Sepsis: gängige Mythen und unerkannte Langzeitfolgen

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Aufgrund fehlenden Bewusstseins für Sepsis – auch unter Gesundheitspersonal – klärt das Ludwig Boltzmann Institut über Mythen und oft unterschätzte Langzeitfolgen auf. 

„Wir sehen einen großen Aufklärungsbedarf hinsichtlich altbekannter Sepsis-Mythen und tatsächlichen Symptomen einer Sepsis-Erkrankung“, mahnt Marcin Osuchowski Gruppenleiter am Ludwig Boltzmann Institut für Traumatologie (LBI Trauma) anlässlich des Welt-Sepsis-Tags am 13. September – und meint damit nicht nur Betroffene, sondern auch Gesundheitspersonal. Das betrifft laut LBI Trauma zum Beispiel den Mythos des roten Strichs, der sich langsam ausbreitet und zum Tod führt, sobald er das Herz erreicht. Grundsätzlich zeige der rote Strich an sich eine Entzündung der darunter liegenden Lymphbahn an und kann, aber muss nicht, mit einer Sepsis einhergehen. Die meisten Sepsis-Erkrankungen verlaufen ohne den bekannten roten Strich. Typische Symptome seien hingegen Verwirrtheit, eine schnelle, schwere Atmung, ein stark erhöhter Puls und Blutdruckabfall, kalte, marmorierte Haut an Armen und Beinen und schweres Krankheitsgefühl. Auch die Bezeichnung „Blutvergiftung“ soll laut den Expert:innen des LBI Trauma vermieden werden. Die Mehrzahl aller Sepsis-Erkrankungen trete in Folge von Infektionen innerhalb des Körpers auf, zum Beispiel nach Lungen- oder Harnwegsinfekten. 

Weiterhin gibt es laut LBI Trauma in der Gesellschaft kaum Bewusstsein dafür, welche Langzeitfolgen eine Sepsis haben kann. Viele der Erkrankten leiden oftmals langfristig an Symptomen wie anhaltender Müdigkeit, sensorischen Störungen, Funktionsstörungen von Herz und Nieren oder gar einem erneuten Aufflammen der Sepsis. Jede:r fünfte Überlebende einer Sepsis werde innerhalb von 30 Tagen nach der Entlassung von der Intensivstation erneut stationär behandelt. In Österreich erkranken laut Gesundheitsministerium pro Jahr etwa 28.000 Menschen an einer Sepsis, rund jede:r vierte Betroffene (7.500 Menschen) stirbt. Etwa drei Viertel der Überlebenden entwickeln darüber hinaus ein komplexes Krankheitsbild, das sich PICS nennt, kurz für Persistent Inflammation, Immunosuppression, and Catabolism Syndrome, also eine dauerhafte Störung von Entzündungsvorgängen, Immunabwehr und Stoffwechsel. Im Rahmen des internationalen Projekts BEATsepsis arbeitet das LBI Trauma daran, die Entstehung von PICS frühzeitig zu erkennen und im besten Fall auch behandeln zu können. (kagr)