Hohe Suizidraten bei Ärztinnen: So reagiert die Kammer

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Nach RELATUS-Bericht über hohe Suizidraten bei Ärztinnen ortet die Ärztekammer ein verheerendes Signal und fordert eine stärkere Sensibilisierung für psychische Gesundheit.

Es sind alarmierende Zahlen, die ein Forschungsteam am Zentrum für Public Health der Medizinischen Universität Wien (MedUni Wien) über die Suizidraten im Arztberuf via British Medical Journal veröffentlicht hat – RELATUS berichtete. Eine Metaanalyse der Ergebnisse zahlreicher Beobachtungsstudien attestiert zwar insgesamt einen Rückgang der Suizidgefährdung bei Ärztinnen und Ärzten im Laufe der Zeit. Doch das Risiko für Ärztinnen im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung ist nach Auswertung der neuesten Studien immer noch signifikant höher (24 Prozent).

Die Ärztekammer für Wien spricht sich deshalb für eine stärkere Sensibilisierung für psychische Gesundheit aus und verweist auf eine eigene Beratungsstelle. Johannes Steinhart, Präsident der Wiener und Österreichischen Ärztekammer, reagiert besorgt: „Wir können nicht hinnehmen, dass Ärztinnen im Vergleich zur Allgemeinheit einem derart hohen Suizidrisiko ausgesetzt sind. Die Autorinnen und Autoren der Studie gehen davon aus, dass sowohl eine stärkere Sensibilisierung für psychische Gesundheit als auch eine ausreichende Unterstützung der Ärzteschaft am Arbeitsplatz für einen Rückgang von Suizidgefährdung verantwortlich sein könnten. Hier muss die Politik noch stärker als bisher ansetzen, damit Ärztinnen aus dieser Gefahrenzone herauskommen. Jene, die unser solidarisches Gesundheitssystem jeden Tag am Laufen halten, dürfen nicht die Leidtragenden dieses Systems sein.“

Für Naghme Kamaleyan-Schmied, erste Vizepräsidentin und Obfrau der Kurie niedergelassene Ärzte der Ärztekammer für Wien, sind die Studienergebnisse erschreckend. „Die Zahlen zeigen, unter welchem massiven Druck unsere Kolleginnen und Kollegen stehen. Die Arbeitsbedingungen sind aufgrund der jahrzehntelangen Unterfinanzierung des Gesundheitssystems unzumutbar geworden: Massiver Zeitdruck, der Zwang zu Fließbandmedizin, Verschlechterung der Rahmenbedingungen wie Personalmangel, fehlende Medikamente, enormer Bürokratieaufwand“, zeigt Kamaleyan-Schmied auf. Dies alles könne zu Frustration, Erschöpfung, Depression und im schlimmsten Fall zu Suizid führen.

„Ärztinnen und Ärzte haben sich für ihren Beruf entschieden, um Menschen zu helfen. Das können sie aber aufgrund der erschwerten Bedingungen immer weniger. Die Mängel im System gleichen Ärztinnen und Ärzte durch Eigenengagement aus und arbeiten bis zur völligen Selbstaufopferung. Ein krankes System macht krank“, warnt Kamaleyan-Schmied. Gerade weil das Arbeiten im Gesundheitssystem immer fordernder wird, müsse ein besonderes Augenmerk auf Erforschung und Verhütung des ärztlichen Suizides gelegt werden. Natalja Haninger-Vacariu, Vizepräsidentin und Kurienobfrau angestellte Ärzte der Ärztekammer für Wien, sieht alle Stakeholder im Gesundheitswesen in der Pflicht, noch mehr Möglichkeiten zur Unterstützung der psychischen Gesundheit von Ärztinnen und Ärzten zu schaffen und endlich an den Arbeitsbedingungen anzusetzen. „Die Zahlen aus der MedUni-Studie sind besorgniserregend. Deshalb ist bei möglichen Ursachen anzusetzen. Wir wissen aus eigenen repräsentativen Erhebungen aus dem Spitalsbereich, dass sowohl körperliche als auch emotionale Erschöpfung stark zunehmen und ein großes Problem darstellen.“ Die Rahmenbedingungen, unter denen Ärztinnen und Ärzte Tag für Tag Höchstleistungen erbringen, müssten deutlich verbessert werden. Im Besonderen kann eine Entlastung nur durch Personalaufstockung, bessere Infrastruktur und gelebter Delegierbarkeit von nicht-ärztlichen Tätigkeiten, geregelten Ausbildungszeiten und Ausbildungsbedingungen, sowie mehr Wertschätzung erfolgen. (rüm)