Die Trends bei Schlaganfall und Demenz

© Anja Koppitsch

Neurologische Erkrankungen gelten als größte gesundheitlichen Herausforderungen. Die Österreichische Gesellschaft für Neurologie diskutierte Trends anlässlich der 22. Jahrestagung.

In Österreich erleiden jährlich etwa 20.000 Menschen einen Schlaganfall, was bedeutet, dass alle 27 Minuten eine Person betroffen ist. Die Zahl der Demenzerkrankungen liegt aktuell bei etwa 150.000 Patient:innen, Tendenz stark steigend. Schlaganfall und Demenz zählen damit zu den häufigsten Erkrankungen. Beim einem Pressegespräch der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie (ÖGN) anlässlich der 22. Jahrestagung in Innsbruck wurden neue Daten gezeigt, wie Prävention durch Selbstverantwortung und regelmäßige Vorsorge gelingt, welche Reduktion bestimmter Risikofaktoren das Erkrankungsrisiko bei Früherkennung deutlich senkt, wie sich die Versorgung von Schlaganfall-Patient:innen in Österreich verbessert hat und welche neuen Diagnoseverfahren ein Game-Changer sein könnten.

„Schlaganfall und Demenz bringen eine enorme Krankheitslast mit sich. Sie haben erhebliche Auswirkungen auf die Lebensqualität der Betroffenen und ihrer Angehörigen und stellen sowohl die Gesellschaft als auch unser Gesundheitssystem vor große Herausforderungen“, sagte Jörg Weber, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie (ÖGN) und Abteilungsvorstand der Neurologie im Klinikum Klagenfurt.

Konkrete Daten zu den Kosten neurologischer Erkrankungen für das österreichische Gesundheitssystem sind derzeit nicht verfügbar. Allerdings wurde für die EU-27-Staaten sowie die Schweiz, Island und Norwegen eine jährliche finanzielle Belastung von rund 800 Milliarden Euro durch neurologische Erkrankungen ermittelt. Diese Summe übersteigt die Kosten für Herz-Kreislauf-Erkrankungen um das Dreifache.

Durch gezielte Lebensstilmodifikationen – wie gesunde Ernährung, regelmäßige Bewegung und das Management von Risikofaktoren – kann das Risiko für Schlaganfall um bis zu 80 Prozent, das Risiko für Demenz um 45 Prozent und das Risiko für die Entwicklung einer metabolischen Neuropathie um bis zu 69 Prozent gesenkt werden. Insgesamt gibt es 14 vermeidbare Risikofaktoren für Demenz, darunter niedrige Bildung im Kindesalter, Bluthochdruck, hohe Cholesterinwerte, Seh- und Hörverlust, soziale Isolation sowie Bewegungsmangel. Besonders Luftverschmutzung gefährdet die Gehirngesundheit weltweit.

„Ein zu hoher Cholesterinwert im mittleren Lebensalter zwischen 45 und 65 Jahren erhöht das Risiko für Demenz um 7 %. Die Einnahme von Cholesterinsenkern zur Risikoreduktion wird daher empfohlen“, erklären die Expert:innen Elisabeth Stögmann, Leiterin Ambulanz für Gedächtnisstörungen und Demenzerkrankungen an der Medizinischen Universität Wien, AKH Wien, und Atbin Djamshidian-Tehrani, Leiter der Gedächtnisambulanz an der Universitätsklinik für Neurologie in Innsbruck.

Neue Demenz-Therapien werden voraussichtlich 2025 in Europa zugelassen. Dies stellt jedenfalls einen Meilenstein in der Therapieentwicklung der Alzheimer-Erkrankung dar. Die neuen Therapien sind monoklonale Antikörper gegen Amyloid ß und können nur bei Patient:innen mit einer Biomarker-gesicherten Alzheimerdemenz-Diagnose (mittels Amyloid-PET oder Amyloid ß 42/40 Analyse im Liquor) und in einem frühen Stadium der Erkrankung (Mini Mental State Examination MMSE > 20) verabreicht werden. Aufgrund des besonderen Nebenwirkungsspektrums muss vorab eine detaillierte und differenzierte Aufklärung der Patient:innen erfolgen. Die Durchführung von MRT-Untersuchungen in regelmäßigen Abständen während der Behandlung und die Einbeziehung konservativer Algorithmen für die Unterbrechung oder den Abbruch der Behandlung müssen gewährleistet sein.

Ganz generell erwartet die ÖGN für die kommenden zehn Jahre dramatische Fortschritte in Diagnose und Therapie neurologischer Erkrankungen. KI-Systeme werden künftig Neurolog:innen bei der Anamnese, Diagnosestellung und Bildgebung unterstützen. Sie ermöglichen eine präzisere Informationssammlung und -analyse, was zu treffsichereren Vorhersagen und individualisierten Behandlungsstrategien führt. Bereits im Einsatz befindliche Detektionsprogramme für Hirnblutungen und intelligente Medikamenteninteraktionssysteme sind erste Vorboten dieser Entwicklung. Die KI wird als leistungsstarkes Werkzeug zur Unterstützung der ärztlichen Entscheidungsfindung dienen, ohne Ärztinnen und Ärzte als Letztentscheider:innen zu ersetzen. (red)