Laut Österreichischer Ärztekammer gibt es derzeit aufgrund von Einsparungen und Nachwuchsmangel zu wenige Gerichtsmediziner:innen.
Es herrsche akuter Nachwuchsmangel im Bereich der forensischen Medizin. Das führe zu langen Wartezeiten bei Obduktionsberichten, Pensionsgutachten und Ähnlichem. Schuld daran sind laut Österreichischer Ärztekammer (ÖÄK) Einsparungen und „nicht mehr zeitgemäße Honorierungen“. „Die Honorare für Gutachter wurden zuletzt 2007 angepasst – schon vor der gerade explodierenden Inflation war das ein realer Wertverlust von etwa 29 Prozent. Die aktuelle Teuerung hat dieses Problem noch drastisch verschärft“, hält Harald Schlögel, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Leiter des ÖÄK-Gutachter-Referates, fest. Für Unverständnis sorgt außerdem, dass einige Berufsgruppen, darunter eben Ärzt:innen, gesetzlich in feste Tarife gezwungen werden. „Das hat die Skurrilität zur Folge, dass Ärztinnen und Ärzte aufgrund dieser Bestimmungen für vollkommen idente Tätigkeiten deutlich weniger verdienen als andere Berufe. Bei dieser systematischen Benachteiligung darf man sich nicht über einen Mangel wundern“, unterstreicht Schlögel. Bemerkbar werde dies nun durch lange Wartezeiten – eine Konsequenz, die „auch Justiz und Ermittlungsbehörden immer öfter“ spüren würden. Besonders die Gerichtsmedizin in Wien habe man kaputtgespart.
Anlass für die Kritik der ÖÄK war ein aktueller Fall in Niederösterreich: Nach vier Todesfällen in einem Pflegeheim in St. Pölten, die den Verdacht der fahrlässigen Tötung bzw. fahrlässigen Körperverletzung aufgeworfen haben, warten die Ermittler:innen schon seit März auf das nötige Gutachten zur Obduktion. „Wenn hier nicht schleunigst Verbesserungen folgen, wird das unsere neue Normalität sein – mit all den katastrophalen Konsequenzen, die eines Landes wie Österreich unwürdig sind“, schlägt Schlögel Alarm. (kagr)