50 Empfehlungen für Versorgung bei Long COVID und ME/CFS

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Das Gesundheitsministerium hat am Dienstag den lange erwarteten „Aktionsplan zu postakuten Infektionssyndromen“ präsentiert. RELATUS zeigt die wichtigsten Punkte.

Spezialisierte Behandlungseinrichtungen in ganz Österreich, mehr Forschung, Verbesserungen bei den Begutachtungen und bei der sozialen Absicherung: Das sind nur einige der 50 Empfehlungen im „Aktionsplan zu postakuten Infektionssyndromen“, den das Gesundheitsministerium am Dienstag präsentierte. Er wurde auf Empfehlung des Obersten Sanitätsrats vom Gesundheitsministerium gemeinsam mit über 60 Expert:innen erarbeitet. Ziel ist, die Versorgung von Menschen zu verbessern, die von postviralen Syndromen wie Post bzw. Long COVID oder ME/CFS betroffen sind. „Der Leidensdruck für viele Betroffene ist groß“, betonte Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne). „Mit dem Aktionsplan legen wir eine Strategie vor, um ihre Lebenssituation Schritt für Schritt zu verbessern.“ Die gemeinsame Umsetzung des Aktionsplans startet mit einer Kick-off Veranstaltung im Dezember.

Rund 80.000 Menschen in Österreich leiden Schätzungen zufolge allein an der schwersten Form von gesundheitlichen Folgen einer Infektionskrankheit wie ME/CFS. Das Krankheitsbild solcher postviralen Syndrome ist individuell sehr unterschiedlich. Es reicht von leichten Einschränkungen bis zur totalen Bettlägerigkeit. Eine einheitliche Definition gibt es bis dato nicht. „8 Handlungsfelder und 50 Empfehlungen: Jetzt liegt unsere Strategie auf dem Tisch, wie wir die Versorgung der Betroffene verbessern“, sagte Rauch. „Es braucht die engagierte Zusammenarbeit aller Beteiligten, um die dringend notwendigen Verbesserungen nun auch umzusetzen. Deshalb war es wichtig, dass wir den Aktionsplan gemeinsam erarbeitet haben.“

Als Handlungsfelder werden im Aktionsplan die einheitliche Definition der Erkrankung, die Verbesserung der Datenlage, Prävention und Diagnostik, die medizinische Versorgung, die Forschung und die Bewusstseinsbildung definiert. Auch nötige Verbesserungen der sozialen Absicherung von Betroffenen sind enthalten. In den nächsten Jahren soll eine einheitliche, pragmatische Definition für Postakute Infektionssyndrome geschaffen werden. Die Datenlage wird auch durch die Schaffung einer Diagnosecodierung im niedergelassenen Bereich verbessert. Auch eine stärkere Verknüpfung vorhandener Daten wird empfohlen.

Gezielte Tests sollen eine schnellere Diagnose von Infektionskrankheiten ermöglichen und den Weg zur richtigen Behandlung verkürzen. Von der Österreichischen Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin (ÖGAM) bereits entwickelt wurde ein Behandlungspfad, wie bei der Diagnosestellung und Betreuung von Menschen mit postviralen Syndromen am Beispiel von Long COVID vorzugehen ist. Sie soll in den nächsten Jahren auch für andere Gesundheitsberufe weiterentwickelt werden. Der Aktionsplan sieht darüber hinaus den Ausbau von Informations- und Weiterbildungsangeboten für Ärzt:innen und andere Gesundheitsberufe vor. Als Anlaufstelle für Betroffene werden spezialisierte Behandlungseinrichtungen dezentral in ganz Österreich empfohlen. Zusätzlich sollen an Universitätskliniken hochspezialisierte Versorgungseinheiten eingerichtet werden.

Bei der Einstufung von Betroffenen für das Pflegegeld und für den Grad der Behinderung sollen mehr Gutachter:innen mit Expertise zur Verfügung stehen. Auch externe Gutachten sollen stärker herangezogen werden. Damit soll sichergestellt werden, dass Betroffene die nötige soziale Absicherung erhalten. Die Expert:innen empfehlen auch einen kostenlosen Zugang zu bestimmten Gesundheitsdienstleistungen, die für die Behandlung von Menschen mit postviralen Syndromen wichtig sind, und Maßnahmen zur Arbeitsplatzanpassung werden empfohlen.

Es wird zudem eine pragmatische Einigung auf die einheitliche Verwendung einer Definition für „Postakute Infektionssyndrome“ (PAIS) empfohlen. Aufgrund der unzureichenden Datenlage ist die Zahl der betroffenen Patient:innen in Österreich – wie auch international – nicht bekannt. Die Datenlage soll mit der Schaffung einer Diagnosecodierung verbessert werden, die PAIS zu erfassen und eine internationale Vergleichbarkeit ermöglicht. Rauch: „Alle wichtigen Player im Gesundheitssystem waren in die Erarbeitung des Aktionsplans eingebunden und bekennen sich zur Umsetzung der Maßnahmen. Mit der Einrichtung eines Referenzzentrums haben wir einen wichtigen Schritt bereits gesetzt, für Dezember ist eine Kick-off-Veranstaltung zur Umsetzung geplant.“ (rüm)

Service: Aktionsplan zu postakuten Infektionssyndromen