Kolumne “Klein Anzeiger” von Priv.-Doz. Univ.-Lektor Dr. Andreas Klein:
Personalisierte Medizin steht seit längerer Zeit im Brennpunkt der Forschung. Der Begriff samt seinen falschen Assoziationen hat sich bereits fix in unseren Köpfen verankert. Leider wird damit je nach Bedarf sehr Unterschiedliches verstanden. Herkömmlich geht es dabei um eine stratifizierte, gentypenbasierte Medizin: Therapeutika werden je nach Gentypen-Gruppen eingesetzt, um die Wirksamkeit zu verbessern, Nebenwirkungen zu reduzieren und überhaupt effizienter behandeln zu können. Verdreht daran ist, dass es gerade nicht um Personen, sondern lediglich um ihre Zugehörigkeit zu Gentypen-Gruppen geht. Welche Person hinter der Genausstattung steckt, ist nebensächlich.
Um diesen Kernbereich herum lagern sich zahlreiche andere medizinische Optionen. „Personalisierung“ wird zu einem überall einsetzbaren Trendwort. Relativ jung und kaum bekannt ist die sogenannte Chronotherapie. Wie der Name erahnen lässt, wird dabei der „inneren Uhr“ als Taktgeber für organismische Verarbeitungsprozesse eine Relevanz bei der Wirksamkeit von Therapien zugeschrieben. Der Körper arbeitet je nach Tagesphase, eigenem Tageszeitenrhythmus und diverser genetischer Ausstattung recht unterschiedlich und spricht damit auch anders auf therapeutische Interventionen an. Fast die Hälfte der menschlichen Gene sind rhythmisch aktiv. Dies hat evolutionär natürlich mit Anpassungsprozessen zu tun (Verdauung, Stoffwechsel, Herz, Blutgefäße). Das richtige Timing für etwa medikamentöse Behandlungen, Impfungen, OPs wird derzeit weder bei Medikamentenentwicklungen berücksichtigt noch beim konkreten Einsatz beim Haus- oder Facharzt – Ausnahmen eingeräumt. Es liegen auch schon Studien vor bezüglich der tageszeitlichen Häufigkeit bestimmter Anfälle. Es werden schon Bluttests konzipiert, um die für eine Therapie oder Intervention passende Uhrzeit herauszufinden.
Die Optionen für Passgenauigkeit werden immer reichhaltiger. Wenn dann auch die Person selbst, also abseits ihrer biologischen Ausstattung, noch in die Personalisierung einbezogen wird, ergeben sich enorme Potenziale, aber auch (ressourcentechnische) Herausforderungen.