Paukenschlag in Sachen Gesundheitsreform: am Dienstagabend wurden Meldungen bekannt, dass einige der Pläne des Gesundheitsministers zurückgenommen werden.
Im Streit mit der Ärztekammer um eine mögliche Entmachtung im Zuge der von der Bundesregierung geplanten Gesundheitsreform sprach Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) am Samstag im Ö1-Mittagsjournal bereits von einer Annäherung mit der Ärztekammer. Zwar warf er der Standesvertretung vor, in der Vergangenheit Desinformation rund um die Reform verbreitet zu haben, räumte aber ein, dass man sich auf einer sehr sachlichen Ebene ausgetauscht habe. In „technischen Detailfragen“ wie etwa bei den Stellenplänen oder der anvisierten Wirkstoffverschreibung gebe es noch Spielraum, dazu würden noch Gespräche geführt. Und die liefen nun über das gesamte Wochenende. Die Ärztekammer hielt sich öffentlich mit Kritik und Äußerungen zurück.
Das dürfte sich nun doch teilweise ausgezahlt haben. Am Dienstagnachmittag wurde der Finanzausgleich, der auch eine Gesundheitsreform paktiert, im Bundeskanzleramt von Länder- und Gemeindevertreter:innen sowie Finanz- und Gesundheitsminister unterzeichnet. Und es wurde am Abend bekannt, dass in den Verhandlungen doch noch Abstriche zugunsten der Ärztekammer gemacht worden sind, berichtet auch die Kronenzeitung. Sie sollen am Mittwoch im Ministerrat beschlossen und dann in den Nationalrat gebracht werden.
So soll die zuletzt auch von Patientenvertreter:innen kritisierte Wirkstoffverschreibung doch nicht kommen. Auch die geplanten Einschränkungen bei der Gesamtvertragshoheit der Ärzte fallen weg. Die ÖGK hätte dabei den Auftrag bekommen sollen, bis 31. Dezember 2025 einen bundesweit einheitlichen Gesamtvertrag mit Wirksamkeit spätestens zum 1. Jänner 2026 abzuschließen. Für den Fall, dass bis zu diesem Zeitpunkt kein Gesamtvertrag abgeschlossen wurde, hätte die zum 31. Dezember 2025 bestehenden regionalen Gesamtverträge samt der zu diesem Zeitpunkt geltenden Honorare bis zum Abschluss eines bundesweit einheitlichen Gesamtvertrages unverändert weiterbestanden. Anpassungen der Honorarhöhe in den regionalen Gesamtverträgen wären ab diesem Zeitpunkt unzulässig gewesen. Aus der Regierung war zu hören, dass man damit Druck auf Ärztekammer und ÖGK machen wollte, endlich zu einer einheitlichen Lösung zu kommen. Auch dass die Sozialversicherung künftig Einzelverträge mit Ärzt:innen abschließen kann, wurde offenbar gestrichen.
Dafür sollen sich Ärztevertreter:innen nicht mehr gegen Stellenpläne und die Schaffung neuer Ambulatorien sperren können. Auch das hatte zu heftigen Protesten der Kammervertreter geführt. Änderungen gibt es zudem noch beim Bewertungsboard für teure neue Medikamente in Spitälern. Hier wurde die personelle Besetzung verändert. Es sollen mehr Expert:innen als ursprünglich geplant vertreten sein. Ein entsprechendes Gremium dafür soll ähnlich des Obersten Sanitätsrates im Ministerium angesiedelt und vom Minister bestellt werden. „Das Bewertungsboard bewertet keine individuellen Krankheitsfälle, sondern evaluiert nach sachlichen und wissenschaftlichen Kriterien den Einsatz eines neuen Medikaments“, erklärt Rauch. Es hat auch nur empfehlenden Charakter.
Fix sind die Eckpunkte des Finanzausgleichs: Rund 300 Millionen Euro pro Jahr fließen zusätzlich in den niedergelassenen Bereich, rund 600 Millionen Euro sind im Finanzausgleich für Spitalsambulanzen sowie für Strukturreformen vorgesehen. Eine forcierte Digitalisierung und Neuerungen in den Bereichen Gesundheitsförderung, beim Impfen, der Medikamentenversorgung und nicht zuletzt in der Pflege (mit einer Aufstockung des Pflegefonds von 455 Mio. Euro auf 1,2 Mrd. Euro pro Jahr) gehören ebenfalls dazu. (rüm)