Personelle Lücken, finanzielle Lücken, strukturelle Lücken: es braucht Reformen im Gesundheitswesen. Und mehr Geld. Tatsächlich wächst aber der Spardruck.
Knapp 50 Milliarden Euro wurden im Vorjahr im Gesundheitswesen ausgegeben. Mit ihrem Anteil daran haben die Bundesländer als Spitalsträger sogar den vorgegebenen Kostendämpfungspfad überschritten. Mit diesem wurde vor Jahren fixiert, dass die Gesundheitsausgaben nicht über ein bestimmtes Maß steigen dürfen. Eine künstlich definierte Grenze. Tatsächlich ist der Anteil der Gesundheitsausgaben am Bruttoinlandsprodukt in den zehn Jahren vor der Pandemie nahezu konstant geblieben. Erst Corona hat die Ausgaben von 11 auf 12 Prozent steigen lassen. Nicht zuletzt weil Versorgungslücken sichtbar wurden.
Doch der Anstieg wird jetzt vielerorts kritisiert: Wir geben angeblich zu viel für Gesundheit aus. Die Systeme – nein, eigentlich wir selbst – sind ineffizient. Denn die Zahl der Jahre, die wir durchschnittlich in Gesundheit verbringen, könnte größer sein. Jede Krankheit, jedes Leid ist für die Betroffenen immer dramatisch und natürlich wünschen wir uns alle möglichst gesund alt zu werden und zu bleiben. Und natürlich wäre das für die Gesellschaft günstiger. Alles was also zu Prävention beiträgt ist sinnvoll und gehört gefördert. Wenn wir aber im Gesundheitssystem Krankheit verhindern wollen, tun wir das, weil wir den Menschen Gutes tun wollen, oder einfach weil Krankheit Geld kostet und wir dieses nicht ausgeben wollen?
Das Gesundheitssystem ist aufgebaut, um Leid und die Folgen von Leid zu verhindern oder zu lindern. Und um Menschen, die krank werden, abzusichern. Mehr als 60 Prozent aller Privatkonkurse in den USA resultieren in medizinischen Problemen und den damit verbundenen Kosten. Das zeigt, was ein funktionierendes Gesundheits- und Sozialwesen leistet. Und natürlich gibt es Möglichkeiten, Kosten zu senken. Das darf aber nicht dazu führen, dass es zu Lieferengpässen bei Produkten kommt oder Menschen in Gesundheitsberufen diese aufgeben.
Das Effizienzpotenzial in jeder Organisation und jedem Unternehmen liegt bei etwa fünf bis zehn Prozent, lernt man zu Beginn eines Betriebswirtschaftsstudiums. Und es gehört auch zu den Aufgaben eines guten Managements diese Potenziale zu nutzen und ein System besser zu machen. Genauso wie das auch Aufgabe der Politik ist und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass keine Lücken entstehen, sondern solche geschlossen werden. Immer öfters werden aber gerade im Gesundheitsbereich externe Berater geholt. Sie wissen, wie man spart. Und sie werden dafür bezahlt. Das ist absurd. Denn weil sie primär fürs Sparen bezahlt werden, erklären sie auch das Sparen zum höchsten aller Ziele. Sie rechnen uns vor, dass die Gesundheitsausgaben steigen. Ja, das tun sie. Weil aber auch der Wohlstand und das BIP steigen, ist das kein Problem, sondern logisch. Wofür bezahlen wir aber das Management oder die Politik, wenn diese nicht mehr selber denken und entscheiden, sondern von zugekauften Beratern denken und entscheiden lassen? Natürlich braucht es Reformen im Gesundheitsbereich. Sie sollten aber mit Hirn gemacht werden, und nicht mit dem Blick auf Provisionen fürs Einsparen. (rüm)