Immer mehr Ärztevertreter fordern die massive Aufstockung der Corona-Impfstoffdosen. „Wenn das so weitergeht, werden die Ärzte in einem Jahr noch immer impfen, und die Impfwilligen werden noch immer warten müssen“, heißt es etwa aus Tirol.
Nach Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres und seinem Vize und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte, Johannes Steinhart, kritisieren immer mehr Ärztevertreter aus den Bundesländern die schleppenden Impfmöglichkeiten. Tirols Ärztekammerpräsident Artur Wechselberger meldet etwa massive Probleme bei den Corona-Impfungen bei Hausärzten. Einerseits werde zu wenig Impfstoff in die Praxen geliefert, andererseits sei der administrative Aufwand sehr hoch, klagte er gegenüber dem ORF Tirol. Weil in den Praxen „lächerlich kleine Mengen“ an Impfdosen zur Verfügung stehen würden, raten viele Hausärzte ihren Patienten – allen voran älteren Menschen, teils mit Vorerkrankungen – sich für eine Impfstraße vorzumerken, berichtete Wechselberger. „Wenn das so weitergeht, werden die Ärztinnen und Ärzte in einem Jahr noch immer impfen, und die Impfwilligen werden noch immer warten müssen.“ In den Impfstraßen würden „viel Jüngere ohne Risiko vorgezogen“, sagte Wechselberger. „Das ist eine zutiefst ungedeihliche Situation, die dringend geändert werden muss.“
Dabei ist das Engagement der Ärzte groß. „Die ohnehin schon hohe Bereitschaft der Kolleginnen und Kollegen, Covid-19-Schutzimpfungen zu verabreichen, steigt von Tag zu Tag“, sagt Edgar Wutscher, Obmann der Bundessektion Allgemeinmedizin (BSAM) der Österreichischen Ärztekammer. Es stünden österreichweit Tausende Ordinationen bereit, die im Höchsttempo große Teile der Bevölkerung durchimpfen können – sobald sie endlich den nötigen Impfstoff bekommen. „Ein riesiger Vorteil ist: Es besteht bereits jetzt eine bestens eingespielte Infrastruktur, die eine wohnortnahe Versorgung mit Impfstoff garantieren kann. Es sind damit quasi keine Einrichtungskosten nötig“, unterstreicht Wutscher. Für ihn ist klar: Der niedergelassene Bereich muss in der Impfstrategie noch stärker berücksichtigt werden. „Ein überwiegender Teil der verfügbaren Impfstoffe muss im niedergelassenen Bereich landen“, fordert Wutscher.
Kritik am Bund und dem Finanzministerium kommt von Harald Mayer, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der angestellten Ärzte: „Es ist skandalös, dass Abstimmungsprobleme beim Budget für die Impfstoffbeschaffung innerhalb der Regierung dazu geführt haben, dass wir in Österreich weniger Impfdosen haben, als wir bekommen hätten“, kritisiert er. Das gehe nun zulasten der Bevölkerung. Frustrierend sei außerdem, dass bei der Gesundheit aufs Geld geschaut werde, während die Regierung gleichzeitig Millionen für Eigenwerbung ausgibt: „Das ist eine deutliche Schieflage und ein völlig falscher Umgang mit dem Geld der Steuerzahler“, kritisiert Mayer. Während ständig Pressekonferenzen gefüllt mit Ankündigungspolitik abgehalten würden, würden Spitalsärzte noch immer am Limit arbeiten.
Der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) hat am Donnerstag beklagt, dass die aktuelle Situation bei der Impfstoffzuteilung keine Schätzung mehr zulasse, wann in der Bundeshauptstadt all jene, die dies wünschen, gegen Corona geimpft sind. Zuletzt war man im Rathaus hier von Ende Juni ausgegangen. „Wir sind unsicher, ich trau mich im Moment keine Aussage zu machen, weil wir permanent unterschiedliche Botschaften bekommen“, sagte er in der Fragestunde des Landtags. Man erhalte im operativen Geschäft sehr oft weniger Impfstoff als vom Bund „angesagt“: „Wir erleben faktisch regelmäßig eine Reduktion.“ (red)