Der Standard in der VTE-Therapie ist eine initiale parenterale Therapie mit niedermolekularen Heparinen gefolgt von einer Langzeitbehandlung mit Vitamin-K-Antagonisten (VKA) für mindestens 3 Monate (> Abb.). Die Behandlung mit VKA ist insbesondere beim Tumorpatienten in einer palliativen Situation mit verschiedenen Problemen verbunden. Tumorpatienten unter VKA-Therapie haben ein substantielles Risiko für Rezidiv- VTE und Blutungen (etwa 3-fach erhöht im Vergleich zu Patienten ohne maligne Erkrankung). Medikamenteninteraktionen, Vomitus, Malnutrition und hepatische Dysfunktion können darüber hinaus zu unvorhersagbaren INR-Werten führen. Tumorpatienten müssen sich häufiger invasiven Prozeduren (z. B. Punktionen oder Drainagen von malignen Ergüssen) unterziehen, für jeden dieser Eingriffe müsste die Therapie mit VKA jeweils unterbrochen werden und ein „Bridging“ mit niedermolekularen Heparinen (NMH) durchgeführt werden. Die bekannten Nachteile der VKA-Therapie in der täglichen Praxis stehen also beim Tumorpatienten noch mehr im Vordergrund. Neben diesen praktischen Aspekten sprechen auch kontrollierte, randomisierte Studien bei Tumorpatienten mit VTE klar für NMH. Das Risiko für eine Rezidiv-VTE beim Karzinompatienten unter NMH ist im Vergleich zu einer Behandlung mit einem VKA etwa halbiert, trotz dieser höheren Wirksamkeit sind NMH im Vergleich zu VKA nicht mit einer höheren Blutungsrate verbunden. In der täglichen Praxis lehnt man sich an klinische Studien an, die volle therapeutische Dosis eines NMH wird für 4 Wochen verordnet, anschließend reduziert man die Dosis auf etwa 75 % der Initialdosis, wobei spätestens ab diesem Zeitpunkt die 1-malige tägliche Applikation des NMH verwendet werden sollte (> Abb.). Insgesamt beträgt die Therapiedauer 3–6 Monate, darüber hinaus wurde dieses therapeutische Regime strenggenommen nicht untersucht. Trotzdem ist bei aktiver Malignomerkrankung eine Fortsetzung der Therapie mit NMH sinnvoll, bis eine Kontraindikation (z. B. sehr hohes Blutungsrisiko) gegen die Antikoagulation besteht, bei einigen Patienten also bis zum Tode. Natürlich sollte man unter der Langzeittherapie mit NMH die Thrombozytenzahl, aber auch die Nierenfunktion kontrollieren, insbesondere in klinischen Situationen, wo mit einer Veränderung dieser Parameter zu rechnen ist (z. B. bei chemotherapieassoziierter Panzytopenie, Diarrhö oder klinischen Hinweisen auf eine Nierenfunktionsverschlechterung). Sollte die parenterale subkutane Applikation für den Patienten eine zu hohe Belastung darstellen, kann natürlich auch der Therapiestandard bei VTE bei Patienten ohne maligne Erkrankungen, nämlich eine orale AK-Therapie mit VKA verwendet werden. Eine besondere Situation stellt die TVT der oberen Extremität dar, die sich bei Tumorpatienten häufig als katheterassoziierte Thrombose bei liegendem Port-a-Cath- System manifestiert. Neben dem liegenden zentralvenösen Katheter begünstigen interkurrente Infektionen, Chemotherapien und die Tumorerkrankung selbst die Entwicklung einer solchen Thrombose. In der Behandlung lehnt man sich an die Behandlung einer TVT der unteren Extremität an, beim Tumorpatienten wird daher meist eine Langzeittherapie mit NMH für mindestens 3 Monate durchgeführt. Sofern der liegende Katheter funktioniert und keine Katheterinfektion vorliegt, kann der Katheter belassen und weiter verwendet werden. Bei einer Katheterinfektion sollte der Katheter unter laufender Antikoagulation entfernt werden. Bei thrombotischen Verschlüssen des Port-a-Cath-Systems kann die Durchgängigkeit in vielen Fällen durch lokale Applikation von Thrombolytika (z. B. 10 mg r-TPA) wiederhergestellt werden.
AUSBLICK: Neue orale Antikoagulantien wurden in der Behandlung der VTE nicht in größeren randomisierten, kontrollierten klinischen Studien bei Tumorpatienten untersucht, in den vorliegenden Studien mit Dabigatran und Rivaroxaban war die Anzahl der Tumorpatienten relativ gering, sodass eine halbwegs aussagekräftige Subgruppenanalyse nicht möglich war. Ein routinemäßiger Einsatz dieser Substanzen bei Patienten mit VTE und malignen Erkrankungen erscheint daher nicht gerechtfertigt. Das ultraniedermolekulare Heparin Semuloparin wurde in der SAVE-ONCO-Studie in der Primärprävention von VTE bei onkologischen Patienten, die eine Chemotherapie erhalten, untersucht. Diese Substanz führte zu einer signifikanten Reduktion von thromboembolischen Ereignissen ohne relevante Erhöhung der Blutungsrate. Daten zur Behandlung von tumorassoziierter VTE liegen für Semuloparin nicht vor.
FACT-BOX