Ein Zeitfenster für echte Gesundheitsreformen

© Tanzer

Rechnungshof, Fiskalrat, Währungsfonds und andere drängen Österreich angesichts des gesamtstaatlichen Defizits zu Gesundheitsreformen. Ob das gelingt, hängt von einigen Faktoren ab. 

Das Defizit der Gesundheitskasse explodiert. Die Ärztekammer macht das Management verantwortlich, die ÖGK sieht schwierige Rahmenbedingungen. Nun kann und muss man dem ÖGK-Management sicherlich die Pandemiejahre einerseits und die folgende Rezession andererseits zugutehalten. Zuerst stiegen die Ausgaben, jetzt sinken die lohnabhängigen Einnahmen. Umgekehrt ist Kritik auch nicht ganz unangebracht – immerhin stehen wir statt einer Patientenmilliarde und Fusionseinsparungen jetzt bei einem Minus von fast einer Milliarde und durchgehenden Verlusten seit der Kassenzusammenlegung. Die Reform brauche Zeit, sagte ÖGK-Generaldirektor Bernhard Wurzer vor einigen Jahren nach Kritik des Rechnungshofes im ORF. Die Zeit arbeitet gegen ihn, vielleicht sind auch deshalb neue Interviews rar. 

Es gibt aber auch ein strukturelles Problem: die Bundesländer sind bekanntlich für die Spitäler zuständig, die Krankenkassen für den niedergelassenen Bereich. Pauschal müssen die Kassen einen Teil ihrer Einnahmen an die Spitalsfonds der Länder abführen, mitreden dürfen sie nicht. Wenn nun zunehmend Leistungen aus den Spitälern in den niedergelassenen Bereich verlagert werden, kostet das die Kassen doppelt. Die Zahlungen an die Spitäler, die ebenfalls defizitär sind, werden nicht weniger. 

Und so gibt es seit Jahren ein Zerren zwischen Ländern und Kassen. Strukturreformen lehnen beide Seiten ab. Es geht um politische Macht. Rote und schwarze Länder bremsen, die Kassenfunktionär:innen auch – man fürchtet um die Selbstverwaltung und Einfluss. Für die Lösung bräuchte es eine Föderalismusreform, die bisher nicht umsetzbar war. Unter dem steigenden Kostendruck könnte sich das ändern – zumindest in Teilen. Für das Gesundheitswesen wäre das eine wichtige Therapie. Ob sie gelingt, ist angesichts der Machtverhältnisse in Bund und Ländern schwierig. Rascher könnte es gehen, wenn den Kassen oder den Ländern das Geld ausgeht. Hier stehen die Zeichen für einzelne Kassen wie die ÖGK eher schlecht. (rüm)