Eine Befragung von ME/CFS-Erkrankten und Angehörigen in Österreich hat hohe Alltags- und finanzielle Belastungen sowie mangelnde Anerkennung und fehlende spezialisierte Behandlung aufgezeigt.
Die Symptome der schweren Multisystemerkrankung Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom (ME/CFS) und die Klagen von Erkrankten werden von Ärzt:innen oft nicht ernst genommen. Das zeigt die Analyse einer Umfrage vom Meinungsforschungsinstitut Patientenstimme und der Patientenorganisation NichtGenesen. Insgesamt nahmen 1.026 Personen aus dem deutschsprachigen Raum an der Online-Umfrage teil, 370 davon aus Österreich. Bis zur Diagnosestellung vergingen im Schnitt 18 Monate, wobei die Hälfte der Befragten angab, zumindest einmal Zugang zu Ärzt:innen beziehungsweise Zentren gehabt zu haben, die auf ME/CFS spezialisiert sind. Im Schnitt warten die Patient:innen 14 Wochen auf einen Termin. Die laufende Weiterbetreuung erfolgt meist in einer neurologischen oder hausärztlichen Praxis, kaum in spezialisierten Zentren. Fast die Hälfte der sehr schwer Betroffenen wird jedoch gar nicht medizinisch betreut. 59 Prozent der Befragten gaben an, dass die Erkrankung von Ärzt:innen beziehungsweise anderem medizinischem Personal (76 Prozent) nicht ernst genommen wird. „Das Wissen über die Erkrankung und deren adäquate Behandlung ist noch viel zu gering“, sagte Eva Brosch von Patientenstimme. „Unsere Daten zeigen einen klaren Handlungsbedarf seitens der Gesundheitspolitik.“
Dass eine fehlende oder schlechte Betreuung schwerwiegende Folgen haben kann, zeigen auch die Daten zum Thema Reha: 34 Prozent der Befragten waren wegen der Erkrankung bereits in einer Rehaklinik, wobei nur bei rund einem Drittel die Behandlung auf ME/CFS angepasst wurde. Besonders hervorzuheben ist, dass insbesondere die post-exertionelle Malaise (PEM, Leitsymptom von ME/CFS) durch den Reha-Aufenthalt in der Mehrzahl der Fälle deutlich verschlechtert wurde, und zwar umso häufiger, je höher der Schweregrad der Erkrankung war, hieß es in einer Aussendung. 55 Prozent aller Befragten hatten ME/CFS infolge einer Covid-19-Infektion entwickelt. 21 Prozent der erkrankten Teilnehmer:innen in Österreich sind leicht betroffen, 54 Prozent leiden an einem mittleren Schweregrad, bei dem sämtliche Aktivitäten des täglichen Lebens deutlich beeinträchtigt sind und eine reguläre Berufsausübung oft nicht mehr möglich ist. 21 Prozent sind so schwer betroffen, dass sie für beinahe alle Aktivitäten des Alltags Unterstützung benötigen und das Haus kaum mehr verlassen können. Sie leiden unter eingeschränkter Konzentrations- und Merkfähigkeit, viele sind auf einen Rollstuhl angewiesen. Vier Prozent der Befragten sind schwerst betroffen und dadurch bettlägerig, benötigen Pflege und Abschirmung von sämtlichen äußeren Reizen. (red/APA)