ÖGK-Krise: Lenkung von Patient:innen soll helfen

Ordination Praxis Hausarzt 3© pixabay

Die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) sucht nach Lösungen aus dem Megadefizit. Mit Anreizen will man nun versuchen, Patient:innen zielsicher durch das System zu lenken. 

Die ÖGK will den Zugang zu fachärztlichen Leistungen und Fachambulatorien wieder stärker steuern. Vor allem mit Anreizen sollen Patient:innen dazu bewegt werden, zunächst zum Allgemeinmediziner oder zur Allgemeinmedizinerin zu gehen, sagte ÖGV-Arbeitnehmer:innen-Obmann Andreas Huss am Wochenende gegenüber verschiedenen Medien. Eine Pflicht zur Überweisung, wie es früher die Regel war, sei hingegen „jetzt einmal so nicht geplant“, betonte er. „Ich möchte noch nicht von Sanktionen reden, sondern zunächst von Anreizsystemen“, unterstrich er. Wer zunächst zum Hausarzt oder der Hausärztin gehe, dem könne etwa die e-Card-Gebühr erlassen werden. Auch von einer Reduktion der Rezeptgebühr ist die Rede. 

Vielleicht schon heuer, eher aber 2026 sollen in drei Pilotbundesländern – voraussichtlich Steiermark, Oberösterreich und Salzburg – verschiedene Modelle der Patient:innenlenkung starten. Mit den Bundesländern und den jeweiligen Ärztekammern will sich Huss zuvor zusammensetzen, um die Modelle gemeinsam zu entwickeln. „Wir sind wild entschlossen, diese Dinge zumindest auszuprobieren“, betonte er. Vorbilder seien skandinavische Länder und auch die Niederlande. Huss betonte, dass Maßnahmen zur Patient:innenlenkung bereits im Zuge des Finanzausgleichs mit ÖVP und Grünen vereinbart worden waren und auch im aktuellen Regierungsprogramm von ÖVP, SPÖ und NEOS vorgesehen seien. „Es ist auch kein Sparprogramm und hat nichts mit dem Defizit zu tun.“ 

Die Maßnahmen würden wohl auch kein Geld sparen, sondern sogar Mehrkosten verursachen. Vielmehr gehe es um einen besseren Einsatz der Ressourcen. Vor allem die Spitäler würden viel Druck für eine solche Steuerung machen. Weiterer erwarteter Vorteil: Durch ein Umschichten Richtung Allgemeinmedizin könnten die Wartezeiten auf Facharzttermine sinken. Eine ÖGK-Auswertung von Arztbesuchen von knapp 50.000 Patient:innen hat ergeben, dass fast 60 Prozent zuerst in die Primärversorgung, also zu Haus-, Frauen- und Kinderarzt gegangen sind. Nur ein Drittel davon musste zu Fachärzt:innen und Spitalsambulanz, überwiesen werden, während 40 Prozent der insgesamt erfassten Personen gleich direkt dorthin sind. 

Von der FPÖ setzte es für die Pläne der Kasse Kritik. Die Sozialversicherungen täten gut daran, zunächst bei sich selbst zu sparen, meinte deren Gesundheitssprecher Gerhard Kaniak in einer Aussendung. Eine verpflichtende Überweisung sei „ein alter Hut“ und setze voraus, dass es auch tatsächlich genügend Hausärzt:innen gebe, was nach wie vor nicht der Fall sei. Zustimmung kam hingegen von der Ärztekammer. Harald Mayer, Bundeskurienobmann der angestellten Ärzt:innen und Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) erklärte, ein solches Anreizsystem schon lange gefordert zu haben. Er sprach sich dafür aus, eine solche Patient:innenlenkung nicht nur für Fachambulatorien, sondern generell für Spitalsambulanzen einzuführen. „Das ist eine Entwicklung, die mich optimistisch stimmt und die rasch dazu führen könnte, dass sich die Arbeitsbedingungen im Gesundheitssystem massiv verbessern. Unverzichtbar ist dabei aber der Ausbau des niedergelassenen Bereichs sowie die Einbindung der Ärzteschaft.“ (red)