Ultraschalldiagnostik beim kardiopulmonalen Notfall


In der Notfallmedizin wurde in den letzten Jahren durch zahlreichen Arbeiten und mehrere internationale Konsensuskonferenzen das Potenzial der Notfallsonografie („Point of Care“-Ultraschall) aufgezeigt. Diese Entwicklung wird durch die Einführung portabler Ultraschallgeräte begünstigt. Unmittelbar nach oder auch im Rahmen der klinischen Untersuchung können etliche lebensbedrohliche Krankheitsbilder rasch nachgewiesen bzw. ausgeschlossen werden. Dabei geht man über die reine Organsonografie hinaus und versucht durch verschiedene zusätzliche Zugänge (fokussierte Echokardiografie, Lungensonografie und Darstellung wichtiger Gefäße), eine genaue differenzialdiagnostische Zuordnung zu erreichen.


Lungenödem – interstitielles Syndrom

Bei kardialer Stauung wird vermehrt Flüssigkeit im Lungeninterstitium eingelagert. Dadurch entsteht eine besondere Form von Kometenschweifartefakten, die B-Linien („sound of lung water“).

B-Linien sind definiert als laserähnliche echogene Artefakte, die direkt von der viszeralen Pleura ausgehen, sich atemabhängig bewegen und bis an den Unterrand des Bildschirms reichen. Untersucht wird primär vorne im Oberlappen beidseitig, idealerweise auch lateral und basal, also insgesamt 8 Quadranten. Für die Diagnose eines Lungenödems werden 3 oder mehr B-Linien in einem interkostalen Längsschnitt gefordert. Es werden Schallfrequenzen von 3,5–5 MHz verwendet, ideal mit einer Mikrokonvexsonde.
Vermehrte B-Linien, als diffuses interstitielles Syndrom bezeichnet, finden sich nicht nur bei Linksherzinsuffizienz, sondern auch bei anderen Formen der Überwässerung wie bei der Höhenkrankheit, der Urämie und beim ARDS. Bei letzterem soll die Verteilung der B-Linien inhomogen sein. Bei hochgradiger Atemnot kann durch die Darstellung des diffusen interstitiellen Syndroms auch bei Polymorbiden zwischen einem Lungenödem und der Exazerbation einer COPD unterschieden werden, indem letztere eben kein interstitielles Syndrom zeigt.

Blick auf linken Ventrikel: Liegt ein Lungenödem vor, wird durch fokussierte Echokardiografie der linke Ventrikel beurteilt: eine ­visuelle Beurteilung der Größe und der ­Kontraktilität. Leicht ist zu sehen, ob ein ­hämodynamisch wirksamer Perikarderguss (Abb. 1) besteht.

 

 

Pneumothorax

Die Untersuchung erfolgt beim liegenden Patienten zunächst im 3. Interkostalraum in der Medioklavikularlinie, stets im Seitenvergleich. Sonomorphologische Kriterien eines Pneumothorax sind das fehlende Lungengleiten, der Nachweis des Lungenpunktes, fehlende vertikale Kometenschweifartefakte (B-Linien), fehlender Lungenpuls sowie vermehrte horizontale Wiederholungsechos. Der Nachweis des Lungenpunktes erlaubt eine vorsichtige Abschätzung des Ausmaßes eines Pneumothorax. Die Sonografie zeigt zum Nachweis und zum Ausschluss eines Pneumothorax eine sehr hohe Treffsicherheit und ist dem Thoraxröntgen in dieser Frage deutlich überlegen.

Pleuraerguss

Voluminöse Pleuraergüsse führen durch Kompression von Lungengewebe zu Dyspnoe. Besteht eine kardiopulmonale Vorerkrankung, können auch mäßige Ergussbildungen zu Atemnot führen.
Bei einer Dämpfung in der Perkussion lässt sich das Ausmaß eines Pleuraergusses sonografisch gut darstellen und das Ergussvolumen abschätzen. Im Einklang mit dem klinischen Bild kann man einfach und rasch die Indikation zur Entlastungspunktion stellen.

Ursachendifferenzierung im Echo: Der kardiale Stauungserguss ist in aller Regel echolos. Beim Hämatothorax zeigen sich oft feine Binnenechos, die sich mit der Atmung und dem Herzschlag bewegen. Binnenechos können aber auch bei eiweißreichen Ergüssen bestehen sowie beim Chylothorax. Septierungen, Trossen und Fibrinfäden weisen eher auf ein entzündliches Geschehen, können aber auch bei malignen Ergüssen vorkommen. Für maligne Ergüsse sind Knotenbildungen sehr typisch. Bei gekammerten Ergüssen ist die gezielte Punktion einzelner Ergusskammern Erfolg versprechend. Der sogenannte weiße Hemithorax im Röntgen ist eine klassische Indikation zur sofortigen Ultraschalluntersuchung: was ist flüssig, was solide?

 

 

Lungenembolie

Die Lungenembolie stellt immer noch die häufigste klinisch nicht diagnostizierte Todesursache dar, weil die Symptome zunächst oft mild und sehr unspezifisch sind. Deshalb wird oft nicht oder zu spät daran gedacht. Die D-Dimere sind beim stationären Patienten unspezifisch. Negative D-Dimere schließen auch beim ambulanten Patienten eine Lungenembolie nicht mit letzter Sicherheit aus.

Sonografische Zugänge: Beim hämodynamisch instabilen Patienten ist echokardiografisch eine Rechtsherzbelastung zu detektieren bzw. auszuschließen (Rechtsherzdilatation, paradoxe Septumbewegung, Hypokontraktilität der freien rechtsventrikulären Wand). Besteht weiterhin klinischer Verdacht auf Lungenembolie, ist auch ohne Beinschwellung eine 2-Punkt-Kompressionssonografie der Vv. femorales und der Vv. popliteae durchzuführen. Steht Atemnot im Vordergrund, ist die Lungensonografie meistens zielführend, zumal der Patient oft auf die Region hinweisen kann.

Volumenstatus

Die Darstellung des Füllungszustandes und der atemabhängigen Kaliberschwankungen der Vena cava inferior gibt einen wichtigen Hinweis auf den Volumenstatus. Unter sonografischer Führung gelingen Gefäßzugänge besser.

FAZIT: Die Notfallsonografie wird zunehmend in die klinische Erstuntersuchung integriert, da sie die klinische Erstdiagnose oft erhärtet, manchmal auch revidiert und im Notfall rechtzeitig zur entsprechenden Therapie führt. Deshalb sollte die Notfallsonografie möglichst früh in der Ausbildung erlernt werden.