Der Verfassungsgerichtshof hat im Bereich der Sterbehilfe zwei Anträge abgelehnt sowie eine Frist im Gesetz als verfassungswidrig erklärt.
Das Verbot der „Mitwirkung an der Selbsttötung“ (Suizidhilfe) verstößt nicht gegen die Verfassung und bleibt aufrecht – das hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) kürzlich entschieden. Ebenso hat der VfGH keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das Sterbeverfügungsgesetz und die darin geregelten Voraussetzungen, unter denen eine sterbewillige Person Hilfe zur Selbsttötung in Anspruch nehmen kann. 2023 wurden Anträge gegen diese beiden Bestimmungen eingebracht, da aus Sicht von Betroffenen und der Österreichischen Gesellschaft für ein humanes Lebensende (ÖGHL) die Hürden für assistierten Suizid zu hoch waren und ihrer Meinung nach gegen des Recht auf Selbstbestimmung verstoßen. Sie argumentierten unter anderem, dass durch die vorgeschriebenen „zeitraubenden und kostspieligen“ Formalitäten leidenden Menschen ein rascher, begleiteter und selbstbestimmter Tod unter Inanspruchnahme der Hilfe Dritter praktisch unmöglich gemacht wird.
Ein Streitpunkt war beispielsweise, dass eine sterbewillige Person durch zwei Ärzt:innen aufgeklärt werden muss, wobei eine:r dieser Ärzt:innen eine palliativmedizinische Qualifikation aufzuweisen hat. Diese Regelung soll sicherstellen, dass die sterbewillige Person eine informierte Entscheidung treffen kann. Der VfGH sieht sie als verfassungsrechtlich unbedenklich und geht davon aus, dass genügend – auch palliativmedizinisch ausgebildete – Ärzt:innen zur Aufklärung bereit sind, um die Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen zu ermöglichen. Es sei außerdem zulässig, dass die sterbewillige Person nur dann die Hilfe eines:r Dritten in Anspruch nehmen oder ein tödliches Präparat beziehen kann, wenn die suizidwillige Person an einer unheilbaren tödlichen oder schweren, dauerhaften Krankheit leidet. Diese Einschränkung verstoße nicht gegen das Recht auf freie Selbstbestimmung. Der VfGH wies die eingebrachten Anträge mit diesen Erklärungen ab.
Verfassungswidrig ist es laut VfGH jedoch, dass nach dem Ablauf der Gültigkeitsdauer von einem Jahr für eine neue Sterbeverfügung ein aufwändiges Verfahren durchlaufen werden muss. Diese Aufhebung tritt mit 1. Juni 2026 in Kraft. Weiter ist das im Gesetz enthaltene Verbot der Werbung für die Hilfeleistung zur Selbsttötung nur insoweit verfassungskonform, als es sich auf das „Anpreisen“ bezieht. Es ist jedoch verfassungswidrig und verstößt gegen das Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung, dass das Gesetz auch unter Strafe stellt, wenn jemand die eigene oder fremde Hilfeleistung oder Mittel, Gegenstände oder Verfahren, die zur Selbsttötung geeignet sind, unter Hinweis auf die Eignung anbietet oder ankündigt. Der VfGH hat daher die Wortfolge im entsprechenden Paragrafen „anbietet, ankündigt oder“ als verfassungswidrig aufgehoben. (kagr)