Diabetesversorgung nicht mehr zeitgemäß  

© ÖDG/APA/F.-Roßboth

Im Vorfeld des Weltdiabetestages fordert die Österreichische Diabetes Gesellschaft dringende Reformen beim Disease-Management-Programm „Therapie Aktiv“.

Die Österreichische Diabetes Gesellschaft (ÖDG) nutzt den bevorstehenden Weltdiabetestag am 14. November, um auf aus ihrer Sicht gravierende Versorgungsprobleme aufmerksam zu machen. Denn: Obwohl in Österreich seit Jahrzehnten das Disease-Management-Programm (DMP) „Therapie Aktiv“ etabliert ist, zeige sich, dass dieses Format in der jetzigen Form nicht ausreicht, um den steigenden Anforderungen gerecht zu werden. „Trotz vieler Fortschritte im Bereich der Diabetestherapie hinkt die Versorgung von Menschen mit Diabetes in Österreich den medizinisch-wissenschaftlichen Möglichkeiten hinterher. Die große Herausforderung ist, dass diese komplexe Erkrankung sowohl Gerätemedizin als auch Gesprächsmedizin erfordert. Untersuchungen und Unterweisungen brauchen Zeit – ein Aufwand, der in unserem Gesundheitsverwaltungssystem nur ungenügend darstellbar ist“, formuliert es Peter Fasching, Präsident der ÖDG.

„Therapie Aktiv – Diabetes im Griff“ wurde vor rund 20 Jahren zur strukturierten Behandlung von Menschen mit Diabetes mellitus Typ 2 ins Leben gerufen. Ziel war es, Patient:innen durch regelmäßige Arztbesuche, standardisierte Kontrollen und Beratungen besser zu betreuen und zu schulen. In der aktuellen Form des Programms würden grundlegende diätologische Schulungen und Diabetesberatungen für alle eingeschriebenen Patient:innen fehlen. Da Diabetesschulungen und Ernährungsberatungen oft zeitaufwendig sind, könnten sie zudem nur durch interdisziplinäre Teams adäquat umgesetzt werden – eine Struktur, die derzeit nicht flächendeckend vorhanden sei.

Einen Lösungsansatz sieht die ÖDG in der Schaffung einer zweiten Versorgungsebene, die spezialisierte diabetologische Leistungen kassenärztlich refundiert und auf breiter Basis verfügbar macht. Diese sollte unter anderem diätologische Beratungen, intensive Schulungen sowie komplexe Glukosemonitorings umfassen. Weiters spricht sich die Fachgesellschaft für eine Verknüpfung von Primärversorgung und Digitalisierung aus – die Initiative des Gesundheitsministeriums zur digitalen Ersterfassung von Diagnosen solle strukturiert mit dem DMP  vernetzt werden. Zudem müssten die Bekanntheit des DMP „Therapie Aktiv“ gesteigert und die Einschreibung für Ärzt:innen und Patient:innen erleichtert werden. Aktuell nehmen nur etwa 20-25 Prozent der Menschen mit Diabetes mellitus Typ 2 an „Therapie Aktiv“ teil. Der Druck werde jedenfalls größer, so die ÖDG. Die Zahl der Diabetesdiagnosen in Österreich steigt seit Jahren an. Nach Schätzungen könnten bis zum Jahr 2030 mehr als eine Million Menschen hierzulande von der Krankheit betroffen sein. (ehs)