Zum insgesamt 7. Mal wurde im Hörsaalzentrum der Medizinischen Universität Graz von der Klinischen Abteilung für Angiologie das Sailersymposium, benannt nach dem früheren Klinikvorstand der Universitätsklinik für Innere Medizin, veranstaltet. Aufgrund der Fülle der Themen entschied man sich auch 2012 wieder für ein 2-tägiges Gerinnungssymposium im Juni.
Workshops: Am 21. 6. 2012 fanden insgesamt drei Workshops – organisiert unter der Schirmherrschaft der Vereinigung der Primarärzte und ärztlichen Direktoren des Landes Steiermark – statt. Die Veranstalter versuchten auch heuer wieder, eine möglichst praxisnahe Themenauswahl zu treffen.
Der erste Workshop beschäftigte sich mit den aktuellen Empfehlungen zur Bridgingtherapie bei Hemmung des plasmatischen Gerinnungssystems. OA Weihs, LKH Graz-West, stellte die aktuellen Empfehlungen bei Bridging mit Vitamin-K-Antagonisten vor. Im Anschluss daran wurden von Prof. Kyrle, AKH Wien, Empfehlungen zum Vorgehen beim Bridging mit den neuen oralen Antikoagulantien (Dabigatran, Rivaroxaban) vorgestellt. Aufgrund der kurzen Halbwertszeit dieser Substanzen ist hier ein Absetzen der Substanz, je nach Nierenfunktion in unterschiedlichem Abstand zum Eingriff, ausreichend. Ein Bridging mit einem niedermolekularen Heparinpräparat ist bei diesen Substanzen nicht indiziert.
Der zweite Workshop behandelte die neuen thrombozytenfunktionshemmenden Therapeutika. Doz. Schuchlenz, LKH Graz-West, und Prof. Brodmann, Klinische Abteilung für Angiologie der Universitätsklinik für Innere Medizin Graz, konnten in ihren Vorträgen Vor- und Nachteile dieser Substanzen herausarbeiten. Aus beiden Vorträgen konnte geschlossen werden, dass die Substanzen weniger kardiale Endpunkte bewirken und somit für einen Großteil der kardial intervenierten Patienten Vorteile bringen. Bei älteren und gebrechlichen Patienten sind sie aufgrund ihres Blutungsrisikos jedoch nicht ideal.
Der letzte Workshop beschäftigte sich mit der Thrombozytenfunktionsmessung. Zuerst wurden von Doz. Raggam, klinisches Institut für Medizinische und Chemische Labordiagnostik Graz, unterschiedliche Messmethoden vorgestellt. Doz. Gremmel, Klinische Abteilung für Angiologie, Wien, berichtete danach über mögliche Indikationen für eine solche Messung. Bei vaskulären Endpunkten unter einer thrombozytenfunktionshemmenden Therapie scheint eine Messung indiziert. Über die Messmethode sollte jedoch jedenfalls mit einem erfahrenen Zentrum Rücksprache gehalten werden.
Erstmals Posterpreise: Im Anschluss an die Workshops fand wie bereits 2011 wieder eine Posterbegehung statt. Mit OA Sturm, Medizinische Universitätsklinik Innsbruck, konnte man einen erfahrenen Vorsitzenden gewinnen. Dieser konnte auch erstmals Posterpreise vergeben. Sie wurden von der Industrie und auch von der Österreichischen Gesellschaft für Laboratoriumsmedizin und Klinische Chemie (ÖGLMKC), die heuer erstmals als Mitveranstalter auftrat, gespendet.
Thrombopenie: Am zweiten Tag der Veranstaltung wurden in der ersten Sitzung unterschiedliche Ursachen der Thrombopenie diskutiert. Prof. Neumeister, Klinische Abteilung für Hämatologie, Graz, stellte einen Abklärungsalgorithmus vor, der die Hauptursachen der Thrombopenie ebenso wie auch seltenere Ursachen beinhaltet.
Im Anschluss berichtete Doz. Schallmoser, Universitätsklinik für Blutgruppenserologie und Transfusionsmedizin (UBT) über die unterschiedlichen Testverfahren zur Abklärung einer heparininduzierten Thrombozytopenie (HIT). Es wurde hervorgehoben, dass eine HIT-Abklärung nur nach Zusammenschau des klinischen Verlaufs der Thrombopenie sinnvoll ist. Daher wird auch von der UBT bei jeder Einsendung mit V. a. HIT der 4-T-Score (Tab.), ein sehr gut validierter Score zur Abschätzung der HIT-Wahrscheinlichkeit, verlangt. Dieser Score beinhaltet das Ausmaß der Thrombozytopenie, den Zeitpunkt des Abfalls, das Vorhandensein eines klinischen Korrelats (z. B. Thrombose) und auch mögliche andere Ursachen einer Thrombopenie. Nach Erhebung all dieser Parameter ist erst die Bestimmung der HIT-Antikörper sinnvoll. Eine Interpretation des Ergebnisses ist nur in Zusammenschau des Laborverlaufs und der Klinik sinnvoll.
Wenn nun die Diagnose HIT gestellt wird, ist eine entsprechende Therapie mit einem alternativen Antikoagulans sinnvoll. Die unterschiedlichen Möglichkeiten in diesem Bereich wurden von OA Gary, Klinische Abteilung für Angiologie, Graz, vorgestellt. Bei normaler Nierenfunktion ist die üblicherweise zuerst verabreichte Therapie Danaparoid. Diese Therapie hemmt den Faktor Xa und wird vornehmlich renal eliminiert. Die Substanz kann subkutan und auch intravenös verabreicht werden, hat eine Halbwertszeit von 24 Stunden und wird über den Anti-Xa-Spiegel monitiert. Gerade auf Intensivstationen besteht oft der Wunsch nach einer Substanz mit kurzer Halbwertszeit, die auch bei niereninsuffizienten Patienten gegeben werden kann. Eine Substanz, die diese Anforderungen erfüllt, ist Argatroban. Die Halbwertszeit beträgt nur 40 bis 50 Minuten und die Elimination erfolgt hepatobiliär. Das Monitoring erfolgt über die aktivierte partielle Thromboplastinzeit (aPTT). Als mögliche Alternative für diese beiden Substanzen wird bereits seit Jahren, obwohl bisher ohne HIT-Therapie-Zulassung, auch Fondaparinux verwendet. Die Substanz scheint aufgrund der bereits großen klinischen Erfahrung eine gute und vor allem aufgrund der subkutanen Einmalgabe praktikable Alternative zu Danaparoid und Argatroban.
Neue Antikoagulantien: Speziell angesichts der aktuellen Zulassungssituation (Dabigatran und Rivaroxaban bei VHFA zur Insultprophylaxe, Rivaroxaban zur Therapie der tiefen Beinvenenthrombose) wurden die neuen oralen Antikoagulantien (NOACs) im Rahmen von zwei Firmensymposien diskutiert. Doz. Halbmayer, Institut für Labormedizin, Krankenhaus Hietzing, präsentierte Daten zur Beeinflussung der globalen Gerinnungsparameter unter diesen neuen Antikoagulantien. Weiters stellte er eigene Testverfahren vor, die den Antikoagulationsgrad dieser Substanzen widerspiegeln und bereits im klinischen Einsatz sind.
Podiumsdiskussion: Einer sehr speziellen Form der Thrombophilie, nämlich dem Antiphospholipid-Antikörper-Syndrom, widmete sich eine Podiumsdiskussion, welche Vertreter der Immunologie, Gynäkologie, Neurologie, Angiologie und auch des Labors zusammenführte und von der ÖGLMKC, in Person von Doz. Haushofer, ausgerichtet wurde. Die große Runde der Diskutanten spiegelte auch die Vielschichtigkeit dieses Erkrankungsbildes wider.
Ausblick Sailersymposium 2013: Mit einer neuerlichen Zunahme der Teilnehmerzahl konnte auch heuer wieder gezeigt werden, dass großes Interesse an klinisch relevanten Gerinnungsthemen in Südösterreich besteht. Auch nächstes Jahr erhoffen sich die Veranstalter des dann 8. Sailersymposiums am 20. und 21. Juni 2013 einen ähnlichen Teilnehmeransturm wie heuer. Als Mitveranstalter konnten neuerlich die Österreichische Gesellschaft für Internistische Angiologie, die ÖGLMKC, die Vereinigung der Primarärzte des Landes Steiermark und erstmals auch die Interdiszipli-näre Gerinnungsrunde Steiermark gewonnen werden.