Der akute Schlaganfall – ein Wettlauf gegen die Zeit

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Der „FitForBrainRun“ am 19. Oktober markiert den Auftakt zum Welt-Schlaganfalltag am 29. Oktober und soll das Bewusstsein für diese ernsthafte Erkrankung schärfen.

Rund 19.000 Österreicher:innen sind jährlich von einem Schlaganfall betroffen. Er ist damit nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebserkrankungen die dritthäufigste Todesursache in Österreich. Insgesamt erleidet jede:r Vierte im Laufe seines Lebens einen leichteren oder schwereren Schlaganfall. Die Schwere neurologischer Beeinträchtigungen nach einem Schlaganfall hängt von verschiedenen Faktoren ab, insbesondere von der Schnelligkeit der Akuttherapie – hier gilt das Motto „Time is Brain“ – sowie von der Stelle im Gehirn, wo der Schlaganfall auftritt. In letzter Zeit gab es im Bereich der Behandlung bemerkenswerte Fortschritte, die neue Hoffnung für Betroffene bringen.

Der „FitForBrainRun“ im Wiener Prater, eine gemeinsame Initiative der Österreichischen Schlaganfall-Gesellschaft mit dem Lauf und ConditionsClub Wien, soll Aufmerksamkeit für die Erkrankung schaffen. „Es geht aber vor allem darum, für die Primärprävention des Schlaganfalles zu sensibilisieren“, erklärt Julia Ferrari, Präsidentin der Österreichischen Schlaganfallgesellschaft, Präsidentin elect Österreichische Gesellschaft für Neurologie (ÖGN) und Leiterin der Abteilung für Neurologie, Neurologische Rehabilitation und Akutgeriatrie im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Wien.

„Das Thrombolytikum Tenecteplase wurde nun auch zur Behandlung des akuten ischämischen Schlaganfalls zugelassen“, erklärt Jörg Weber, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie (ÖGN) und Abteilungsvorstand der Neurologie im Klinikum Klagenfurt am Wörthersee. „Besonders vorteilhaft ist, dass es schnell und einfach mittels einmaliger Injektion verabreicht werden kann, was bei der Notfallversorgung entscheidend ist, da vor allem bei Patient:innen mit großen Gefäßverschlüssen ein unmittelbarer Transport in ein spezialisiertes Krankenhaus bzw. ein endovaskuläres Zentrum erfolgen muss“, so Weber.

Im Bereich der rekanalisierenden Therapien (Thrombolyse und endovaskulären Therapie) hat sich das Indikationsspektrum enorm erweitert. Das Zeitfenster für die Anwendung rekanalisierender Therapien konnte mit entsprechender Diagnostik mittlerweile von zuvor 4,5 Stunden auf bis zu 9 Stunden bei der Thrombolyse und von zuvor 6 Stunden auf bis zu 24 Stunden bei der endovaskulären Therapie erweitert werden. Die endovaskuläre Therapie kann außerdem auch bei Patient:innen mit bereits ausgedehnten Infarkten noch von Nutzen sein und schwerste Beeinträchtigungen zum Teil verhindern, dies konnte zumindest im 6h-Zeitfenster in 5 von 6 großen randomisierten Studien gezeigt werden.

Rund 30 % aller Patient:innen werden innerhalb des ersten Jahres nach erfolgtem Schlaganfall wieder stationär aufgenommen, einerseits aufgrund eines neuerlichen vaskulären Ereignisses, andererseits aber auch aufgrund anderer Folgen des Schlaganfalls wie zum Beispiel Stürzen, epileptischen Anfällen, Depressionen oder Inkontinenz. Daher ist es von immenser Bedeutung, sowohl die Patient:innen als auch die Angehörigen nach einem Schlaganfall zu begleiten, um möglichen Komplikationen vorzubeugen. Einen Durchbruch brachte hier die „Stroke Card“-Studie, die in Innsbruck und Wien durchgeführt wurde und zeigen konnte, dass ein strukturiertes Nachsorgekonzept mit einer einmaligen Kontrolle nach drei Monaten durch ein multidisziplinäres Team zu einer 35%igen Risikoreduktion von vaskulären Rezidivereignissen im ersten Jahr nach Schlaganfall und zu einer deutlich verbesserten Lebensqualität führen kann.

Einen weiteren großen Durchbruch gab es rezent auch bei der intrazerebralen Blutung, einer Schlaganfallform mit besonders schlechtem Outcome, die rund 15 % aller Schlaganfälle ausmacht. Auch hier gilt „Time is Brain“, da jede Minute zählt. Das sogenannte Bundle of Care führt zu einer verringerten Ausdehnung der Blutung und zu einem verbesserten funktionellen Outcome dieser Patient:innen. Es handelt sich hierbei um eine kombinierte Behandlung des Blutdrucks, Fiebersenkung im Bedarf, Blutzuckereinstellung und gegebenenfalls Antagonisierung bei Einnahme gerinnungshemmender Medikamente innerhalb einer Stunde (der sogenannten Golden Hour) nach Aufnahme des Patienten/der Patientin mit intrazerebraler Blutung. (red)