Rückblick: Das war das Gesundheitsjahr 2024

© BMSGPK / Iris Dorfegger

Das Jahr neigt sich dem Ende zu – Zeit für einen Rückblick auf zwölf Monate mit neuen Ideen und alten Problemen, viel Versprochenem und wenig Gehaltenem. 

Kurz vor dem Jahreswechsel lässt die RELATUS-Redaktion das (Gesundheits-)Jahr noch einmal Revue passieren. Was ist gut gelaufen und was weniger gut? Wo hat es Fortschritte gegeben und wo gibt es noch Luft nach oben? 

Was versprochen und was gehalten wurde 

Bund, Länder und Sozialversicherung haben sich in diesem Jahr – nach anfänglichem Widerstand der Länder – auf die Details zur Umsetzung der Gesundheitsreform geeinigt. Die Bundesländer erhalten dabei im Jahr etwas über 600 Millionen Euro, die Sozialversicherung 300 Millionen Euro. Konkrete Projekte waren und sind unter anderen zusätzliche Kassenstellen und der Ausbau der Primärversorgung – beides Bereiche, wo 2024 Versprechen gebrochen wurden. Über die Initiative Plus100 der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) hätten 100 neue Kassenstellen geschaffen werden sollen – bisher wurden 63 ausgeschrieben und Zusagen dazu erteilt. Laut Ärztekammer liegt dies an den starren Rahmenbedingungen im Kassenbereich, laut der ÖGK würden für weitere Stellen bereits Verhandlungen laufen, es gäbe Interessierte, es dauere nur länger als gedacht. Langsamer als gedacht ist auch die Errichtung geplanter Primärversorgungseinheiten. Bis 2025 sollte es laut den Strukturplänen Gesundheit landesweit 133 PVE geben. Mit Mitte Dezember waren es 77, neun davon Kinder-PVE. 

Erfolgreicher war die ÖGK hingegen in ihrer Zusammenarbeit mit der SVS, der Sozialversicherung der Selbstständigen, bei der Erarbeitung eines Gesamtvertrages – dieser wurde Anfang des Jahres präsentiert. Im Bereich Digitalisierung hat sich, wenn auch nicht viel, aber zumindest ein bisschen etwas getan: Wahlärzt:innen müssen nun an die elektronische Gesundheitsakte ELGA angebunden sein, das Smartphone kann seit Kurzem als e-Card-Reader genutzt werden – derzeit schon für Ärzt:innen, Apotheker:innen werden im ersten Halbjahr 2025 in das System aufgenommen – und: Fixiert wurde 2024 der Vollbetrieb des elektronischen Impfpasses (e-Impfpass) sowie die Anbindung der Rettungsdienste und der Hotline 1450 an ELGA. Versprochen wurde auch ein Referenzzentrum für postvirale Syndrome, das nun an der MedUni Wien angesiedelt wurde und als Wissensmultiplikator für Ärzt:innen und Gesundheitsberufe dienen und sich auf Erkrankungen wie Long Covid und ME/CFS konzentrieren soll.   

2024 war aber auch ein Wahljahr und damit ein Jahr der Wahlversprechen. RELATUS hat vor der EU-Wahl am 9. Juni mit den Spitzenkandidat:innen gesprochen, die sich bei einem Punkt einig waren: Um Versorgungsengpässe und Abhängigkeiten zu vermeiden, muss eine europäische Arzneimittelproduktion gefördert werden. Was daraus wird, wird sich in den nächsten Jahren zeigen. Mit der Nationalratswahl Ende September stand Gesundheit auch auf nationaler Ebene im Vordergrund.  

Ein Kommen und Gehen 

Anfang Mai verkündete der deutsche Gesundheitskonzern Fresenius, dass er die Kontrollmehrheit an der Rehabilitationssparte seiner Österreichtochter Vamed verkaufen wird. Der Reha- und Pflegebereich des Gesundheitsriesen Vamed ist nun nach dem Verkauf an das französische Private-Equity-Unternehmen PAI neu als eigenständiges Unternehmen aufgestellt. Nicht verkauft, aber vorübergehend geschlossen wurde das AUVA-Traumazentrum Wien-Brigittenau (ehemals UKH Lorenz Böhler). Grund dafür waren unzureichende bau- und brandschutztechnnische Maßnahmen. Die Leistungen wurden auf drei Standorte (Traumazentrum Meidling, AKH Wien und Privatklinik Confraternität) ausgelagert. Die notwendigen Umbauarbeiten sollen noch bis mindestens 2025 dauern. 

Neu im österreichischen Gesundheitswesen ist hingegen das Bewertungsboard für hochpreisige Arzneimittel. Nach anfänglichen Zweifeln und Kritik aus Industrie, Forschung und von Patient:innen-Organisationen gab es nach Anlaufen des Boards vorsichtig positive Reaktionen. Wie genau die Arbeit den Zugang zu betroffenen Arzneimitteln beeinflusst, wird sich in den nächsten Monaten zeigen. Größtes Fragezeichen bleibt weiterhin die Finanzierung von hochpreisigen und hochspezialisierten Arzneimitteln. 

Apropos Arzneimittel: Die Entwicklung des eine HIV-Infektion verhindernden Arzneistoffes Lenacapavir ist für das Fachmagazin „Science“ der wichtigste Forschungsdurchbruch des Jahres. Der Wirkstoff muss nur halbjährlich geimpft werden. Besonders erfolgreich war in Österreich hingegen die Impfkampagne gegen HPV. Nachdem die Impfung für unter 30-Jährige seit 1. Juli gratis ist (vorerst bis Ende 2025), schossen die Impfzahlen in die Höhe. Die Zahl der HPV-Impfungen hat sich allein im Juli im Vergleich zum Vorjahr verdreifacht.  

2024 in Zahlen 

18,8 Milliarden Euro… betrug das Gesamtbudget der ÖGK 2024, 31 Prozent davon entfielen auf medizinische Leistungen, 28 Prozent für die Spitalsversorgung, 20 Prozent wurden für Medikamente bereitgestellt, der Rest für sonstige Gesundheitsdienstleistungen und Verwaltung. 

8,8 Tage… verbrachten Österreicher:innen laut dem Markt- und Meinungsforschungsinstitut Marketagent im Durchschnitt im Krankenstand. 

13.000 Kinder und Jugendliche… erhielten kostenfreie Hilfe bei psychischen Problemen im Rahmen des Projektes „Gesund aus der Krise“. Es wurde vom Gesundheitsministerium finanziert. 

52 Prozent… der Menschen in Österreich mit formal niedrigerem Bildungsabschluss nimmt laut dem Austrian Health Report 2024/25 täglich Medikamente, mit Matura sind es gerade einmal 38 Prozent. 

400 Millionen Euro… stellt das Klimaschutzministerium zur Verfügung, um das Gesundheitswesen bis 2030 klimaneutral zu gestalten. Die „Strategie für ein klimaneutrales Gesundheitswesen“ wurde 2024 von Gesundheitsminister Johannes Rauch und Umweltministerin Leonore Gewessler (beide Grüne) präsentiert. (kagr/rüm)