Bund, Länder und Sozialversicherung arbeiten derzeit an einer Digitalisierungsstrategie für das Gesundheitssystem. Expert:innen warnten bei einer Diskussionsrunde vor Stillstand.
Während der Corona-Pandemie wurden viele Chancen für eine umfassende Digitalisierung des heimischen Gesundheitssystems verspielt, war der Tenor einer Diskussionsrunde der Universität Wien. Obwohl Österreich mit eCard und ELGA bereits früh erste Schritte in Richtung eines digitalen Gesundheitssystems umsetzen konnte, habe die Innovationskraft in den vergangenen Jahren entscheidend nachgelassen. Diese nüchterne Beobachtung artikulierte eingangs der Diskussion Siegfried Meryn, Professor für innere Medizin und ORF-Gesundheitsexperte.
Meinhild Hausreither, Sektionschefin im Gesundheitsministerium, ließ mit einer überraschenden Ankündigung aufhorchen: „Bund, Länder und Sozialversicherung entwickeln derzeit im Auftrag der Bundes-Zielsteuerungskommission Gesundheit eine Digitalisierungsstrategie für das österreichische Gesundheitswesen. Die dafür notwendigen Vorbereitungs- und Begleitarbeiten werden auf den Weg gebracht.“ Weiters stellte sie klar, dass Datenschutz und Datensicherheit auch in Zukunft „ganz klar an erster Stelle“ stehen müssen. Von den Stakeholdern und Institutionen im Gesundheitssystem verlangte sie: „Nicht schönreden, nicht krankjammern, sondern arbeiten.“
Barbara Prainsack, Professorin für Politikwissenschaften an der Universität Wien, meinte, dass Datenschutz kein Hindernis für Digitalisierung wäre. Ein Statement, das allgemeine Zustimmung fand. Auch Charlotte Van Velthoven, Direktorin für Public Affairs beim Versandhändler „Shop Apotheke“-Europe, setzte sich für den verstärkten Einsatz von Digitalisierung ein. Seit der Corona-Pandemie bestellen immer mehr Patient:innen ihre Medikamente online und nutzen die verbundenen digitalen Services des Unternehmens, berichtete die Vertreterin der europaweit tätigen Online-Apotheke. Als großes Problem bezeichnete sie die Tatsache, dass Online-Apotheken in Österreich nicht an ELGA und E-Medikation angebunden seien, wodurch Wechselwirkungschecks mit stationär erworbenen Medikamenten nicht durchgeführt werden können. Ärztekammervertreter Johannes Zahrl sieht vor allem in den Systemen der ELGA Verbesserungsbedarf. GÖG-Geschäftsführer Herwig Ostermann unterstrich, dass die aktuell größte Herausforderung darin bestünde, vorhandene Gesundheitsdaten zu verknüpfen und nutzbar zu machen. (red)