Ungewöhnlich scharf reagiert die Ärztekammer in der aktuellen Debatte über Hausapotheken: Den Apotheken gehe es primär um finanzielle Eigeninteressen und nicht um die bestmögliche Patientenversorgung, so der Vorwurf.
Das Klima zwischen Ärzten und Apotheken wird zunehmend hitzig. Die jüngsten Vorschläge der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB), ärztliche Hausapotheken zu liberalisieren, haben nun weiter Öl ins Feuer gegossen. „Das Lamentieren der Apothekerkammer über die berechtigte Forderung nach mehr ärztlichen Hausapotheken macht eines überdeutlich: Hier geht es einer Standesvertretung offensichtlich nicht um die bestmögliche Patientenversorgung, sondern primär um finanzielle Eigeninteressen.“ So kommentiert Johannes Steinhart, Vizepräsident der Österreichischen und der Wiener Ärztekammer und Obmann der Bundeskurie niedergelassene Ärzte, in einer Stellungnahme die Reaktion der Apothekerkammer.
Diese beklagte am Wochenende, dass vor allem außerhalb der Ballungszentren der Fortbestand vieler Apotheken und damit die Arzneimittel-Versorgung zunehmend gefährdet sei. „Das ist eine rein betriebswirtschaftliche Argumentation, für die Patientenversorgung gilt genau das Gegenteil“, sagt Steinhart. Ärztliche Hausapotheken seien überall sinnvoll, weil Patienten beim niedergelassenen Arzt alles aus einer Hand bekommen und sich oft unnötige Wege ersparen. „Ganz besonders gilt das aber in entlegenen Regionen im ländlichen Raum, wo es nur wenige öffentliche Apotheken gibt. Hier sind ärztliche Hausapotheken die richtige und einfache Lösung für ein zunehmendes Versorgungsproblem. Leider gibt es davon viel zu wenige.“
In Österreich wurden in den vergangenen zehn Jahren 155 öffentliche Apotheken neu eröffnet, jedoch gingen in den letzten zwei Jahrzehnten mehr als 100 ärztliche Hausapotheken verloren – heute gibt es nur noch rund 840. Da sich öffentliche Apotheken vorzugsweise in vergleichsweise dicht besiedelten und deshalb potenziell profitablen Standorten niederlassen, gehe diese Entwicklung voll auf Kosten der ländlichen Bevölkerung, und dort ganz besonders der älteren und kranken Menschen. Es sei zu hoffen, dass die Apothekerkammer ihren Widerstand gegen liberalere Lösungen „endlich einstellt und die Patientenversorgung in den Mittelpunkt stellt.“ (red)