Künstliche Intelligenz verhindert unnötige Prostata-OP

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Die operative Entfernung der Prostata kann schwerwiegende Folgen nach sich ziehen – und ist nicht immer nötig. Ein neues KI-Modell aus Wien hilft bei der Beurteilung der Notwendigkeit. 

Für an Prostatakrebs Erkrankte kann eine operative Entfernung des Organs ein wichtiger Teil der Therapie sein. Die OP führt aber bei rund 30 Prozent der Patienten zu Harninkontinenz und bei etwa 90 Prozent zu Erektionsstörungen. Nicht immer ist der Eingriff notwendig. Ein Team der MedUni Wien hat nun ein neues Modell mit Künstlicher Intelligenz (KI) entwickelt, das unnötige Prostata-Entfernungen verhindern soll. Die Forschenden um Lukas Kenner, Jing Ning und Clemens Spielvogel verfolgten im Rahmen einer Studie das Ziel, ein neues maschinelles Lernmodell zur präziseren Beurteilung des Tumors zu entwickeln. „Dazu haben wir die Multiomics-Technologie mit Anwendungen der Künstlichen Intelligenz kombiniert“, erklärte Studienleiter Kenner den bisher einzigartigen Ansatz. Multiomics ist eine Methode in der medizinischen Forschung, bei der verschiedene „Omics“-Datenquellen wie genetische Informationen (Genomics), bildgebende Merkmale (Radiomics) und Ergebnisse aus pathologischen Untersuchungen (Pathomics) integriert werden. „In unserer Studie konnten wir damit die Veränderungen in der Prostata wesentlich genauer und zuverlässiger einschätzen als mit der herkömmlichen Biopsiemethode und dem Gleason-Score“, berichtete Kenner. 

Für die Studie wurden Daten von 146 Patienten, die sich zwischen Mai 2014 und April 2020 einer operativen Entfernung der Prostata (radikale Prostatektomie) unterzogen haben, in das KI-Modell eingespeist. Durch die Kombination von Multiomics mit maschinellem Lernen ist ein KI-Modell entstanden, von dem sich die Forschenden viel versprechen. So lassen sich Hochrisikopatienten, die von einer radikalen Prostatektomie profitieren, wesentlich besser identifizieren und unnötige Eingriffe bei Patienten mit geringem Risiko für eine Tumorausbreitung vermeiden. Die Studie wurde kürzlich im Fachjournal „Theranostics“ publiziert. Weitere Forschungen zur Überprüfung der Methode sind geplant, um die klinische Anwendung voranzutreiben. (red/APA) 

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