Was die neue Regierung im Gesundheitsbereich zu tun hat

© Tanzer

Die Regierungsbildung könnte bis ins kommende Jahr dauern. Doch selbst bei einem Weihnachtswunder ist im Gesundheitsbereich viel zu tun. Eine To-do-Liste für die Koalitionsverhandler:innen.

Man kann zur türkis-grünen Regierung stehen, wie man will, vergleicht man das Regierungsprogramm mit den tatsächlichen Maßnahmen zeigt sich: trotz Pandemie hat die abgewählte Koalition ihr Arbeitsprogramm umgesetzt. Das bedeutet allerdings nicht, dass jetzt alle Probleme im Gesundheitsbereich gelöst sind. Der immer rascher werdende, KI- und IT-getriebene medizinische Fortschritt und die demographische Entwicklung lassen die Kosten im System steigen. Die Versorgungsstrukturen sind veraltet und nur mit hohem Kapital- und Zeitaufwand zu modernisieren. Was also braucht es jetzt?

Es braucht Antworten auf den Personalmangel: attraktivere Arbeitsbedingungen, weniger Bürokratie, mehr Freiräume, mehr Zeit für die Arbeit mit Patient:innen. Da kann Digitalisierung helfen, aber nicht allein. Es geht auch darum Hierarchien und Silodenken aufzubrechen. Ob Apotheker:innen impfen dürfen oder Ärzt:innen Medikamente abgeben, ist eine nette Diskussion, sie geht aber am Thema vorbei: Die Frage ist, wie Menschen möglichst einfach, rasch und niederschwellig begleitet werden können. Wenn das in Apotheken gelingt, ist es gut; wenn die Primärversorgung eine echte Primärversorgung und nicht eine ausgelagerte Spitalsambulanz wird, ist das auch gut. Hier müssen aber alle Stakeholder an einem Strang ziehen. Werden Angebote reduziert, etwa im Spitalsbereich, müssen zuvor Strukturen geschaffen werden, die Patient:innen auffangen.

Ein anderes Thema ist die Prävention: die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung ist mies, die Zahl der gesunden Lebensjahre ist zu niedrig. Wo anzusetzen wäre, wissen wir seit Jahren: die meisten Menschen essen zu viel, rauchen und trinken zu viel und bewegen sich zu wenig. Die Gesundheitsökonomie weiß längst, wie man gegensteuern kann: beim Preis (Steuern auf Zucker, Alkohol, Tabak), bei der Verfügbarkeit (weniger Verkaufsstellen, Altersgrenzen) und mit Verboten. Das Rauchverbot in der Gastronomie hatte überall, wo es eingeführt worden ist, bereits im ersten Jahr sichtbar positive Auswirkungen etwa auf Herz-Kreislauf- und Lungenerkrankungen. Dazu muss über Tabus geredet werden, es muss in Bildung investiert werden und es braucht Anreize, denn allein mit Einschränkungen wird es nicht gehen.

Die vieldiskutierte Digitalisierung ist keine Lösung an sich, sondern ein Werkzeug. Damit es eingesetzt werden kann, muss auf die Ängste und Sorgen von Beschäftigten und Patient:innen Rücksicht genommen werden. Die Systeme müssen einfach einsetzbar sein, einen direkten Nutzen zeigen und transparent sein. Das gilt für die Funktionsweise, für den Datenschutz und für die Erklärung darüber, wer was mit den Daten macht. Nur dann gibt es dafür eine Akzeptanz. (rüm)