Vaskulitiden sind entzündliche Gefäßerkrankungen meist autoimmuner Genese. Die Einteilung erfolgt häufig anhand der derzeit gültigen Chapel-Hill-Klassifikation (Tab.).1 Für viele Vaskulitiden liegen derzeit neue diagnostische und therapeutische Ansätze vor.
Im Bereich der Großgefäßvaskulitiden wurden aktuelle Empfehlungen von der EULAR sowohl zur bildgebenden Diagnostik als auch zur Therapie herausgegeben.2–3 In der Diagnostik der kraniellen Riesenzellarteriitis (RZA) bzw. Arteriitis temporalis sollte bei Verdacht primär eine Ultraschalluntersuchung der Temporalarterien und ggf. auch der Axillararterien durchgeführt werden, sofern die Expertise des Untersuchers gegeben ist. Ein Halo-Zeichen bzw. Intimaödem wäre typisch für das Vorliegen einer RZA. Eine Temporalarterienbiopsie sollte hingegen zum Einsatz kommen, wenn der Ultraschallbefund inkonklusiv ist oder ein Ultraschall nicht verfügbar wäre. Als mögliche alternative Bildgebung zum Ultraschall käme ein hochauflösendes MRT der oberflächlichen Schädelarterien in Frage, das vergleichbare Sensitivität und Spezifität zum Ultraschall aufweist.2 Während die CT-Angiografie und PET-Untersuchung in der Diagnostik der isoliert kraniellen RZA eine untergeordnete Rolle spielen, sind jene Bildgebungen zusammen mit der MR-Angiografie zur Abklärung einer extrakraniellen RZA sowie auch einer Takayasu-Arteriitis (TAK) gut geeignet, vor allem zur Abklärung einer aortalen Beteiligung. Im Vergleich zur neuaufgetretenen, akuten Großgefäßvaskulitis existieren für das Monitoring weniger diagnostische Empfehlungen. Laut den EULAR-Empfehlungen wird bei Patienten in klinischer und laborchemischer Remission keine Bildgebung routinemäßig empfohlen, während bei einem Verdacht auf ein Rezidiv bildgebende Methoden zum Einsatz kommen können.
Zur Therapie der RZA und TAK wurde jeweils ein Algorithmus von der EULAR publiziert.3 Unverändert sollte bei Augenbeteiligung im Rahmen der RZA eine intravenöse Hochdosis-Kortisontherapie von 250–1.000 mg über 3 Tage gefolgt von einer peroralen Kortisontherapie von 40–60 mg täglich eingeleitet werden. Bei fehlender Augenbeteiligung einer RZA sollte initial mit einer peroralen Kortisontherapie von 40–60 mg begonnen werden, gefolgt von einer schrittweisen Reduktion des Kortisons auf 15–20 mg täglich nach 2–3 Monaten sowie ≤ 5 mg täglich nach einem Jahr. Bei der TAK sollte bereits initial neben einer peroralen Kortisontherapie von 40–60 mg täglich eine Therapie mit Antirheumatika (Disease-modifying antirheumatic Drug, DMARD), z. B. mit Methotrexat oder Azathioprin, eingeleitet werden, gefolgt von einer Kortisonreduktion auf 15–20 mg täglich nach 2–3 Monaten und ≤ 10 mg nach einem Jahr. Im Falle eines Rezidivs wird für die RZA neben einer Kortisonsteigerung die additive Gabe von Methotrexat bzw. Tocilizumab empfohlen. Bei einem Rezidiv der TAK kann Tocilizumab oder ein TNF-α-Inhibitor erwogen werden. Weitere Therapieansätze in der Behandlung der Großgefäßvaskulitiden umfassen Abatacept und Ustekinumab. Während Abatecept zu geringeren Relapseraten bei der RZA führen konnte, war dies bei der TAK nicht der Fall. Ustekinumab hatte ebenfalls günstige Effekte auf den Krankheitsverlauf sowohl bei der TAK als auch initial bei RZA, wobei sich die Ergebnisse bei der TAK bislang auf kleine Fallserien stützen und eine aktuellere Studie zum Einsatz von Ustekinumab bei der RZA über einen fehlenden Nutzen berichtete.4
Während das Kawasaki-Syndrom fast ausschließlich im Kindesalter auftritt und nur ausnahmsweise junge Erwachsene betrifft, stellt die Polyarteriitis nodosa (PAN) eine nekrotisierende Vaskulitis der mittleren Gefäße mit einem Häufigkeitsgipfel zwischen der 4. und 6. Lebensdekade dar. Aktualisierte bzw. neue validierte Diagnosekriterien fehlen bislang bei der PAN, weswegen die Diagnose derzeit weiterhin anhand von klinischen, laborchemischen, histologischen und angiografischen Veränderungen gestellt wird. Bei den 1990 vorgeschlagenen ACR-Kriterien zur PAN ist jedoch anzumerken, dass sie zur Diagnose der PAN nicht adäquat geeignet sind.5–6 Daher beschäftigt sich momentan ein internationales Projekt (Diagnostic and Classification Criteria in Vasculitis) mit der Erstellung neuer Diagnosekriterien für die PAN. Bislang gibt es keinen spezifischen Laborparameter für die PAN und die Bestimmung von immunologischen Parametern dient mehr dem Ausschluss anderer Vaskulitiden. Bei Verdacht auf eine PAN sollte deswegen eine Biopsie der Haut, Muskeln, Nerven oder Niere bzw. eine Angiografie der Nieren- und Viszeralarterien bzw. des befallenen Organs erfolgen. Anzumerken ist aber, dass typische Veränderungen der PAN in der Biopsie bei ca. 20–35 % und angiografische Mikroaneurysmen bei bis zu 40 % der Fälle fehlen, während ca. 40 % der Patienten/-innen mit einer PAN wiederum rein okklusive Veränderungen aufweisen, die andere Erkrankungen imitieren können.7–8
Die Therapie der PAN besteht, je nach Schwere der Erkrankung, primär aus einer Kortisontherapie von 1 mg/kg Körpergewicht, die im weiteren Verlauf reduziert und ggf. mit anderen immunsupprimierenden Medikamenten, wie Cyclophosphamid, Azathioprin oder Methotrexat, kombiniert wird. Bei lebensbedrohlichen Situationen oder rapid-progressiver Erkrankung kann auch eine intravenöse Hochdosis-Kortisontherapie von bis zu 1.000 mg über 3 Tage, vergleichbar zur Augenbeteiligung bei der RZA, versucht werden.9 Für therapierefraktäre Fälle oder rezidivierende Verläufe der PAN könnte zukünftig auch Tocilizumab zum Einsatz kommen, wobei die derzeitigen Daten hierzu aus Fallberichten stammen und randomisiert-kontrollierte Studien fehlen.10
Vergleichbar mit der PAN, erfolgt die Diagnostik der Antineutrophile-cytoplasmatische-Antikörper-(ANCA-)Vaskulitiden anhand von Klinik, Labor, Bildgebung und Biopsie. Hierbei können Kriterien bzw. Algorithmen der ACR bzw. EMA angewendet werden, wobei die ACR-Kriterien aus 1990 erneut keine ausreichende Sensitivität und Spezifität aufweisen, um als diagnostische Kriterien genutzt zu werden und keiner der bisherigen Algorithmen zuverlässig die Granulomatose mit Polyangiitis (GPA) von der mikroskopischen Polyangiitis (MPA) unterscheiden konnte.5, 11 Die Diagnostic and Classification Criteria in Vasculitis Study befasst sich auch mit der Erstellung neuer Diagnosekriterien für die ANCA-Vaskulitiden; die Rekrutierung ist bereits abgeschlossen, und ein vorläufiger Entwurf dieser neuen Diagnosekriterien für die ANCA-Vaskulitiden wurde 2018 am EULAR-Kongress publiziert.12
Zur Behandlung der ANCA-Vaskulitiden kommen gemäß den aktuellen S1-Leitlinien und Empfehlungen der EULAR, entsprechend der Phase und Schwere der Vaskulitis, Kortison, verschiedene DMARD sowie ggf. eine Plasmapherese zur Anwendung.13–14 Neue Therapieansätze könnten zukünftig ebenfalls klinische Anwendung finden. Die ADVOCATE-Studie untersuchte die Wirksamkeit von Avacopan, einem C5a-Rezeptor-Antagonist, bei ANCA-Vaskulitiden und konnte zeigen, dass Avacopan in der Remissionserhaltung Kortison teilweise sogar überlegen war.15 Daten zur ABROGATE-Studie, die derzeit Abatacept in der Remissionserhaltung der GPA untersucht, werden voraussichtlich 2023 vorliegen. Für die eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EPGA) wurden Anti-IL-5-Antikörper wie Mepolizumab und Benralizumab untersucht, die zu höheren Remissionsraten und zu geringeren Exazerbationen der EPGA führten, wobei Daten zu Benralizumab derzeit hauptsächlich aus Fallserien stammen.16–17 Mepolizumab konnte im Vergleich zu Omalizumab, einem monoklonalen Antikörper gegen IgE, häufiger zu einer Verbesserung der asthmatischen Beschwerden und zu einer Kortisonreduktion bei EPGA führen.18
In der Diagnostik, besonders aber in der Therapie vieler Vaskulitiden gibt es mittlerweile neuartige Ansätze, die es mitunter in Leitlinien internationaler Gesellschaften geschafft haben und womöglich auch zukünftig schaffen werden. Obwohl anzumerken ist, dass in der Diagnostik der meisten Vaskulitiden aktualisierte Leitlinien noch fehlen, gibt es Bestrebungen, neue Leit- und Richtlinien zu erstellen. In der Therapie vieler Vaskulitiden stehen mittlerweile einige immunsupprimierende Medikamente zur Verfügung, und es zeigt sich eine steigende Tendenz hinsichtlich des Einsatzes von DMARD und Biologika bereits ab der frühen Erhaltungstherapie. Weitere Studien sind allerdings nötig, um zu klären, ob die genannten neuen Therapieansätze, die teilweise bisher nur in kleinen Kohorten evaluiert wurden, auch wirklich zukünftig in der Behandlung zum Einsatz kommen.