht werden. Bei therapierefraktären Formen gibt es bereits einzelne Publikationen, welche die erfolgreiche Therapie mit Rituximab beschreiben (Fevenza F. C., CJASN 2010).
Eine Steroid-Monotherapie ist bei dieser Erkrankung wirkungslos und darf deshalb nicht eingesetzt werden.
Minimal Change Nephropathy (MCN): Obwohl die MCN typischerweise eher im Kindesalter auftritt, ist sie auch bei Erwachsenen zu beobachten. Auch hier müssen sekundäre Ursachen (v. a. Medikamente wie NSAR oder hämatologische Neoplasien) ausgeschlossen werden. Im Gegensatz zu den anderen IMGP ist beim ersten Auftreten dieser Erkrankung eine supportive Therapie nicht unbedingt erforderlich. Die Basistherapie besteht in einer Immunsuppression mit Steroiden (Prednisolon 1 mg/kg/d), welche für mind. 4 jedoch max. 16 Wochen verabreicht wird (Waldman M., CJASN 2007). Nach dem Eintreten einer Remission soll die Steroidtherapie über 24 Wochen ausgeschlichen werden. Bei fehlendem Therapieansprechen oder häufigen Rezidiven der Erkrankung wird die Steroidtherapie durch Cyclophosphamid (Mak S. K., Nephrol Dial Transplantation 1996), oder häufiger mit Cyclosporin (Equchi A., Nephrol Dial Transpl 2010) ergänzt.
Primäre fokal segmentale Glomerulosklerose (pFSGS): Bei der FSGS unterscheidet der Pathologe verschiedene Subtypen (wie z. B. „collapsing“ FSGS), welche auf unterschiedliche Ätiologien hindeuten könnten (z. B. HIV-Infektion bei „collapsing“ FSGS). Von den primären Formen der FSGS müssen die sekundären Formen unterschieden werden, die häufiger auftreten und keiner Immunsuppression bedürfen. Eine sekundäre FSGS entsteht durch unterschiedliche glomeruläre Schädigungen wie z. B. bei glomerulärer Hyperfiltration (z. B. durch Adipositas) oder medikamentös-toxisch z. B. nach Bisphosphonatgabe oder Anabolikamissbrauch. Diese sollten ausschließlich mit supportiven Maßnahmen behandelt werden.
Die immunsuppressive Therapie der primären FSGS ist ähnlich jener bei der Minimal-Change-Nephropathie und ausschließlich den idiopathischen Formen mit klinisch bestehendem nephrotischen Syndrom vorbehalten. Die Immunsuppression wird mit Steroiden (Prednisolon 1 mg/kg/d), welche für mind. 4, jedoch max. 16 Wochen verabreicht werden, durchgeführt. Nach Erreichen der Remission muss die Therapie über ca. 16 Wochen ausgeschlichen werden. Bei Steroidresistenz (kein Ansprechen auf Steroid nach 16 Wochen) oder Steroidabhängigkeit bzw. häufigen Rezidiven erfolgt die Immunsuppression mit Cyclosporin nach dem Schema nach Cattran (Kidney Int 1999). Neben Cyclosporin sind auch Therapieerfolge mit Tacrolimus und Mycophenolat in der Literatur beschrieben (Segarra, NDT 2002; Gipson D. S., Kidney Int 2011).
Je nach Art der immunsuppressiven Therapie erfordert diese eine Begleittherapie: Trotz fehlender Evidenz empfiehlt sich die Verabreichung eines Protonenpumpeninhibitors ebenso wie eine Osteoporoseprophylaxe mit Kalzium und Vitamin D, falls Steroide in hoher Dosis eingesetzt werden.
Eine Cyclophosphamidtherapie erfordert eine Pneumocystis-Prophylaxe.
ZUSAMMENFASSUNG: Immunologisch mediierte Glomerulopathien sind insgesamt seltene Erkrankungen, weshalb diese hauptsächlich in nephrologischen Zentren behandelt werden. Immunsuppressive Therapien sind zum Teil notwendig, um diese Erkrankungen in eine Remission zu bringen. Die gemeinsame Therapie durch Internisten und Nephrologen ist vor allem für jene Patienten, welche weit von einem Zentrum entfernt wohnen, von großer Bedeutung. Weiters ist der Internist oft auch mit den möglichen Komplikationen der Therapie wie z. B. opportunistischen Infekten konfrontiert.