Das Gesundheitswesen kommt nicht zur Ruhe. Nach der Reformdebatte folgt jetzt wieder Corona. Dabei punkten Ärzte- und Apothekerkammer unterschiedlich.
Zuletzt war der Ärztekammer von der Politik vorgeworfen worden, Beton gegen Reformen und überhaupt jegliche Veränderung im Gesundheitswesen anzurühren. In Wien wiederum gab es Kritik von der Stadt am Ton und Widerstand der Kurie der angestellten Ärzt:innen in der Wiener Kammer. Bürgermeister Michael Ludwig soll den Ärzte-Vertreter:innen sogar die Gesprächsbasis entzogen haben, weil er sich angeblich zu scharf kritisiert gefühlt hat. Hinter vorgehaltener Hand gab man Medienberatern, wie Rudi Fussi die Schuld, dessen Leistungen die Kammer bereits im Frühjahr eingekauft hat. Welche Rolle all das bei den Reformen und der Nichteinbeziehung der Ärztekammer gespielt hat, wird man wohl nie genau erfahren. Am Ende gab es doch noch Gespräche mit dem zurückgekehrten Präsidenten Johannes Steinhart und auch die Rücknahme einiger Pläne, wie etwa der Wirkstoffverschreibung.
Der Apothekerkammer wiederum wurde ein guter Draht zur Politik nachgesagt – auch weil die Debatten nicht öffentlich ausgetragen worden sind. Vielleicht war es aber auch umgekehrt: weil es keine Reibungspunkte gab, lag auch ein Grund für eine Kampagne in der Öffentlichkeit vor. Die Pharmaindustrie wiederum hielt sich zuerst bei Themen, wie dem umstrittenen Bewertungsboard für teure Spitalsmedikamente zurück, um nicht zwischen die Fronten zu geraten. Dafür erreichte man später ebenfalls Lockerungen.
Wie schnell sich das alles drehen kann, zeigt sich gerade bei der Debatte um fehlende Covid-19-Medikamente. Die Apothekerkammer habe ihm bisher nicht erklären können, wo die an die öffentlichen Apotheken ausgelieferten Packungen Paxlovid geblieben seien, ärgerte sich Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) am Dienstag öffentlich. Täglich erhalte man von der Kammer andere Zahlen, sagte es am Rande einer Pressekonferenz am Dienstag. Hinter den Kulissen hört man, dass die Stimmung zwischen Ministerium und Kammer inzwischen merklich abgekühlt ist. Diesmal scheint es die Ärztekammer, die geschickter agiert und die Apothekerkammer nicht direkt kritisiert, sondern den Minister verantwortlich macht. So erhöht dieser wiederum den Druck auf die Apotheker:innen.
All das kann natürlich auch ganz anders sein und das hier sind Vermutungen. Zudem kann die Realität anders sein, als es in der medialen Berichterstattung dargestellt wird. Was allerdings fix scheint, ist dass eben nicht fix ist: eine scheinbar gute Stimmung in der Politik für eine Berufsgruppe kann sich rasch ändern und umgekehrt. Nichts ist in einer schnelllebigen Zeit mehr von Dauer und nichts ist die sprichwörtliche „gemähte Wiese“. Vielleicht liegt letzteres aber auch einfach am Winter und im bereits begonnenen Vorwahlkampf für die Nationalratswahl im kommenden Jahr. (rüm)