Das neue Arzneimittel-Bewertungsboard hat nun seine Arbeit aufgenommen. Nach anfänglich großer Skepsis überwiegen nun positive Rückmeldungen.
Rund um das neue Arzneimittel-Bewertungsboard scheinen sich die Wogen etwas geglättet zu haben. Nach anfänglicher Skepsis konnten dank der veröffentlichten Geschäftsordnung und einer ersten abgehaltenen Sitzung nun ein paar offene Fragen geklärt werden, wie Expert:innen im Rahmen einer Pressekonferenz der Industrievertretung Pharmig erläuterten. Sorge rief vor allem eine mögliche Verzögerung bei der Verabreichung der Therapien sowie ein Nichteinbeziehen von Fachexpert:innen und Patient:innen in den Entscheidungsprozess hervor. „Die Frage, inwiefern sichergestellt ist, dass Fachexpert:innen und Patient:innen in die Beurteilung eingebunden werden, hat sich durch die neu veröffentlichte Geschäftsordnung geklärt. Darin ist klar geregelt, dass die Einbindung dieser Gruppen explizit vorgesehen ist“, erklärte Sylvia Nanz, Medical Director bei Pfizer Austria und Mitglied des Standing Committee Rare Diseases der Pharmig.
Ob die Arbeit des Boards zu Verzögerungen führen könnte, sei nicht abschließend geklärt, befürchtet wird dies von den Expert:innen aber nicht mehr. Michael Freissmuth, Leiter des Zentrums für Physiologie und Pharmakologie der MedUni Wien und Mitglied des Bewertungsboards, erwartet keine Verzögerungen. Bei der ersten Sitzung wäre es zwar hauptsächlich darum gegangen, einander vorzustellen und Prozesse zu erläutern, man hätte aber auch bereits ein Arzneimittel ausgewählt. „Aus meiner Sicht wird sich für die Patient:innen nicht wahnsinnig viel ändern. Ich sehe das mit Gelassenheit und glaube nicht, dass es aufgrund der Arbeit des Bewertungsboards zu Verzögerungen kommen wird“, betonte Freissmuth.
Auch Barbara Plecko, Leiterin der Klinischen Abteilung für Allgemeine Pädiatrie an der MedUni Graz, stimmt dem zu. Das Board werde der Arzneimittelkommissionen der Spitäler zwar übergestellt, würde diese aber nicht ersetzen. Die Kommissionen arbeiten weiterhin unabhängig und frei, aber auch die Frist des Boards für den Bewertungsprozess von fünf Monate wäre passend gewählt. Und, wie Elisabeth Weigand von Pro Rare Austria, hinzufügte: Die Entscheidungshoheit bleibe immer noch bei den Ärzt:innen, die im Fall eines medizinischen Notfalls, die Therapie vorab verabreichen können. Daten zu den Arzneimitteln gäbe es so oder so im Vorhinein von der Europäischen Arzneimittelagentur.
Größtes Fragezeichen bleibt weiterhin die Finanzierung von hochpreisigen und hochspezialisierten Arzneimitteln. Alle Expert:innen hoffen hier auf einen nationalen Topf und ein Ende der zersplitterten Finanzierung zwischen den einzelnen Bundesländern und zwischen niedergelassenem und stationärem Bereich. (kagr)