Bundeskanzler Karl Nehammer stößt nicht nur bei der Ärztekammer auf Skepsis für seine Gesundheitsideen. Es gibt auch Widerstand vom grünen Koalitionspartner.
Der Vorschlag Nehammers, angesichts des Kassenärztemangels eine Berufspflicht für Absolvent:innen des Medizinstudiums in Österreich einzuführen, wird von der Ärztekammer aber auch vom kleinen Koalitionspartner abgelehnt. Das Problem werde dadurch nicht gelöst, meinte Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) gegenüber der APA. Es gelte, Stellen mit Kassenvertrag und in bestimmten Mangelfächern attraktiver zu machen.
Nehammer hatte in seiner Rede „zur Zukunft der Nation“ am Freitag gesagt, jene, die das Medizinstudium in Österreich abschließen, sollten „dann eben auch der Gesellschaft ein Stück weit etwas von dem zurückzugeben, was sie kostenlos in Anspruch genommen haben“. Für wie lange diese Pflicht gelten soll, ging aus Nehammers Rede und auch dem dazu verteilten ÖVP-Papier nicht hervor. Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP) wusste da am Dienstag schon mehr und sprach in einer Aussendung von fünf Jahren. „Wir investieren in jeden Medizinstudenten 360.000 Euro. Deshalb halte ich die vorgeschlagene Verpflichtung von Medizinstudenten, fünf Jahre in Österreich praktizieren zu müssen, für einen wichtigen Vorschlag“, erklärte sie.
Bei den Grünen will man davon nichts wissen, und zwar weder auf Regierungsebene noch im Parlamentsklub. „Eine Verpflichtung für Absolvent:innen des Medizinstudiums, in Österreich tätig zu werden, löst nach unserer Einschätzung diese Probleme nicht“, erklärte Gesundheitsminister Rauch: „Nur wenn Menschen ihren Beruf freiwillig und mit Freude ergreifen, werden sie ihn auch langfristig ausüben. Nur das bringt eine dauerhafte Entlastung für das bestehende Personal, das schon seit langer Zeit an seiner Belastungsgrenze arbeitet. Wenn Ärzt:innen nach Ablaufen einer Verpflichtung Österreich verlassen, ist das Problem nicht gelöst, sondern nur zeitlich verschoben.“
Um Stellen mit Kassenvertrag und in bestimmten Mangelfächern attraktiver zu gestalten, setze das Gesundheitsministerium eine Reihe von Verbesserungen um, wurde betont. Die Zahl der Primärversorgungseinrichtungen werde bis 2025 verdreifacht. Dort entstünden Arbeitsplätze im Kassenbereich mit attraktiven Arbeitsbedingungen für junge Ärztinnen und Ärzte. Die Einführung des Facharztes bzw. der Fachärztin für Allgemein- und Familienmedizin werde dieses Fach ebenfalls attraktiver machen. Rauch unterstrich auch, dass Österreich im internationalen Vergleich über eine hohe Dichte verfüge, es mangle also nicht generell an Ärzt:innen. Ein Mangel existiere aber in bestimmten Bereichen, etwa bei Kassenstellen in bestimmten Regionen oder Fächern. Von der Ärztekammer hatte es bereits vergangene Woche eine Absage an Nehammer gesetzt. „Zwangsverpflichtungen in jeder Form lehnen wir ab“, sagte Harald Mayer, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der angestellten Ärzte, als Reaktion auf die Rede des ÖVP-Obmanns. (red/APA)